Agentur der boesen Maedchen
Sinn haben.«
»Nachher, erst erzählen Sie.«
Ich spielte auf Zeit und ich gewann. Schneider nickte. »Also gut. Zu meinem Problem. Meine Schwester möchte sich von ihrem Mann trennen. Sie braucht einen Scheidungsgrund.«
»Wir haben keine Männer im Programm.«
»Ich suche keinen Mann, sie braucht eine Frau.«
Mir blieb erst einmal die Spucke weg. Blöde starrte ich ihn über den Schreibtisch hinweg an.
»Was brauchen Sie?«
»Nicht ich, das heißt, ich vielleicht auch. Aber jetzt geht es um meine Schwester. Sie hat sich in eine Frau verliebt. Sie will mit ihr zusammenleben. Das würde meinem Schwager, diesem widerlichen Karrieristen, sicherlich den Rest geben. Das kann er sich bei seiner Position nicht leisten. Aber die Freundin meiner Schwester will sich nicht outen. Also braucht Christiane eine andere Frau, die diese Rolle für einen Abend spielt.«
Ich war immer noch sprachlos. Schneider lächelte.
»Sie sagen ja gar nichts.«
»So einen Auftrag hatten wir noch nicht.«
»Das kann ich mir vorstellen. Aber sehen Sie, ich kann Christiane verstehen. Der Kerl hat nichts anderes als seine Firma im Sinn, sie hat was Besseres verdient. Sie hat einen Menschen gefunden, der sie versteht und den sie liebt. Aber Scheidung ist für einen erfolgreichen Manager nicht so positiv. Denn privat muss alles stimmen. Nur Männer, die sich auf ihre Frauen verlassen können, weil sie ihnen alles abnehmen, was so nebenbei anfällt, sind jederzeit für die Firma verfügbar.«
»Sie müssen es ja wissen, Sie sind selbst Manager.«
»Nein, das bin ich nicht.«
Der Mann kostete mich den letzten Nerv. Ich kannte mich überhaupt nicht mehr aus.
»Aber Sie waren beim Managerseminar.«
»Ich studiere Betriebswirtschaft. Ich mache meine Doktorarbeit über Herrschaftsstrukturen in Unternehmen.« Es entstand eine kurze Pause. Schneider schnappte sich ein Buch von meinem Schreibtisch und blätterte darin. Er legte es zurück.
»Jetzt wäre es an der Zeit, dass Sie mir sagen, was Sie mit der Droste im Sinn haben.«
»Ich mache meine Doktorarbeit über sie.«
»Dacht ich mir’s doch.«
»Sie sind ja ein ganz Kluger.«
Schneider reagierte nicht.
»Entschuldigen Sie, dass ich noch einmal kurz auf den Anlass meines Besuches zurückkomme. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn Sie Christiane aus der Patsche helfen würden.«
Ich war ratlos.
»Warum wollen Sie Ihrer Schwester helfen? Wie können Sie als Mann verstehen, dass sie eine Frau liebt?« Schneider grinste.
»Das verstehe ich gut. Ich liebe auch Frauen.«
Das fand ich blöde. Ich lehnte mich zurück und sah ihn kritisch an.
»Entschuldigen Sie den dummen Witz. Ich mag Christiane gern, ich kann meinen Schwager nicht ausstehen, ich sehe also kein Problem. Er wird sich nur scheiden lassen, wenn sein guter Ruf in Gefahr ist. Sie hat mich um meinen Rat gebeten, und da fiel mir Ihr Auftritt beim Seminar ein.«
»Ich weiß nicht, ob ich eine meiner Kolleginnen für diesen Auftritt begeistern kann. Im Zweifelsfall mache ich es selbst.«
»Das wäre mir sowieso am liebsten. Ich fand Sie ziemlich gut.«
»Sie waren besser.«
»Ich hatte nichts zu verlieren.«
»Die Agentur ist nicht billig.«
»Das ist egal. Hauptsache, der Kerl verschwindet aus ihrem Leben.«
»Ich bin in Frauenliebe nicht sehr geübt.«
Schneider grinste.
»Ich denke, Sie werden relativ unversehrt aus der Sache hervorgehen. Und bevor Sie sich in meine Schwester verlieben, erlauben Sie mir, dass ich Sie von diesem Schreibtisch loseise und zum Essen einlade.«
Ich konnte unmöglich nein sagen.
Eva Ich mag Silvester nicht, und ich habe auch nie verstanden, was die Menschen daran finden. Früher dachte ich immer, ich müsste an diesem Tag ausgehen. Das begann, als ich noch zu Hause wohnte. Die Abende mit meinen Eltern deprimierten mich, und mit sechzehn Jahren hatte ich beschlossen, kein Silvester mehr so zu verbringen wie sie. Es fing immer mit dem Abendessen an, nachdem man den ganzen Tag wie üblich geschuftet hatte. Dann setzten wir uns ins Wohnzimmer, je nachdem, wie viele Kinder noch zu Hause wohnten. Wir tranken Saft, der Vater Bier und die Mutter Wasser, weil sie nichts anderes vertrug, der Magen eben. Schon nach einer Stunde hatten wir uns nichts mehr zu erzählen, wir waren alle nicht besonders plauderhaft. Dann wurde der Fernseher eingeschaltet, wir warteten, bis es Mitternacht wurde, und stießen mit einem Glas Sekt an, das die Mutter dann wiederum nicht vertrug und deshalb die
Weitere Kostenlose Bücher