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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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Instrument, dessen sie sich bedienen, um die Geschichte zu Ende zu erzählen.«
    Es herrschte beeindrucktes Schweigen. Man hatte es mit einer Philosophin zu tun. Ein Feuilletonredakteur fuhr dazwischen. Er hatte es nicht nötig, sich zu melden, wie es die Frauen taten.
    »Sie meinen, der Text muss per se bestehen?«
    »Der Text ist nun abgenabelt und selbständig. Er wird bei jedem Menschen, auf den er trifft, ein anderes Echo auslösen. Es ist also immer ein anderer Text.«
    Ich schnappte nach Luft. Das hatte ich nicht abgesprochen. Aber es klang gut. Ricarda war die geborene Rednerin. In dem Moment holte der Redakteur zum Schlag aus.
    »Glauben Sie wirklich, dass wir noch einen Frauenroman gebraucht haben? Seit Jahren sülzen Autorinnen uns die Ohren mit ihren Geschichten voll.«
    Lucie bekam rote Ohren. Das konnte ich von hinten sehen. Karin verlor einen ihrer Pumps. Er klapperte auf den Boden und konnte von ihr nur mit Mühe wieder hochgefischt werden. Aber Ricarda wurde angriffslustig.
    »Mag sein, dass Sie keinen Frauenroman mehr gebraucht haben. Aber ob andere noch einen brauchen, dürfen die selbst entscheiden.«
    »Aber in Ihrem Buch steht doch nichts Neues. Nicht einmal die Erzählform oder die Art der Darstellung, geschweige denn die Geschichte weist neue Aspekte auf.«
    »Diese Form des Erzählens gibt es seit vielen hundert Jahren. Würden Sie sagen, dass Goethe, Adalbert Stifter, Gottfried Keller und Thomas Mann auch nichts zu erzählen hatten?«
    »Wollen Sie sich mit denen vergleichen?«
    »Es ging nur um die Form des Erzählens. Und lassen Sie mich ausreden. Dass sich der neue Aspekt Ihnen nicht erschließt, das kann ich mir vorstellen. Haben Sie das Buch eigentlich schon ganz gelesen?«
    Der Redakteur schwieg. Ricarda setzte noch einmal nach.
    »Es tut mir leid, wenn Ihnen gut gemachte Unterhaltung nicht zusagt. Dann müssen Sie eben doch auf Goethe und Thomas Mann zurückgreifen. Ich wünsche Ihnen gepflegte Langeweile.«
    Das Publikum lachte. Ich war nicht Ricardas Meinung, aber sie verteidigte sich tapfer. Hannes, Clara und Jens applaudierten. Ich musste mir eingestehen, dass mir das guttat. Die folgenden Fragen bezogen sich wieder darauf, wie man eine Geschichte findet, seit wann Ricarda denn schreibe, was sie sonst so mache. Ich blendete mich aus und redete ein bisschen mit Hannes, den ich schon einige Wochen nicht mehr gesehen hatte. Als es irgendwann wieder Applaus gab, merkten wir, dass der offizielle Teil der Veranstaltung zu Ende ging. Karin und Lucie trugen Häppchen und Getränke herein. Ich war froh, dass nicht ich die Gäste bedienen musste, ich gehörte jetzt zu den Gästen und musste keinen Finger krumm machen. Ich organisierte lediglich für mich ein Glas Saft und etwas zu essen. Es machte hungrig, wenn man den eigenen Text vorgelesen kriegte. Hannes kaute auf beiden Backen. »Tut mir leid, aber ich bin gleich aus dem Büro gekommen.«
    »Läuft’s gut?«
    »Ja, aber jetzt geht’s um deinen Roman. Sieh mal, wie die Fans Ricarda umzingeln.«
    Tatsächlich konnte sich Ricarda vor Signierwünschen und Nachfragen nicht retten. Sie genoss es sichtlich. Annette kämpfte sich zu uns durch.
    »Zufrieden?«
    »Ja, sehr sogar.«
    »Wir haben lange nicht mehr miteinander geredet.«
    »Das stimmt, wir sehen uns kaum noch.«
    »Ich würde gerne mal einen Tag mit Ricarda und dir verbringen. Übers Geschäft reden und über Privates.«
    »Muss man das verbinden?«
    »Wir können ja zwei Tage nehmen. Einen Tag fürs Geschäft, einen Tag fürs Private.«
    Ich lachte.
    »Einverstanden. Am besten ein Wochenende. Vielleicht auf einer Hütte.«
    »Gute Idee. Wir müssen nur noch Ricarda überzeugen.«
    »Wie geht’s dir eigentlich?«
    »Das würde ich dann gerne erzählen.«
    Ich nickte. Musste ja allerhand passiert sein bei Annette, was an mir einfach so vorbeigelaufen war.
    »Geht’s dir schlecht?«
    »Nein, ganz im Gegenteil.«
    »Und du willst trotzdem erzählen?«
    »Ich will eure Meinung hören.«
    »Oh.«
    Mir fiel nichts Besseres ein. Also wechselte ich das Thema.
    »Wer ist der Typ, der vorhin bei euch stand?«
    »Karl-Heinz?«
    »Oh, ist das nicht dein Cousin?«
    »Ja.«
    »Den hätte ich ja kaum wiedererkannt.«
    »Ricarda hat erzieherische Maßnahmen eingeleitet.«
    »Und ihn neu eingekleidet.«
    »Das auch.«
    »Läuft der Fall über die Agentur?«
    »Nein, ich glaube, es ist eine Privatsache.«
    »Und was hast du damit zu tun?«
    Annette grinste.
    »Nicht viel. Ich bin eben mit beiden

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