Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
Vom Netzwerk:
dazu ermuntert haben! „Ernst!“, keuchte der Dreiunddreißigjährige. „Er steckte dahinter! Er allein konnte ein Interesse daran haben; wegen der Bernauerin!“
    Der Gedanke schmerzte ihn mehr als seine Wunden. Der eigene Vater hatte es ihm angetan; ein volles Jahr lang hatte er stillgehalten, bloß damit er heute umso tückischer und hinterhältiger hatte zuschlagen können! An einen Burgfrieden zwischen München und Straubing hatte er, Albrecht, in seiner Einfalt geglaubt, und nun hatte der Glotzäugige ihn auf die denkbar schlimmste Weise gedemütigt! Noch nicht einmal die offene Auseinandersetzung, den ritterlichen Streit hatte Ernst ihm zugestanden, sondern er hatte ihn, seinen Sohn, traktieren lassen wie einen Schweinehirten – und hatte ihm damit gleichzeitig zu verstehen gegeben, was er von der morganatischen Ehe hielt! Die Liebe zu Agnes hatten die Böckler ihm aus dem Leib prügeln sollen; das war der tiefste und gemeinste Grund für das Attentat gewesen! Als Albrecht nun auch dies begriff, geschah freilich genau das Gegenteil von dem, was der Münchner hatte erreichen wollen. „Du wirst sie mir nicht rauben; du nicht und keiner!“, schnaubte der Blutrünstige, und dann zügelte er den Rappen und zwang ihn in die Volte gegen die Kavalkade. Mühsam brachten die Reiter der Bedeckung auch ihre Rösser zum Stehen, gleichzeitig schleuderte der Wittelsbacher seine Worte ins Hufstampfen und Sichbäumen der Tiere hinein.
    „Die Schande hat nicht mich getroffen, sondern den anderen!“, schrie er. „Was kann er mir denn vorwerfen?! Doch nur meine Liebe! Die aber ist von Gott geschenkt, und wer sie in den Dreck treten will, der tritt Gott in den Dreck! Mir hatte der Münchner das Kainsmal zugedacht, jetzt trägt er’s selbst auf der Stirn! Ich bin das Lamm gewesen, er der Wolf! Er hat mich brechen wollen, aber auf ihn fällt’s zurück! – Geht das hinein in eure Schädel?! Seht ihr das ein, dass nicht ich das Gesicht verloren habe; vielmehr er?!“
    Ein Glotzen schlug ihm entgegen, da und dort ein verlegenes Nicken, doch in keinem der Augenpaare lag wirkliches Verstehen. Bloß Unterwürfigkeit war da, Verwirrung; vielleicht auch Furcht. Wieder verzerrte sich der Mund des Dunkelhaarigen hektisch, als wollte er noch etwas hinzufügen, doch dann wandte er sich jäh wieder ab und setzte seinen Weg wortlos fort. Es ist zu hoch für sie, dachte er; es sind alles nur Kleinherzige. Sie kuschen vor mir und würden auch vor dem anderen kuschen; etwas anderes kennen sie nicht. Von der Liebe wissen sie nichts in ihren Schranzenherzen; nichts von einer Liebe, wie sie zwischen mir und Agnes lebt, jedenfalls. Die Blonde und ich, wir sind anders als sie; wir sind anders als die Welt. Die Welt kann gar nicht verletzen oder gar zerstören, was zwischen uns besteht. Die Welt hat ein Schwert zwischen mich und sie zu hauen versucht, hat uns dadurch aber bloß noch enger zusammengeschmiedet …
    Den Rest des Weges, die letzten Meilen über schien er nur noch sie zu sehen; sie war da bei ihm im Sattel, sie kühlte seine Wunden, sie linderte seine Schmerzen. Im Schloss dann, als aus dem Sehnen Realität geworden war, brauchte er deswegen auch keine Furcht davor zu haben, ihr alles zu erzählen. Im Grunde hätte allein schon die Blickbrücke genügt; er spürte es ganz genau. Dennoch teilte er das Geschehene auch verbal mit ihr, und dann barg sie seinen zerschlagenen Leib in ihrem Schoß und ließ die Lebenskraft, die ein anderer ihm zu rauben versucht hatte, in der körperlichen und seelischen Auflösung zurückströmen in ihn.
*
    Fehlgeschlagen war der hinterfotzige Anschlag des Glotzäugigen damit letztlich. Die Liebe zwischen Albrecht und Agnes war nicht versehrt worden; aus den Narben, die er in Regensburg davongetragen hatte, erwuchs dem Straubinger Statthalter im Gegenteil etwas wie eine Panzerung. Den Alten in München ließ er im Jahreswechsel von 1434 auf 1435 durch gewisse politische Maßnahmen fühlen, dass er keineswegs zu Kreuze kriechen wollte; damit verknüpft war gleichzeitig seine subtile Rache an den Böcklern. Indem er nämlich genau die Ritter duckte, die in der Reichsstadt auf ihn eingeprügelt hatten, tat der Dunkelhaarige wiederum viel für sein Territorium – und Ernst, wollte er sich nicht zum Narren stempeln, konnte nichts dagegen unternehmen.
    Schon mehrmals hatte Albrecht ja sein Herz für die Kleinen – die Handwerker, Fischer, Bauern und sogar die Leibeigenen – bewiesen, und nun nahm er sie

Weitere Kostenlose Bücher