Agentur der boesen Maedchen
es doch nicht so ungünstig, dass ich da war. Bei Autorenrechten kannte ich mich aus, und da ich mich dem Verlag nicht mehr verpflichtet fühlte, konnte ich jetzt einfach mal was für Ricarda, mein Buch und mich tun. Ricarda hatte sich ziemlich zurechtgemacht. Selbstbewusst betrat sie den kleinen Raum, pflanzte sich auf einen freien Stuhl, zwinkerte mir zu und lächelte fröhlich in die Runde.
»Guten Tag, die Damen, Sie wollten mit mir über mein Buch sprechen.«
Lucie und Karin sahen sich erstaunt an. So hatten sie sich die neue Starautorin offenbar nicht vorgestellt. Ich wollte mich erst einmal raushalten.
»Hat Ihnen mein Buch gefallen?«
Karin fand als erste ihre Sprache wieder.
»Aber ja, Frau äh.«
»Sagen Sie Ricarda zu mir.«
»Also gut. Ricarda, wir waren begeistert.«
Ricarda sah mich frech an.
»Sie auch?«
Ich lächelte über ihre Frechheit.
»Ich bin gerade erst zur Arbeit gekommen und wusste nichts von dem Manuskript. Sie müssen entschuldigen, aber ich habe noch keine Zeile gelesen.«
Ricarda grinste.
»Schade. Ich dachte, Sie wären die Lektorin.«
Lucie und Karin sahen sich unbehaglich an.
»Nun ja, das ist nicht ganz falsch. Aber ich denke, über ein solches Projekt entscheiden wir gemeinsam. Wir möchten das Buch aber auf alle Fälle veröffentlichen. Wissen Sie, wir planen eine neue Reihe mit Frauenromanen.« Ricarda ließ nicht locker.
»Wieso wissen Sie schon, dass Sie es verlegen wollen, wenn die Lektorin es noch gar nicht gelesen hat?«
Es war mir nicht recht, dass sich Ricarda hier für mich ins Zeug legte, für die gefeuerte Lektorin. Sie sollte sich für das Buch einsetzen. Ich musste etwas unternehmen.
»Ich werde mich neuen Aufgaben zuwenden. Glauben Sie mir, wenn die Verlegerin und die neue Lektorin sagen, Ihr Buch sei gut und sie wollten es haben, dann klappt das auch. Aber ich würde vorschlagen, wir gehen in das Café nebenan und unterhalten uns über die Modalitäten.« Lucie und Karin sahen mich verblüfft an. Vermutlich hatten sie mich noch nie so diplomatisch erlebt. Wahrscheinlich konnten sie auch nicht verstehen, warum ich sie nicht vor der fremden Autorin in die Pfanne haute. Lucie zögerte.
»Ich muss noch eine Aushilfe für den Buchladen organisieren. Ich komme dann gleich nach.«
Das war mir nicht unlieb. Ich wollte ohnehin zuerst mit Ricarda alleine sprechen. Also musste ich klare Verhältnisse schaffen und Karin noch ausschalten.
»Gut, Ricarda und ich gehen schon mal vor. Die Autorin kann mir ja etwas über den Inhalt ihres Buches erzählen, so dass ich auch mitreden kann. Ihr beide kommt dann nach.«
Es klappte. Karin verspürte offenbar wenig Lust, sich ohne Lucie auf das glatte Parkett von Verhandlungen zu begeben. Bis die beiden kamen, hatten Ricarda und ich schon Cognac getrunken und uns fast kaputtgelacht über unseren Auftritt. Außerdem ging Ricarda vorzüglich geimpft in die Verhandlungen. Sie vertrat meine Interessen besser als ich es je gekonnt hätte.
Annette Der Alltag ging weiter, mit Gero oder ohne. Wir trafen uns, wir verstanden uns, aber ich hatte den Eindruck, als wäre irgendetwas anders. Mich störte seine Anhänglichkeit. Der selbstbewusste Psychologe hatte mir besser gefallen. Der alternde Verehrer war manchmal etwas schwierig. Ich war inzwischen ein paarmal mit Thomas Schneider ausgegangen, und er gefiel mir auch ganz gut. Dann war da auch noch Ferdinand. Mit ihm war ich heute Nachmittag verabredet. Ferdinand war pünktlich, wie immer. Er hatte unterdessen sein Apartment bezogen, seine Fortbildung war bald zu Ende, er kleidete sich besser und trug sein spärliches Haar inzwischen modisch kurz. Wir beschlossen, einen Spaziergang im Park zu machen. Es sah draußen nach Frühling aus, und Ferdinand meinte, er würde jetzt gerne an der frischen Luft sein. Die Treffen liefen inzwischen auf einer freundschaftlichen Ebene, das heißt, sie kosteten ihn kein Geld mehr. Ich begann mit dem Thema, das ich für das schwierigste hielt. »Wie geht es mit deiner Mutter, Ferdinand?«
»Ganz gut. Sie redet wieder mit mir. Wir haben ein paarmal über meinen Auszug gesprochen, sie versteht mich zwar nicht, aber sie hat aufgehört, mich deshalb niederzumachen und mir mit Liebesentzug zu drohen. Was macht deine Mutter?«
Ich musste grinsen. Schließlich hatten wir im Grunde dasselbe Problem. Er hatte seines immerhin einigermaßen gelöst.
»Ich weiß nicht recht. Ich besuche sie so selten wie möglich, aber sie scheint inzwischen etwas
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