Agentur der boesen Maedchen
ihn tatsächlich dienstlich kennengelernt.«
»Das heißt ja wohl noch nichts.«
Eva und Clara lachten. Clara nahm den Faden auf. »Genau, und warum meint ein Seminarteilnehmer, du würdest auf Frauen stehen?«
»Er hat mich einmal in dieser Rolle erlebt.«
Wir bogen uns vor Lachen. Annette und ein Verhältnis zu einer Frau – auf die Idee waren wir noch nie gekommen. Sie versuchte ziemlich schnell abzulenken.
»Was ist denn nun, wenn uns Gero in die Suppe spuckt, und wir so große Aufträge wegen ihm nicht mehr bekommen?«
Ich war eher ungerührt.
»Dann habe ich wieder mehr Zeit für Ralf. Er hat sich schon beschwert.«
»Nanu, das ist ja ganz was Neues.«
Eva wurde indiskret. Ich sah sie böse an, und sie merkte, dass sie besser sachlich blieb.
»Ich habe schon nach dem letzten Seminar die Meinung vertreten, dass diese Arbeit nur den Männern nützt. Sie lernen, mit anstrengenden Frauen umzugeben – und die Folge davon ist, dass die Frauen wieder nichts erreichen.«
Clara mischte sich ein.
»Ja genau. Wenn der Managertyp im Seminar lernt, wie er seine Kinder niederbügelt, dann kann er es – und die Kinder haben keine Chance mehr.«
Eva sah ihre Tochter stolz an.
»Wir sind ja einer Meinung.«
Clara grinste.
»Fast. Um es in deiner Sprache auszudrücken: Mit unseren Seminarauftritten zementieren wir die bestehenden Herrschaftsverhältnisse, statt sie aufzubrechen.«
Das war mir zu kompliziert.
»Mir ist das egal. Wenn es Spaß macht und Kohle bringt …«
Eva lächelte mich boshaft an.
»Ricarda, bei uns lernen Männer, wie sie ihre anstrengenden Geliebten loswerden, wie sie ihre Ehefrauen abhalftern – das müsste dir doch bekannt vorkommen.« Annette sah mich entsetzt an.
»So habe ich das noch gar nicht gesehen.«
»So ist es aber«, rief Clara fröhlich. »Der Vater meines Freundes Jens hat auch so ein Seminar gemacht, und jetzt weiß er ganz genau, wie er seine Alte am besten abfertigt, ohne viel zahlen zu müssen.«
Annette musste sich erst einmal setzen.
»Heißt das, wir sollten solche Seminare nicht mehr machen?«
»Es heißt zumindest, wir sollten darüber nachdenken«, meinte Eva. »Manchmal muss man seine Arbeit mal in Ruhe anschauen und überlegen, ob es so noch geht.«
»Und dieser Punkt ist ausgerechnet jetzt?«
Annette war immer noch ratlos. Clara schaltete sich wieder ein.
»Ihr solltet lieber was für Frauen machen. Sich wie ein Mensch fühlen, obwohl der Kerl mich wie den letzten Dreck behandelt, oder so ähnlich.«
Eva sah ihre Tochter erstaunt an.
»Hast du einen Crash-Kurs in Feminismus mitgemacht?«
»Nein, ein bisschen wahres Leben und siebzehn harte Jahre an deiner Seite.«
Nie hatte ich Eva und Clara so einvernehmlich gesehen. Sie sahen sich so liebevoll an, dass ich mir plötzlich wieder eine Tochter wünschte und näher zu Annette hinrückte. Annette sah mich unverwandt an.
»Ricarda, wie fühlt man sich nach einer Scheidung?«
»Mies, klein, ausgenutzt, so, als hätte man Jahre seines Lebens vergeudet.«
»Glaubst du, es gibt Frauen, die solche Seminare brauchen könnten, wie sie mit Männern umgehen?«
»Schau doch dich an: Wie überzeuge ich den Professor von meinen Fähigkeiten? Wie schalte ich einen Kollegen aus, der sich auf meine Kosten profiliert? Wie gehe ich mit einem Liebhaber um, der schon ausrastet, wenn er nur einen anderen Mann an meiner Seite sieht?«
Annette starrte mich böse an.
»Wir reden jetzt nicht über Gero.«
»O. k., aber die Themen müssten dich trotzdem überzeugen.«
»Eigentlich schon.«
»Eigentlich, irgendwie, in einem gewissen Sinne«, Eva wurde spöttisch, »Frauen relativieren gerne. Sag einfach ja, Annette. Überzeugen dich die Themen?«
»Ja. Aber was nun?«
Clara lachte laut auf.
»Wisst ihr, was das heißt? Ihr müsst in Zukunft Männer vermieten. Die möchte ich sehen, die für euch arbeiten.«
Wir sahen uns alle entsetzt an. Clara hatte recht. Wir brauchten Männer. Die Agentur hatte eine neue Marktlücke entdeckt. Ich fühlte mich plötzlich unendlich müde und erschöpft. Es war schon fast zehn Uhr abends, und wir hatten den ganzen Tag gearbeitet.
»Können wir nicht eine Nacht darüber schlafen? Ich möchte jetzt nach Hause.«
Alle waren einverstanden, alle waren plötzlich müde. Wir hatten zwar in wenigen Minuten die Agentur völlig umgekrempelt, aber so richtig Gedanken darüber wollte sich heute keine mehr machen.
Als wir in den Vorraum hinaustraten, stand Hannes da. »Ich habe Clara
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