Agentur der boesen Maedchen
möchte, dass ich in eine andere Stadt ziehe, damit er sich meinetwegen nicht schämen muss. Ich hoffe, du musst nicht allzu viel an Beleidigungen über dich ergehen lassen. Aber ich bin mir da nicht so sicher.«
»Was muss ich noch wissen?«
»Wir haben uns vor etwa einem halben Jahr kennengelernt, und zwar im Kino. Ich gehe oft ins Kino, wenn Reinhard unterwegs ist. Wir haben uns ineinander verliebt, es ist für uns beide die erste Beziehung zu einer Frau. Du bist in der Kunstszene tätig, da wird er nicht nachfragen, das ist für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Wir wollen zusammenbleiben.«
»Wovon wirst du nach der Trennung leben?«
»Meine Freundin hat tatsächlich eine Galerie in einer anderen Stadt. Ich denke, ich werde mit einsteigen. Eigentlich bin ich von Beruf Musiklehrerin. Vielleicht gebe ich auch wieder Klavierstunden.«
»Du ziehst wirklich weg?«
»Ja, ich habe von der Großstadt genug.«
»Was ist, wenn er ausrastet?«
»Thomas kommt gegen halb acht Uhr vorbei.«
Ich erschrak bis ins Mark.
»Thomas?«
»Mein Bruder. Ihr kennt euch doch.«
Du meine Güte, wieder ein Thomas in meinem Umfeld. Ich war doch gerade erst den einen losgeworden. Ich kippte relativ schnell eine Tasse Tee in mich hinein, die mehr Rum als Tee enthielt. Mir wurde warm, ich merkte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg. Und Herzklopfen hatte ich auch. Christiane sah mich besorgt an.
»Thomas sagte, du wärst ziemlich professionell. Aber das scheint doch Neuland für dich zu sein.«
»Und wie.«
»Für mich auch. Wir kommen schon lebend raus aus der Sache. Oder willst du einen Rückzieher machen?«
»Nein.«
Es war ohnehin zu spät. Ich hörte den Schlüssel, dann die Schritte, die Geräusche, die jemand macht, der seine Aktentasche abstellt und den Mantel an die Garderobe hängt.
Christiane ging hinaus, um ihren Mann zu begrüßen. Ich konnte die Worte nicht verstehen, die beide wechselten, aber der Tonfall war sachlich-distanziert. Sie kamen herein. Christianes Mann war groß, schlank, gutaussehend, was man sich eben heute so unter einem erfolgreichen Unternehmer vorstellt. Der Anzug war mit Sicherheit maßgeschneidert, so etwas konnte ich inzwischen erkennen. Ich hatte im letzten halben Jahr zu viele Männer gesehen. Er sah mich überrascht an.
»Wir haben ja Besuch.«
»Ja, Reinhard. Darf ich vorstellen?«
»Reinhard Vielberth, mein Mann.«
»Annette, die Frau, in die ich mich verliebt habe.« Vielberth brauchte nicht lange, um zu reagieren. Er richtete seine dunklen Augen auf mich, die zunächst einen drohenden Ausdruck annahmen, dann zog er spöttisch-abfällig die Mundwinkel nach unten. Er ging zum Schrank und holte sich einen Sherry. Offenbar wollte er Zeit gewinnen. Es lag ein drohendes Schweigen im Raum, bis Vielberth eingeschenkt und getrunken hatte. Sein Blick ging zwischen seiner Frau und mir hin und her, und er war niederschmetternd.
»Du kannst dich verlieben? Du bist doch kalt wie ein Eisschrank.«
»Ja, ich habe mich in Annette verliebt. Und ich möchte mit ihr zusammenleben.«
»Bekommt sie die Einliegerwohnung, oder wie hast du dir das vorgestellt?«
Vielberth versuchte, sich über uns lustig zu machen. »Nein, Reinhard. Ich ziehe zu Annette – sie lebt in einer anderen Stadt.«
»Und lebst mit ihr von meinem Geld oder wie?«
»Das ist Sache der Anwälte. Ich möchte die Scheidung einreichen.«
»Und du willst mir wirklich weismachen, dass eine Lesbe der Scheidungsgrund ist?«
Vielberth hatte noch kein Wort an mich gerichtet. Über mich und Christiane wurde verhandelt, ohne dass ich einbezogen war. So wie Vielberth auf mich deutete, hätte er auch die Entfernung einer Bodenvase fordern können. Christiane setzte sich neben mich. Vielberth stand drohend vor uns, schenkte sein Glas ein zweites Mal voll und musterte uns abfällig-amüsiert.
»Zwei Frauen auf dem Weg in eine wunderbare Zukunft.«
Zum ersten Mal wandte er sich an mich.
»Und wo haben Sie meine Frau zum ersten Mal flachgelegt?«
Zu einer Antwort kam ich nicht mehr. Sein Ton und sein Verhalten änderten sich radikal. Wir konnten kaum reagieren. Vielberth packte mich am Arm und zog mich hoch. Einen Schmerzenslaut konnte ich mir nicht verkneifen. »Sie verschwinden jetzt auf der Stelle. Und ich will Sie nie wieder sehen.«
Er schob mich zur Seite und packte seine Frau.
»Und wir reden dann Klartext. Du glaubst doch nicht, dass ich mich von dir zum Idioten machen lasse. Soll ich den Geschäftspartnern erzählen, dass
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