Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
Vom Netzwerk:
mindestens zwei Stunden unterwegs, wir hatten über Hannes’ Arbeit gesprochen, ich erzählte ihm von meinen Problemen im Verlag, sogar von der Geschichte, die ich geschrieben hatte, und dann auch zum ersten Mal von den Jahren, die ich mit Clara alleine verbracht hatte. Hannes fragte wenig, er schwieg und wirkte mitgenommen.
    »Es tut mir wirklich leid, dass es so gelaufen ist.«
    »Schon gut. Ich weiß, dass es nicht allein deine Schuld war. Es geht auch gar nicht um Schuld, das ist mir viel zu moralisch. Es versucht eben jeder, irgendwie über die Runden zu kommen. Und Fehler machen alle.«
    Wir setzten uns auf eine Parkbank. Erst jetzt merkte ich, dass ich fror, die Zähne klapperten, und ich wurde immer kleiner in meinem Mantel bei dem Versuch, die Wärme bei mir zu behalten. Hannes reagierte sofort.
    »Um Himmels willen, du bist ja völlig durchgefroren.«
    »Stimmt«, brachte ich mühsam zwischen den klappernden Zähnen heraus.
    Hannes zog seinen Mantel aus, dann den Pullover und bot mir diesen an. Ich nahm dankbar an. Der Pullover war warm und roch nach Hannes. Ich konnte nicht behaupten, dass mich das besonders störte. Wir liefen ein Stück, damit mir wärmer würde. Schließlich rief Hannes ein Taxi. Unterwegs wurde mir klar, dass ich jetzt auf keinen Fall allein sein wollte.
    »Hannes, ich habe Hunger. Lass uns doch unterwegs noch etwas mitnehmen.«
    »Gute Idee. Ich schiebe auch Kohldampf, jetzt fällt’s mir erst richtig auf, wo du es sagst.«
    Hannes gabelte unterwegs bei einem Italiener noch ein paar Vorspeisen und etwas Brot auf. Bei mir zu Hause deckten wir den Tisch, setzten uns und redeten beim Essen weiter. Pausen gab es kaum noch. Seit Jahren hatte ich nicht mehr stundenlang hintereinander mit einem Menschen so intensiv gesprochen.
    »Ist dir jetzt wärmer?«
    »Ich habe immer noch kalte Füße.«
    »Wie wär’s mit einem Bad?«
    Ich sah Hannes zweifelnd an. Hatte er etwas vor? Um vier Uhr früh an Neujahr? Versöhnung im Bett etwa? Hannes schien meine Gedanken zu erraten.
    »Ich kann auch gehen.«
    »Nein, du kannst ruhig bleiben, wenn du dich ordentlich benimmst.«
    »Versprochen. Darf ich deine Geschichte über unsere Geschichte lesen?«
    »Sie liegt auf dem Schreibtisch. Dann bist du wenigstens beschäftigt.«
    Ich zog mich ins Bad zurück. Als ich wiederkam, hatte Hannes Kaffee gemacht und schlürfte aus einer großen Tasse. Wie mich das früher immer genervt hatte. Ich musste lachen, und Hannes wusste offenbar genau, warum.
    »Tut mir leid, aber ich schlürfe immer noch.«
    »Das habe ich gemerkt.«
    Ich nahm mir selbst eine Tasse. Hannes sah mich zweifelnd an.
    »Ich weiß nicht, ob es dir recht ist, aber ich würde die Geschichte gerne zu Ende lesen. Ich brauche vielleicht noch eine halbe Stunde.«
    »Wie findest du sie?«
    »Ich fühle mich literarisch fair behandelt. Das habe ich mir schlimmer vorgestellt. Ich sage nachher mehr dazu, wenn ich durch bin.«
    Hannes kehrte an den Schreibtisch zurück, ich setzte mich auf die Couch, zog die Füße an und hüllte mich so in die Decke, dass nur noch der Kopf heraussah. Ich weiß nicht, wann ich eingeschlafen bin, es kann nur eine Sache von Minuten gewesen sein. Als ich gegen Mittag aufwachte, lag ich jedenfalls auf der Couch. Hannes saß immer noch am Schreibtisch. Sein Kopf war vornüber auf mein Manuskript gesunken. Daneben lag ein Brief an mich, den er offenbar noch begonnen hatte, nachdem ich eingeschlafen war. Als ich den Brief gelesen hatte, liefen mir vor Rührung die Tränen übers Gesicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass schon einmal jemand so eine schöne Liebeserklärung bekommen hatte. Und das Schlimmste daran war, ich glaubte Hannes. Ich würde einige meiner bisherigen Prinzipien neu überdenken müssen. Denn mir war klar, dass ich mich in den Vater meiner Tochter verliebt hatte.

Ricarda   Annette hatte mir, natürlich mit Evas Erlaubnis, deren Roman zu lesen gegeben. Ich amüsierte mich gut, ich hätte nie gedacht, dass die strenge Eva so witzig sein würde.
    In einigen Dingen habe ich mich auch wiedererkannt, musste ich ja zugeben. Vor allem dieses ewige Warten auf Anrufe von Menschen, die einen schon abgeschrieben haben, und die unendlich langen Wochen, bis man merkt, dass eine Geschichte einfach zu Ende ist – das kannte ich aus der Zeit mit Franz und kurz nach der Trennung – und jetzt eben wieder mit Ralf.
    Ich wollte Eva fragen, was daran denn autobiographisch sei, aber ich befürchtete, sie würde auf die

Weitere Kostenlose Bücher