Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
neue Ära beginnt. Seit ihrer Begegnung mit dem Psychiater hat sie ein waches Interesse für das Thema Selbstfindung, gehört dabei zu den Pionieren, die an der Schwelle zu den 1980er Jahren ein Faible für natürliches Leben und Selbsterfahrung entwickeln. Einer der Gründe, warum ABBA nicht mehr so gut funktionieren, ist ja auch der, dass sie sehr gut in die zweite Hälfte der 1970er Jahre gepasst haben. Man wollte frei sei und Fun haben, trug schrille Klamotten, tanzte bis in den frühen Morgen. Dieser Zeitgeist dreht sich in die Richtung einer neuen Innerlichkeit. Diese erfasst auch Frida voll, und wird sie zu den Themen Naturschutz und natürliches Leben mit biologischer Kost hinbewegen. Bei Agnetha ist es dagegen der große Komplex Heilung, der sie interessiert. Vordergründig, um ihre Ängste loszuwerden. Tiefer betrachtet aber, um sich selbst zu verstehen, und ihre Beziehungen zu den Menschen. Drängende Fragen wie jene, wie sie als alleinerziehende Mutter und Popstar das Glück finden, bei sich sein, ihre Ängste ablegen kann. Es ist der Beginn des Zeitalters des Wassermanns, das die tiefsinnigen Skandinavier und die Deutschen fortan im Griff haben wird. Die Zeit der Esoterik ist gekommen, der neuen Spiritualität, der an das Biedermeier gemahnenden neuen Innerlichkeit.
Dass Björn durch seine Beziehung mit Lena die Fronten klärt, ist aber auch eine gewisse Erleichterung für beide. Jetzt ist Agnetha ihn mit all seinen Macken los, muss nicht mehr auf ihn eingehen, kann ihr eigenes Leben leben. Und was die beiden teilen, war ja von Anfang an das Interesse für die Musik, die sie machen. Im Plattenstudio verraucht Agnethas Bitterkeit, und die beiden können wieder miteinander reden.
Björn: „Wegen ABBA waren wir gezwungen, weiter zusammenzuarbeiten, aber so kamen wir wenigstens dazu, uns über unsere Probleme auszusprechen.“
Dabei hat ihr Beisammensein auch Stil. Alle, die ihre Streitigkeiten vom Herbst erlebt haben, erwarten totale Funkstille oder noch schlimmere Auseinandersetzungen. Doch diese Auguren werden enttäuscht. Björn und Agnetha gehen völlig ruhig und kooperativ miteinander um. Sie arbeiten wieder zusammen, und Agnetha bringt sich voll in die Musik ein. Man wird das an ihrer nächsten LP merken, die zwar mit deutlicher Verspätung herauskommt, aber sich durchaus mit den bisherigen ABBA-Platten messen können wird.
Michael B. Tretow betreibt ein bisschen Schönfärberei, als er darüber spricht, aber im Großen und Ganzen stimmt es, wenn er behauptet: „In all der Zeit, die ich mit ABBA zusammengearbeitet habe, haben die beiden eine ganze Menge mitgemacht. Aber sogar, wenn sie auf dem absoluten Tiefpunkt waren, haben sie sich nie Dinge an den Kopf geworfen. Sie waren immer sehr beherrscht. Ich habe nie irgendwelche heftigen Szenen zwischen ihnen miterlebt, wenn sie im Studio waren. Verrückterweise waren sie nach der Scheidung sogar ziemlich entspannt. Sie trugen ihre Streitigkeiten wahrscheinlich außerhalb des Studios aus. Aber die ganze Sache ist nicht spurlos an ihnen vorüber-gegangen. Sie waren eine Zeit lang niedergeschlagen.“
Wer bei der neuen Harmonie nicht mitmachen will, sind die Medien. Egal, wie oft sie sich selbst in Bezug auf ihre Beziehung erklären, sie werden noch gnadenloser von Paparazzi verfolgt als je zuvor. Der Presserummel ist so groß, dass Björn und Benny zuletzt gar nicht mehr arbeiten können und letztendlich inkognito auf die Bahamas fliegen, um dort ungestört an ihren Liedern arbeiten zu können.
Während Björn und Benny auf die Bahamas entfliehen, fliegt Frida nach Spanien, wo sie einen Gastauftritt in dem schwedischen Film „Gehe auf dem Wasser, wenn du kannst“ hat. Regie führt Stig Björkman. Die Geschichte dreht sich um Argentinien zur Zeit der Militärdiktatur und Frida ist nur zweieinhalb Minuten davon auf der Leinwand zu sehen. Als sie Jahre später in einer Talkshow danach befragt wird, ob es einen Film gibt, den sie nicht gemocht hat, schlägt Björn scherzhalber vor: „Wohl der Film, in dem du mitgespielt hast, oder?“ und Frida stimmt lachend zu: „Ja, das stimmt sogar.“ Die Tätigkeit als Schauspielerin bleibt für Frida Episode.
Die Bahamas bedeuten für Björn und Benny so etwas wie eine Pause vom Alltag, ein Ausflug, bei dem sie wieder die Seele baumeln lassen können, ungestört arbeiten und sich dabei an alte Zeiten erinnern. Für Benny ist das eine Erleichterung, weil es mit Frida derzeit auch nicht ganz leicht ist, und
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