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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Gebäudetrakt gut. Normalerweise werden hier Prätorianer arretiert, die sich irgendwelcher Pflichtverletzungen schuldig gemacht oder dem Weingott allzu sehr gehuldigt haben. Mehr als einmal hat er selbst Gefangene hierher gebracht.
    Die Stunden vergehen in eintönigem Gleichklang, nur unterbrochen von monotonen Rufen der Wachen, die vom Kasernenhof herüberschallen. Plötzlich, etwa zur zwölften Stunde, die Sonne hat sich schon längst verabschiedet, sind Waffengeklirr, Kommandorufe und das Geräusch vieler Soldatensandalen zu hören.
    »Was tut sich da?«, ruft Gaius aus der benachbarten Zelle und hastet zum Fenster, ebenso Valerius. Der gesamte Kasernenhof füllt sich mit den eisenbeschlagenen Caligae vieler Soldaten. Offiziere bringen die Männer laut schreiend in Formation. Dann wieder Stille, völlige Stille. Im gespenstischen Licht Dutzender Fackeln ist die gesamte Prätorianergarde von fünftausend Mann angetreten. Sie stehen in den gewohnten Blöcken von je zehn Decurien , zehn Kohorten der Elitegardisten in ihren glänzenden Paraderüstungen, eine Hand auf den Schwertknauf gelegt, die andere auf das zylindrisch gebogene Schild gestützt. Auf der linken Seite der Fußtruppe sitzen die Reiterschwadronen auf ihren unruhig tänzelnden Pferden. In der Mitte die Offiziere, die Tribunen und Centurionen in ihren langen roten Mänteln und den bunten Federbüschen auf ihren goldenen Helmen. Vor ihnen ihr Präfectus ,Afranius Burrus, umgeben von sechs Adler- und Standartenträgern. Mit strenger Miene mustert er die Reihe der Angetretenen und ist zufrieden. Die Garde steht, der neue Kaiser kann kommen!
    Plötzlich wird die Stille von einem orkanartigen Jubel unterbrochen. » Vivat Imperator! Vivat Cäsar Nero!« Acht Prätorianer tragen eine prachtvolle Sänfte aus schwarzem Ebenholz herein.
    » Nero lässt sich nicht viel Zeit!«, ruft Valerius seinem Freund zu, aber er ist kaum zu verstehen. »Sie feiern schon den neuen Cäsar . Schau, da ist er!«
    Lucius Ahenobarbus, genannt Nero, verlässt die Sänfte und betritt mit gemessenem Schritt die kleine Bühne, die man für seinen Auftritt improvisiert hat und die ihm als Einzigem Schutz vor einem immer heftiger werdenden Regen gewährt. Hinter ihm steht sein Lehrer Seneca. Lange schweift der Blick des jungen Kaisers über die Garde. Fest, aber wohlwollend fixiert der neue Regent die einzelnen Truppenteile. Dann strafft sich seine gedrungene, stiernackige Gestalt, und mit einer einstudierten Bewegung rafft er den Purpurmantel zurück, so dass die goldene Rüstung darunter sichtbar wird. Mit dramatischer Geste hebt er beide Arme. Seine jugendliche Stimme klingt laut durch die Dunkelheit und bricht sich an den Wänden des Kasernenhofes. Den beiden Männern in ihren Zellen läuft es eiskalt den Rücken herab.
    »Männer! Den unsterblichen Göttern hat es gefallen, unseren geliebten Cäsar, meinen verehrten Adoptivvater, Tiberius Claudius Nero Germanicus, in ihre Zahl aufzunehmen! Wie ihr bin auch ich von Trauer überwältigt. Das Imperium weint über den Tod seines großen Herrschers. Aber«, und es folgt eine kleine, kunstvolle Pause, nach der die Stimme des jungen Herrschers deutlich ansteigt, »unser mächtiges Reich braucht einen Regenten! Die Götter sind meine Zeugen, es war der Wille meines göttlichen Vaters, dass ich dereinst seine Nachfolge antrete, und« – erneut tritt eine kunstvolle Pause ein – »euer Beifall zeigt mir, dass diese seine Wahl richtig war.«
    Plötzlich aufbrandender Jubel der Gardisten scheint seine Worte zu bestätigen. Nach einer Weile hebt Nero seine Arme wieder, und augenblicklich kehrt Ruhe ein.
    »Es ist wahr, ich bin noch jung und werde die Hilfe vieler brauchen. Auch eure Hilfe werde ich benötigen, und ich zähle auf meinetreuen Prätorianer, die schon so trefflich meinem Vater gedient haben.«
    Die Rede wird wiederum von gewaltigem Jubel unterbrochen, und es dauert eine Weile, bis Nero seine Ansprache fortsetzen kann.
    »Seht hier, euren Präfekten Afranius Burrus. Er wird mir zur Seite stehen und mit ihm ihr. Jeder Einzelne von euch. Ich brauche euch! Rom braucht euch!«
    Nero lässt sich den Beifall der Soldaten sichtlich gefallen.
    »Mein erster Besuch gilt euch, mein nächster den ehrwürdigen Vätern des Senats. Ich werde dafür eintreten, dass von heute an eine völlige Trennung zwischen Staat und Person durchgeführt wird. Als Bürger unter Bürgern will ich der erste unter ihnen sein, will Recht und Gesetz treu beachten

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