Agentur der boesen Maedchen
gute Freunde, weiter nichts.«
Ich hatte den Eindruck, den Satz hätte ich an diesem Tag schon mal gesagt. In diesem Moment kam Thomas der Zweite zur Tür herein.
»Hast du noch zu tun?«
»Gleich fertig.«
»Gut, ich warte draußen.«
Auch das hatte ich, glaubte ich, schon mal erlebt. Doktor-Thomas erhob sich.
»Der Neue? Ein Bekannter?«
»Thomas, ich bitte dich …«
Thomas ließ sich nicht bitten. Er zog leicht beleidigt ab, versprach aber, sich bald wieder zu melden. Ich blieb noch kurz in meinem Sessel sitzen. Dann beschloss ich, Thomas den Zweiten ins Kino zu schleifen. Noch so ein Gespräch würde ich nicht überleben. Im Kino war wenigstens mal eine gute Stunde Ruhe. Vielleicht hatte der Film ja auch Überlänge. Dann wäre zwei Stunden Sendepause.
Ricarda Die Sache mit Landauer hatte mir Auftrieb gegeben. Gut, es war nicht viel gelaufen, aber dass sich mal wieder ein Mann für mich interessierte, das gefiel mir ganz gut. Mit Ralf hatte ich mich darauf geeinigt, dass wir uns zweimal die Woche sahen, wir gingen aus oder trafen uns in seiner Wohnung, mein Haus war mir im Moment ein bisschen verleidet. Ich traf mich mit Freunden von früher, ich ging wieder ins Kino, für den Sommer hatte ich mir vorgenommen, Wasserski zu lernen. Die letzten Monate war ich in eine Lethargie gefallen, die ich seit der Trennung von Franz nicht mehr erlebt hatte. Ich konnte doch mein Selbstwertgefühl nicht davon abhängig machen, ob ein Typ hinter mir her war oder ob nicht.
Aber heute war Ruhe angesagt. Ich saß auf dem Balkon, die Frühlingssonne schien schön warm. Ich legte die Beine hoch und las halblaut aus Evas Roman. Schließlich war demnächst die Dichterlesung, und ich sollte wenigstens wissen, worum es ging. Manche meinten ja, die Autoren wären die besten Interpreten ihrer Texte. Aber Eva fand, ich machte die Sache viel besser, als sie das je gekonnt hätte. Sie hatte den Roman geschrieben, jetzt wollte sie offenbar nichts mehr damit zu tun haben.
Als es klingelte, lugte ich kurz zum Gartenzaun. Leider aber verwehrten mir die ersten Blüten den Blick, und so musste ich mich erheben und zur Tür gehen. Der Besucher war inzwischen bis zur Haustür vorgedrungen, ich schreckte zurück, als ich aufmachte. So schnell hatte ich den Gast nicht erwartet. Der Weg durch den Garten war weit. Aber mehr noch erschütterte mich zu sehen, wer da stand. Es war Karl-Heinz. Er hatte seinen Rucksack dabei, als wäre nichts geschehen.
»Tag Ricarda, störe ich?«
»Wie man’s nimmt. Suchst du eine Bleibe?«
Karl-Heinz lächelte jetzt sogar.
»Wie man’s nimmt.«
Ach, er war witzig. Ich war entschlossen, mir nicht wieder einen ungebetenen Gast in die Bude zu setzen. Also blieb ich beharrlich in der Tür stehen. Karl-Heinz sah, dass kein Durchkommen war.
»Darf ich reinkommen?«
»Für eine Stunde schon.«
Karl-Heinz verstand.
»Ich lass das Gepäck hier stehen, klaut bestimmt keiner.« Das konnte ich mir auch nicht vorstellen. Wir begaben uns also auf die Terrasse, ich räumte das Manuskript weg. »Was liest du da?«
»Einen Roman.«
»Ist er gut?«
»Ich finde schon.«
Erst jetzt fiel mir auf, dass Karl-Heinz noch nie so viel auf einmal gesprochen hatte. Ich war mir sicher, dass er irgendetwas wollte, aber ich mochte ihm nicht auf die Sprünge helfen. Er sollte selbst sagen, was los war. Er wartete auch nicht lange. Gepflegte Konversation um den heißen Brei war nicht sein Ding.
»Kann ich ein paar Tage bleiben?«
»Wiedermal?«
»Es wäre sehr nett von dir. Ich bin zu Hause rausgeflogen und kann mir ein Hotel nicht leisten.«
»Ich will mir keinen Dauermieter leisten.«
»Du hast doch genug Platz.«
»Aber was ich damit mache, entscheide ich ganz allein.« Karl-Heinz nickte weise und versank in dumpfes Brüten. Also machte ich einen neuen Anfang.
»Du setzt dich in fremde Wohnungen und lässt es dir gutgehen. Du plünderst anderer Leute Kühlschrank, machst ihnen ihre Privatsphäre kaputt und glaubst auch noch, du würdest gar nicht stören. Und du bist nicht bereit, irgendetwas dafür zu tun. Du redest kaum, du arbeitest nicht, du zahlst nicht. Wie lange willst du das noch machen?«
Karl-Heinz war erstaunt. Er erhob sich, offenbar wollte er wieder gehen. Ich versperrte ihm dieses Mal den Ausgang mit der Macht meiner nicht ganz zierlichen Person. »Nein, du bleibst jetzt da. Ich bin noch nicht ganz fertig.
Erst bist du Annette auf die Nerven gegangen, dann mir. Es ist furchtbar schwer, dich wieder
Weitere Kostenlose Bücher