Agrippina - Kaiserin von Rom
es wenigstens noch Pluto und Proserpina, die Gesellschaft spenden mochten. Hier aber war alles still, dunkel, tot!
Ein Geräusch! Wie ein Riegel, der umgelegt wird. Für kurze Zeit fiel der Schimmer eines Lichts in den Raum. Ein hünenhafter Kerl stand im Raum, in der Hand eine Fackel, die tanzende Schatten auf die unverputzten Wände warf. Er grinste ihn aus schadhaften Zähnen höhnisch an..
»Aufgewacht, Tribun? Muss ja eine tolle Liebesnacht gewesen sein, oder?«
»Wer bist du? Wo bin ich? Was ... äh ... was habt ihr vor?«
»Der Reihe nach, Herrchen! Also ... man nennt mich Ursus, den Bären. Und wie du siehst, nich ohne Grund, hahaha!« Er lachte so dröhnend, dass es von den nackten Wänden widerhallte.
»Wo du bist? Immer noch auf dem Gut des Petrusius, nur ein Stockwerk tiefer. In diesem Keller hat man ganz früher Wein gelagert und später aufsässige Sklaven eingesperrt. Aber jetzt ist er leer. Hast ja alles ausgesoffen!« Wieder das dröhnende Lachen. Wenn Bären lachen können, lachen sie sicher so!
»Und was wir mit dir vorhaben? Nun, einstweilen wirst du hier bleiben, an diesem schönen Ort, verstanden? Sicher nich so gemütlich, wie es der feine Herr gewohnt ist, aber hab’ keine Angst nich, wir werden dich füttern und tränken wie unsere Pferde!« Das dröhnende Lachen ging unvermittelt in einen gewaltigen Hustenanfall über. Wie wild fingen die Lichter der Fackel an zu tanzen, bis der Bär sich wieder beruhigt hatte.
»Was wir dann mit dir machen werden, wird äh ... später entschieden, verstanden?«
»Ihr habt einen Tribun des Kaisers verschleppt. Darauf steht die Damnatio capitis – die Todesstrafe!«
»Ja, Herrchen, wenn man uns kriegt. Aber niemand wird uns nich kriegen und niemand wird dich finden!«
»Meine Leute werden mich hier suchen und finden!«
»Hahaha, das ist gut, wirklich gut. Sie waren schon hier, deine trefflichen Leute. Haben nach dir gefragt. Aber haben sie dich gefunden? Nein, haben sie nich! Sie haben diesen Kellerraum hier auch bei der ersten Hausdurchsuchung nich gefunden, denn der Eingang ist gut getarnt, sehr gut getarnt. Also versuch nich, zu schreien oder so was. Wenn du mir Ärger machst, hau ich dir eins aufs Maul, verstanden? Essen gibt’s in ‘ner Stunde, und bis dahin ist Ruhe, verstanden?«
Ursus drehte sich mit einem Knurren herum, öffnete die Tür und war verschwunden und mit ihm das Licht. Der Riegel wurde geräuschvoll wieder vorgeschoben.
Wieder Dunkelheit und Stille. Ein Ergastulum ! Blitzartig wurde es ihm klar. Er befand sich in einem der Arbeitsgefängnisse, die es auf großen Gütern wie diesem hier gab. Hier wurden unzuverlässige und fluchtverdächtige Sklaven eingesperrt und harrten der Gnade ihres Herrn. Valerius aber hatte keine Gnade zu erwarten, und er wusste das nur zu gut.
Es kam ihm wie Stunden vor, bis die Tür wieder geöffnet wurde. Ursus erschien, in der einen Hand die Fackel, in der anderen ein Tablett mit einem Krug, etwas Obst und Brot. Er hängte die Fackel in eine Vorrichtung an der Wand und löste behutsam die Handfesseln des Tribuns.
»Aber komm nich auf dumme Gedanken, Tribun! Die Füße bleiben erstmal gefesselt, und wenn du mich angreifen tust, gibt’s was auf die Birne, verstanden? So, jetzt iss!«
Der rasende Durst ließ ihm keine Wahl. Mit langsamen Schlucken trank er das frische Wasser, das kühlend seine ausgedörrte Kehle herunterlief. Auch Brot und Obst waren schnell verschlungen. Von Sättigung konnte allerdings keine Rede sein. Zu seiner Verwunderung löste Ursus jetzt auch seine Fußfesseln.
»Damit du pinkeln kannst«, sagte er grinsend und zeigte auf einen Bottich in der Ecke.
»Weglaufen kannste ja nich!«
Dann war Ursus wieder verschwunden.
Neugierig inspizierte Valerius sein Gefängnis, so gut es die Dunkelheit zuließ. Vier unverputzte Wände, eine Tür aus massivenEichenbohlen, ein Bottich für seine Bedürfnisse, das war alles. Frischluft kam offenbar durch einen unterirdischen schmalen Schacht, der an einer Wand heraustrat und so klein war, dass man nicht einmal eine Hand hineinstrecken konnte. An Flucht war nicht zu denken. Vielleicht gelang es ihm ja beim nächsten Mal, seinen Wächter zu übertölpeln? Denn bei aller Kraft, die die Götter dem Burschen mitgegeben hatten, hatten sie die Intelligenz vergessen. Valerius verspürte ein menschliches Bedürfnis und erleichterte sich in dem Bottich. Seine Uniform hatte man ihm gelassen, die Waffen natürlich abgenommen. Man würde sehen
Weitere Kostenlose Bücher