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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Turnierfeld lenkte, begann die Menschenmenge zu toben.
    Der Rappe fing an zu tänzeln, der Straubinger Statthalter benötigte einige Zeit, um ihn zu bändigen; als er das Tier endlich wieder in der Gewalt hatte, fiel sein Blick auf das „Goldene Kreuz“, an dessen Fassade die Banner derjenigen Adligen angebracht waren, die im Lauf des Tages in die Schranken reiten sollten. Der Wittelsbacher, in einer verständlichen Regung, suchte die eigenen Farben, gleich darauf stachen ihm die weiß-blauen Wecken ins Auge – mit dem nächsten Herzschlag bäumte sich der Streithengst. Brutal hatte Albrecht von Bayern-München ihm unwillkürlich die Sporen eingesetzt, der Rappe schoss förmlich auf die Stechbahn zu; der Reiter brauchte seine ganze Aufmerksamkeit, um im Sattel zu bleiben. Trotzdem schien der Dunkelhaarige noch immer das Zerrbild vor sich zu sehen: die auf dem Kopf stehenden Löwen und die gekippte Krone seines Wappens.
    Die Erniedrigung würgte ihn; sie hatten ihm den schlimmsten Tort angetan, der einem Edelmann widerfahren konnte: Sie hatten sein Banner verkehrt herum aufgesteckt, hatten das Abzeichen seines Ranges in aller Öffentlichkeit verschimpfiert! Die Böckler!, durchfuhr es ihn. Die verfluchten Hunde! Sie stecken dahinter! Die Einladung zum Turnier war nichts als ein Hohn, ein Bubenstück! Auf den Leim bin ich ihnen gegangen – und jetzt habe ich die ungeheuerliche Schande davon! Erniedrigt und beleidigt haben sie mich vor der gesamten Regensburger Bürgerschaft!
    Plötzlich waren die Schranken vor ihm, versperrten ihm den Weg. Er parierte den Hengst durch, so scharf, dass das Tier in die Hanken knickte. Er spornte den Rappen wieder hoch, wollte ihn wenden; den Feind wollte er suchen, der doch überall lauern musste. Den Kampf ersehnte er blindwütig, das Metzeln; er dachte überhaupt nicht daran, dass er weder Lanze noch Schild führte, noch den Helm trug. Ein paar krampfige, ziellose Rosssprünge weit kam er – dann sah er sich jäh in der Masse der Kleinadligen eingekeilt.
    Mit Dreschflegeln und Knüppeln fielen die Böckler über ihn her; mit den hanebüchenen Waffen des Pöbels gingen sie ihn, den Ritter, den Statthalter, den Herzog, an. Der Wittelsbacher krümmte sich zusammen unter den Schlägen, er schrie nach seinem Gefolge, er brüllte verzweifelt nach einer ehrlichen Waffe. Doch seine Knappen und wenigen Gepanzerten waren längst abgedrängt worden, und unter den Regensburgern fand sich keiner, der ihm ein Schwert oder einen Streitkolben zugeworfen hätte. Albrecht musste die Prügel einstecken, bis die Kleinadligen zuletzt von sich aus eine Gasse für ihn öffneten; bis er mit zerdellter Rüstung und am ganzen Körper blutrünstig zu fliehen vermochte.
    Das Hohnkeckern des Pöbels schien ihn von der Haid bis zum Domplatz zu verfolgen, dann weiter in Richtung Ostentor. Erst als er den Steinschlund unter dem Turm passiert hatte, wurde ihm allmählich bewusst, dass er in Sicherheit war und auch nicht mehr allein ritt. Seine Straubinger Leibtruppe war jetzt wieder bei ihm; die Männer und Halbwüchsigen, denen es nicht möglich gewesen war, ihn vor der Feme 67 zu schützen. Verschreckt, verdattert sprengten sie nun links und rechts von ihm dahin; nahe waren sie dem Dunkelhaarigen, und doch kam es ihm so vor, als versuchte jeder von ihnen krampfhaft, sich außerhalb seines Gesichtsfeldes zu halten. Er konnte es ihnen noch nicht einmal verdenken; vermutlich hätte er an ihrer Stelle nicht anders gehandelt, hätte sich ebenfalls in Grund und Boden geschämt. Er verstand sie und konnte ihren Anblick zuletzt dennoch nicht mehr ertragen; einen Befehl raunzte er heraus, der sie alle nach hinten teufelte, und dann setzte er viehisch die Sporen ein, sodass der Rappe ihn in gehetzten Sprüngen so weit wie möglich wegtrug von ihnen.
    Die nächsten Meilen über ließ er keinen mehr an sich heran; es war ihm, als läge sein geschundenes Fleisch bloß unter dem frostigen Herbsthimmel. Immer noch schienen die Knüttel und Dreschflegel auf ihn herunterzuhageln, nach wie vor glaubte er die Fratzen der Böckler zu sehen; in seiner Wut und Erniedrigung schlachtete er sie mental tausendmal. Irgendwann dann begriff er aber, dass die Kleinadligen nicht die Alleinschuldigen gewesen sein konnten. Ein anderer, ungleich Höhergestellter musste sie zu ihrer Tat aufgestachelt haben! Nie hätten sie es von sich aus gewagt, so gegen ein Mitglied des Herrscherhauses vorzugehen; vielmehr musste ein völlig Unangreifbarer sie

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