Agrippina - Kaiserin von Rom
Wald verschwand, »bringt euch über Vicus Altiaiensium auf kurzem Weg nach Mogontiacum . Das sind kaum mehr als vier Stunden Umweg.«
»Das werden wir heute aber nicht mehr schaffen«, entgegnete Valerius.
»Kein Problem, Tribun, es gibt auf der Straße ein einfaches kleines Gasthaus. Der Wirt ist ein Gallier namens Vindurix. Allzu viel Komfort dürft ihr allerdings nicht erwarten, und auf eure Sachen solltet ihr gut aufpassen, denn dem Wirt ist kaum zu trauen!«
Während der Mann mit dem schwarzen Mantel schweigend den Worten des Legionärs zugehört hatte, erhob der dicke Kaufmann lautes Geschrei: »Ich verliere einen ganzen Tag. Wer wird mir das bezahlen? Oh, ihr Götter, habt ihr denn kein Einsehen mit einem armen Kaufmann, der sechs Münder zu stopfen hat?«
Aber die Götter hatten kein Einsehen, und so mussten die Reisenden ihre Fahrt über eine holprige dunkle Nebenstraße fortsetzen. Der Nebel wurde dichter, und so schlich der Wagen zermürbend langsam über die enge Straße. Alle schienen erleichtert, als nach etwa zwei Stunden zwei trübe Laternen das ersehnte Gasthaus ankündigten.
Der junge Legionär hatte eher untertrieben. Was sich da aus der nebelverhangenen Dunkelheit herausschälte, war kaum mehr als eine zwielichtige Spelunke. Windschief baumelte ein uraltes Tabernenschild an einem rostigen Haken. Das Haus schien aus der Zeit der Feldzüge Cäsars zu stammen, war aber seitdem nicht wieder renoviert worden. Eine alte, zerbrochene Kupfertafel nannte die Preise:
Wein 1 As
Brot 1 / 2 As
Fleischbeilage 2 As
Heu für die Pferde 2 As.
Nachtquartier 3 As
Valerius, an den bescheidenen Luxus der Postunterkünfte gewohnt, seufzte. Es gab keine andere Wahl, bis zur nächsten Herberge würden sie es nicht schaffen. Und wer hätte sagen können, ob dieeinladender gewesen wäre? Zusammen mit dem schimpfenden Kaufmann betrat er den dunklen Schankraum, der nur von einigen Öllämpchen dürftig aufgehellt wurde. Das Mobiliar bestand aus mehreren grob behauenen Tischen und Stühlen. Über der Wirtstheke war ein riesiges, von Motten zerfressenes Bärenfell angebracht, an den Wänden hingen große alte Tonkrüge und ein paar veraltete Waffen. Eilfertig humpelte aus dem dunklen Hintergrund eine bucklige, schmutzige Gestalt hervor, die sich als Wirt vorstellte. Der Alte war in eine schmutziggraue Tunika gekleidet, zum Schutz vor der Kälte trug er ein Fuchsfell um den Hals.
»Herein Ihr edlen Herren, willkommen in meinem bescheidenen Gasthaus. Es soll euch an nichts fehlen, auch wenn Ihr sicher bessere Unterkünfte gewohnt seid ...« Der Versuch eines freundlichen Grinsens offenbarte einige wenige, schlechte Zähne, und ein fauliger Atem umwehte die Gäste. Der Blick des Alten fiel auf die Uniform des Offiziers, und seine Augen begannen zu glänzen.
»Ihr bringt den Glanz Cäsars in mein bescheidenes Haus. Vindurix wird sich bemühen, euch zufrieden zu stellen.«
Er wischte mit einem schmierigen Tuch über einen noch schmierigeren Tisch, und seine Augen fielen auf den hageren Reisebegleiter, der in diesem Augenblick den Raum betreten hatte. In devotem Tonfall fuhr er mit seinen Anpreisungen fort: »Was darf es sein? Ein gutes Mahl für verwöhnte Münder? Eine bequeme Unterkunft für die Nacht? Ein wohlfeiles Weib euch zu Gefallen? Es ist für alles gesorgt, und die Preise sind ihrer Leistung wert. Vernicia, schnell, zeig den Herrschaften ihre Zimmer! Euer Abendmahl wird in Kürze bereitet sein.«
Bevor die Gäste noch etwas sagen konnten, kam ein junges Mädchen mit schulterlangen, nussbraunen Haaren aus einem Nebenraum hervor und lud sich die wenigen Gepäckstücke auf ihre schmalen Schultern.
»Folgt mir bitte«, lächelte sie und deutete auf die zerbrechliche Holztreppe. Wortlos stiegen die Gäste mit dem Mädchen nach oben. Die Zimmer stellten sich als bessere Verschläge heraus mit einem winzigen Fenster zur Hofseite. Ein Holzgestell mit einer Strohmatte, die mit einer löchrigen grauen Decke bedeckt war, ein schmaler Tisch und ein wackliger Stuhl bildeten die Ausstattung.Ein Schlag auf das Stroh trieb Legionen von Flöhen und Wanzen aus ihren dunklen Verstecken.
Valerius nahm sich vor, lieber die Nacht auf dem rohen Holzboden zu verbringen. Immerhin hatte das Mädchen sofort eine Schüssel mit eiskaltem, frischem Wasser gebracht, und er konnte sich den Staub der Reise notdürftig abwaschen. Der Hunger trieb ihn schon bald in den Gastraum, wo der dicke Kaufmann sich schon lauthals über sein Zimmer
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