Agentur der boesen Maedchen
diesem Moment ging die Tür auf, ein Held kam herein. Er stürzte auf Annette zu, zog sie von ihrem Stuhl hoch und nahm sie in den Arm.
»Es tut mir so leid. Ich habe es gerade erst erfahren, dass Reinhard Teilnehmer ist. Als sie in seinem Büro gesagt haben, er sei bei einem Seminar, da war mir alles klar.« Annette begann zu weinen. Der Mann, den Clara und ich fixiert hatten, wehrte sich nun heftiger.
»Ich wusste doch gleich, dass du da deine Drecksfinger im Spiel hast.«
Annettes Retter zog sie aus dem Raum. Jetzt schien auch Gero aufzuwachen. Aber statt in dem Seminar für Ruhe zu sorgen, lief auch er hinaus. Offenbar wollte er genau wissen, was der Prinz jetzt mit Dornröschen machte.
Der Mann im Frauengriff beruhigte sich allmählich. Wir ließen ihn los, und auch er stürzte aus dem Raum. Ricarda rettete die Situation.
»Nachdem die Ehefrau jetzt verschwunden ist, übernehme ich diesen Part. Schließlich brauchen wir ja nicht unbedingt eine Oma. Drei Frauen reichen zum Üben völlig.«
Landauer war begeistert. Leider hatte er etwas den Überblick verloren.
»Ist jetzt meine Frau lesbisch oder meine Tochter?«
Ricarda Es herrschte Bombenstimmung, als ich den Raum betrat. Annette und Gero keiften sich an, Eva mischte fröhlich mit; nur Clara saß in einer Ecke und lackierte sich die Fingernägel. Die Abschlussbesprechung zu diesem Managerseminar hatte offenbar schon begonnen. Und da ich zu spät kam, bot ich ein hervorragendes Ziel für den allgemeinen Frust und die Wut, die mit mir sehr wenig zu tun hatte. Gero machte den Anfang.
»Da bist du ja endlich. Wir haben acht Uhr gesagt für unser Treffen.«
»Tut mir leid. Aber ich habe noch kurz mit Herrn Landauer gesprochen.«
»Ich dachte, du bist jetzt in festen Händen. Oder rennst du immer noch jeder Hose hinterher?«
»Aber Gero, ich werde doch noch mit einem Seminarteilnehmer ein Schwätzchen halten dürfen, ohne dich um Erlaubnis zu fragen.«
Annette sah mich müde an, und Eva verdrehte die Augen. Clara schwenkte ihre Nägel durch die Luft. Gero stand auf und kam auf mich zu.
»Könnt ihr euch nicht professionell benehmen? Wenn ich sage, um acht Uhr … Stattdessen rennt jede ihrem jeweiligen neuen Liebhaber hinterher …«
»Ich nicht«, rief Eva.
»Ich auch nicht«, flötete Clara und zog die Strümpfe aus, um sich über ihre Zehennägel herzumachen.
Gero sah die beiden böse an und stürzte sich auf Clara. »Musst du ausgerechnet jetzt …«
Clara war ungerührt.
»Ich tue, was ich will.«
Annette versuchte zu schlichten.
»Gero, ich denke, die anderen haben nichts damit zu tun. Du bist sauer auf mich.«
»Wegen dir ist ein Teilnehmer abgereist.«
Ich musste lachen.
»Aber Gero, du siehst doch sonst so klar. Mit dem abgereisten Typen hat das doch nichts zu tun. Du bist wütend auf den Mann, der wegen Annette angereist ist.«
»Ach ja? Weißt du wieder alles viel genauer? Hast du die beiden verkuppelt?«
Jetzt war ich auch geladen.
»Ich kupple nicht. Und wenn Annette einen findet, der ihr besser gefällt als du, dann ist das ihre Sache.«
Annette versuchte, sich zu verteidigen.
»Moment mal. Ich habe Thomas Schneider dienstlich kennengelernt. Er hat heute Nachmittag versucht, mir aus der Patsche zu helfen, das ist alles.«
»Das ist alles«, äffte Gero Annette nach. »Deshalb muss er dich gleich an seinem starken Arm aus dem Seminar geleiten, nicht wahr?«
»Herr Schneider hat erfahren, dass sein Schwager …«
»Ich will das alles nicht wissen!«
Zum ersten Mal, seit ich Gero kannte, verlor er die Fassung. Und er benahm sich absolut lächerlich. Selbst die geduldige Annette gab es auf, ihm die Geschichte zu erklären. Auch sie wurde laut.
»Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.«
Clara baumelte unterdessen mit den Beinen, auf dass der Lack besser trockne. Eva hatte ein Buch herausgekramt und blätterte darin. Ich versuchte ein Ablenkungsmanöver. »Was ist jetzt mit der Schlussbesprechung?«
Die Möglichkeit, auf eine professionelle Ebene zurückzukehren, beruhigte Gero keinesfalls.
»Ihr könnt mich mal. Und wenn es nach mir geht, bekommt ihr solche dicken Aufträge nicht mehr. Ihr habt das Seminar geschmissen.«
Weg war er. Eva legte ihr Buch zur Seite, Clara zog ihre Strümpfe wieder an.
Annette sah uns ratlos an.
»Ich denke, ich werde nochmal mit ihm reden müssen.«
»Wer ist denn nun eigentlich Herr Schneider?«
Ich hielt das für das eindeutig interessantere Thema. Annette lächelte.
»Ich habe
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