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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Dutzend Helme zählenden Pulk auf den Grenzkamm zu galoppierte; irgendwann dann erreichten sie Furth und trafen dort auf den Sattelbogener, der ebenfalls wie durch ein Wunder davongekommen war und sich nun bemühte, für den Notfall eine neue Verteidigungsstellung um die Festung herum aufzubauen.
    „Der Cesarini ist durchgeritten, als sei der Teufel hinter ihm her“, meldete der Ritter dem Herzog. „Wird wohl seinen Gaul erst tief drinnen im Reich zu zügeln wagen! Als Hundsfott hat sich der Päpstliche erwiesen, als die feigste Sau im ganzen Heer; Tausende haben’s mit dem Leben bezahlt!“ Er spuckte aus, setzte hinzu: „Und noch mehr Menschenleben wird’s kosten, wenn die Hussiten jetzt ihren Vorteil nutzen und über die Grenze nach Bayern hereinbrechen! Verdenken könnt’ ich’s ihnen nicht; würde an ihrer Stelle nicht anders handeln! Und wenn sie es tun, dann ist Furth der einzige Riegel zwischen ihnen und dem unbewaffneten Bauernland weiter hinten! Deswegen, Herr Albrecht, müssen die Burg und die Stadt um jeden Preis gehalten werden!“
    Der Dunkelhaarige, blutbespritzt und vor Schweiß stinkend, nickte; gleichzeitig dachte er wieder an Agnes, mit allen Fasern riss es ihn förmlich hin zu ihr. Weiterpreschen hatte er wollen, bis Vohburg, doch nun war ihm die verdammte Pflicht in die Quere gekommen; das geschissene Furth. Aber der Sattelbogener hatte recht: Wenn die Stadt fiel, würde das halbe Herzogtum fallen! „Gut!“, raunzte der Wittelsbacher. „Ich bleibe mit meinen Leuten hier, auch wenn es lächerlich ist, die paar Bewaffneten auf die Wälle zu stellen – aber vielleicht treffen ja später noch andere versprengte Einheiten ein …“
    „Ich hab’s nicht anders von Euch erwartet, Herr“, versetzte der Sattelbogener, „schließlich seid Ihr kein Pfaffe! Am besten werft Ihr Euch in die Burg mit Euren Leuten, und dann wollen wir sehen, wie es das Schicksal mit uns meint …“
    „Das Schicksal?“, fragte Albrecht. „Nicht Gott?“
    „An Gott glaube ich nicht mehr, seit ich den Cesarini gesehen habe“, erwiderte der Ritter, dann wandte er sich brüsk ab.
    Und doch ereignete sich ein göttliches Wunder; jedenfalls sahen es viele Further Bürger und Reisige so. Denn die Böhmischen nützten ihren Sieg nicht aus; obwohl sie von der Handvoll Verteidiger im Chambtal kaum aufzuhalten gewesen wären, drangen sie nicht über die Grenze vor. Zogen sich vielmehr auf Prag zurück, wie während der folgenden Woche allmählich durchsickerte; auch kam die Kunde nach Bayern herüber, dass jetzt auf dem Schlachtfeld von Taus die Geier zu Hunderten flatterten und kröpften.
    Dieses Bild verfolgte den Wittelsbacher wie ein Albtraum selbst im Wachen, als er acht Tage nach dem Debakel von Domažlice endlich hinunter zur Donau reiten konnte. Er und die anderen Verstörten erreichten Straubing und mussten sich dort die Schmähungen derjenigen anhören, die nicht in den Krieg gezogen waren; des dortigen Klerus vor allen Dingen. Aber nicht aus diesem Grund hielt sich Albrecht keine Stunde länger als nötig in der Gäubodenstadt auf; vor allen Dingen war seine verzweifelte Sehnsucht daran schuld, dass es ihn so rasch wie möglich weitertrieb. Flussaufwärts und dann durch Regensburg preschte er, als säßen ihm immer noch die Hussen im Nacken; von dort aus war es dann bloß noch ein knapper Tagesritt bis Vohburg. In der nebelverschlierten Abenddämmerung des Septembertages sah der Dunkelhaarige die Grafenburg hinter den Erlen und Pappeln auftauchen, und mit demselben Herzschlag meinte er – auch wenn dies in der Realität noch gar nicht möglich war – die Gestalt der Geliebten hoch oben auf dem Turm zu sehen.
*
    Kratzig, kalt spürte Agnes Bernauer den Kalkstein unter ihren Handflächen; es fröstelte sie, obwohl die Abendsonne hier oben auf der Brüstung noch lange nachgeglüht hatte. Doch die Nebelschwaden unten im Tal schienen jäh jegliche Wärme weggesaugt zu haben; wie Leichentücher waren sie, die über der Welt waberten. Die Beklemmung, unter der die Blonde nun schon wochenlang litt, wurde übermächtig. Die grauenhafte Angst um ihn, den verlorenen Geliebten, die schreckliche Ungewissheit dazu, schienen ihr die Kehle plötzlich förmlich abzuschnüren. Er ist tot, schoss es ihr durch den Kopf; er hätte längst zurück sein müssen! Die Nachricht von der Katastrophe zu Taus ist durch das Land gerast wie die schwarze Pest; er hätte mit ihr heimkommen müssen, wäre er noch am Leben!
    Die

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