Agrippina - Kaiserin von Rom
glatt, »denn dann ...«
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und ein junger Legionär stürmte atemlos mit rotem Gesicht herein.
»Verzeiht, edle Herren, verzeiht!«
»Und?«, brummte der Legat unwillig.
»Das Feuer ... das Feuer hat soeben die Stadtmauer erreicht. Die Mauer auf dem Abschnitt zwischen hinterem und vorderem Südtor brennt!«
»Das müssen wir uns anschauen«, brummte der Legat und gab das Zeichen zum Aufbruch. Während die Männer den Raum verließen, hielt Gaius Volturcius Crassus den Tribun am Arm zurück.
»Auf ein Wort, Tribun!«
Sie ließen die anderen vorgehen und blieben ein Stück zurück. Valerius sah den Curator fragend an, obwohl er ahnte, was kommen würde. Volturcius blickte sich um und vergewisserte sich, dass sie keine unerwünschten Zuhörer hatten.
»Über diesem Feuer darfst du deinen Auftrag nicht vergessen!«
»Ich weiß, aber ...«
»Kein Aber! Es gibt Prioritäten. Das Feuer können auch die anderen löschen, schließlich sind inzwischen genug da. Du aber lösche das andere Feuer! Kläre endlich die Sache mit Gulvenius auf, und finde heraus, wer hinter dieser Schweinerei steckt!«
»Meine Männer werden nicht verstehen, wenn ich sie bei dieser Brandkatastrophe, die wohl die größte in der Geschichte unserer jungen Stadt ist, im Stich lasse.«
Volturcius zog die Augenbraue hoch. Das drückte höchste Missbilligung aus.
»Das ist ein Befehl! Niemand verlangt, dass du deine Leute im Stich lässt. Aber das eine tun heißt nicht, das andere zu lassen. Also, ich will Ergebnisse sehen, und zwar bald, sehr bald!«
XVII.
Feuertod!
Schwarze Rauchwolken liegen über der Stadt, turmhoch, drohend. Sie ziehen langsam nach Norden und haben den ganzen südlichen Teil der Stadt schon in Besitz genommen. Viele Bewohner dieses Bezirks haben in Panik ihre Häuser verlassen. Ihr Hab und Gut haben sie auf Karren verladen, und diese Karren verstopfen jetzt die Straßen. Bis zum Forum staut sich der Verkehr. Leute schreien durcheinander, Ochsen brüllen ängstlich, dazwischen wieseln Kinder auf der Suche nach ihren Eltern. Überforderte Legionäre versuchen, das Chaos zu entwirren, aber die Leute hören nicht auf sie. Wer Verwandte im Nordteil hat, versucht bei ihnen unterzukommen. Andere haben die Stadt schon verlassen, viele lagern auf dem Forum oder vor dem Prätorium in der trügerischen Hoffnung, dass der Sitz der Staatsgewalt ihnen Schutz vor den Flammen gewähren könne.
Aber die Panik ist unbegründet, das Feuer ist noch nicht in der Stadt! Zwar lecken die Flammen gierig an der neu erbauten, fest verfugten Stadtmauer, aber sie finden hier zu wenig Nahrung. Zwar wälzt sich der Qualm schon über die Mauern hinweg, aber das Bollwerk hält. Noch hält es! Alle Hilfskräfte sind an diesem Abschnitt der Mauer konzentriert. Wasser, zur Hälfte mit teurem Essig vermischt, wird in Kübeln herangeschleppt und von oben auf die züngelnden Flammen gegossen. Bald aber stellt sich heraus, dass dies eine ganz schlechte Empfehlung war. Der Essigzusatz fördert eher den Brand, als dass er ihn löscht. Eimerweise hat man Sand auf die vielen Brandherde gekippt, aber das scheint ihnen nichts auszumachen. Unter dem Sand züngelt es munter weiter.
Verzweiflung macht sich breit. Die Ersten geben schon ihr Vorhaben auf und versuchen lieber ihre Familie in Sicherheit zu bringen. Aber in die Stadt ist kein Durchkommen. Waffenstarrende Legionäre in voller Rüstung haben einen dichten Kordon vom Capitolium bis zu den Thermen gebildet und hindern die Menschenmit Schwertern und Lanzen daran, das Chaos in der Stadt zu vergrößern. In ihrer Not schlagen die Menschen mit Säcken, Decken, ja mit Kleidungsstücken auf die Flammen, um sie zu ersticken. Das scheint erste Erfolge zu bringen.
Am großen Südtor ist die Gefahr am größten. Das Holztor steht schon lichterloh in Flammen und mit ihm die Balken, die die Mauer stützen. Wenn das Tor erst gefallen ist, kann nichts mehr den Weg des Feuers aufhalten. Mitten unter den Männern mit rußgeschwärztem Gesicht, in vorderster Reihe, steht der kaiserliche Curator. Mit einer alten Pferdedecke schlägt Volturcius Crassus wieder und wieder auf die Flammen ein. Doch wenn er sie zur Linken gelöscht hat, lodern sie auf der rechten Seite wieder auf. Er ist umringt von schwitzenden und fluchenden Legionären, die es ihm gleichtun. Auch Freiwillige, Sklaven und Bürger kämpfen diesen Kampf. Unter ihnen auch ein kräftiger, schwarzgelockter Riese. Er hat
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