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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Verstrickung um das Prunkzelt des Kardinallegaten drängte.
    Zumindest erschien es Albrecht so, als ob all das Grauen dort zusammenstrudeln wollte; in Wirklichkeit hatte auf meilenbreiter Front eine kopflose Massenflucht eingesetzt, die nun um das Hauptquartier herum jäh wieder zum Stocken kam. Denn unter dem Hagel der Hafnitzengeschosse hatte der Vertreter des Papstes, hatten dessen schwerbewaffnete Leibgardisten plötzlich den Kampf gegen die eigenen Leute aufgenommen. Rücksichtslos ließ Cesarini sich den Weg zur Flanke hin freihauen, den böhmischen Wäldern zu, die dunkel den Horizont verschatteten. Sein Ritt, nachdem der Strudel aufgespalten worden war, führte über Leichen, Sterbende und Verwundete hinweg; auf welches Konto sie gingen, auf päpstliches oder ketzerisches, ließ sich unmöglich mehr sagen.
    Der Wittelsbacher, auf wild im Kreis dahinjagendem Ross, sah die Schandtat, sah gleichzeitig die Hussiten immer näher heranrücken; die schrecklichen Bilder vernetzten sich ihm kaleidoskopisch. Immer noch peinigte ihn auch die seelische Lähmung, aber dann befreiten ihn gleichermaßen Todesangst und kotzgallige Empörung davon, und dies alles löste sich in einem Schrei, einem Befehl; dem einzig richtigen. „Zurück! Es ist alles verloren! Es hat keinen Sinn mehr!“, brüllte er das von seinen Truppen an, was noch lebte, was ihn noch zu hören vermochte. Im nächsten Augenblick setzte auch um ihn herum das Davonrennen und Wegpreschen ein; lediglich der Sattelbogener hielt sich mit seinen Grenzern noch ein paar dünne Arkebusenschüsse lang, dann gab auch er Fersengeld.
    Im vermeintlichen Schutz der verfilzten Forste, in der hereinbrechenden Abenddämmerung schon, versuchte ein Teil des Reichsheeres noch einmal eine Stellung aufzubauen; auch der Münchner mit den Resten seiner Straubinger und oberländischen Truppen gehörte dazu. Nicht so freilich der Kardinallegat; der befand sich mit seinen feigen Schlächtern bereits weit zurück auf dem Weg ins Reich. Davon ahnten die im hanebüchenen Urwald freilich nichts, oder aber sie verdrängten solche Vermutungen wieder; es hätte ihnen sonst auch den letzten Funken Mut geraubt. Den aber brauchten sie, um ihre Gräben notdürftig zu befestigen, um sich einzukrallen zwischen Gefels, Schlamm und rauborkigen Baumstämmen. Nichts als die Nacht wollten sie überstehen in der fremden, in der zunehmend dämonischen Wildnis, damit ihnen dann am nächsten Morgen vielleicht doch noch ein einigermaßen geordneter Rückzug möglich wäre. Mehr verlangten sie jetzt nicht mehr vom Kreuzzug; nur noch das nackte Leben wollten sie retten, doch einmal mehr hatten sie darin die Rechnung ohne die Hussiten gemacht.
    Die wussten, aus langer und leidvoller Erfahrung heraus, dass die Bekreuzten wieder und wieder einfallen würden in Böhmen, so man ihnen nicht endgültig das Kreuz bräche, und deswegen umzingelten sie noch in der Nacht die Hügel, auf denen die Katholischen sich verschanzt hatten. Und ließen die ganze Nacht über weiter ihre Hafnitzen bellen und raunzen; die Arkebusen und Handrohre dazu. Und die Kugeln, die Bleifetzen, die Glassplitter und Kieselladungen fanden ihre Ziele auch in der Dunkelheit. Bis zum Morgengrauen waren die Schreie der Getroffenen, war das Gurgeln der Sterbenden zu hören, krachten immer wieder menschliche Körper an brechenden Ästen vorbei erdwärts, denn selbst die Baumkronen, in welche sie sich in ihrer Todesangst geflüchtet hatten, boten den Reichssoldaten keinen Schutz.
    Albrecht von Bayern-München, durch seinen Panzer und zudem den Rossleib geschützt, überlebte. Stand die Nacht durch, sagte sich immer wieder, dass er sie überstehen müsse; um der Blonden willen. Im ersten Tageslicht dann war dies auch die Triebfeder, die hauptsächliche zumindest, die ihn den Ausbruch wagen ließ. Was von seinem Gefolge noch immer nicht abgetan war, scharte er um sich; dann schlugen und schossen sie sich den Weg in die ungefähre westliche Richtung frei. Weil das Glück oder vielleicht auch etwas anderes sie behütete, kamen sie mit knapper Not durch, während in ihrem Rücken jetzt der finale Nahkampf entbrannt war. Was dort nicht beritten war, wurde von den Hussiten gnadenlos getötet, doch nicht die Böhmen waren letztlich dafür verantwortlich zu machen, sondern die vom Kardinallegaten so teuflisch ins Werk gesetzten vorangegangenen Metzeleien. Dieser Gedanke schwirrte dem Wittelsbacher immer wieder durch den Schädel, als er im kaum noch ein

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