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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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sich seines Mantels entledigt und setzt den Kampf in einer leichten Tunica fort. Unter dem Gewand zeichnen sich kräftige Muskeln ab. Wie durch Zufall schiebt er sich immer näher an den Curator heran. Dann hat er ihn erreicht. Niemand bemerkt, wie er den Beamten leicht mit dem Arm anstößt. Verwundert blickt Volturcius Crassus auf.
    »Du?« Sein Gesicht verrät ungläubiges Staunen. »Was bei allen Göttern machst du hier? Ich dachte, du wärest in Rom?« Aber der Mann grinst nur und schlägt weiter mit einem alten Mantel auf die Flammen.
    Im gleichen Augenblick ein Schrei: »Vorsicht! Bei den Göttern! Das Tor stürzt ein!«
    Erschreckte Blicke fliegen zu dem Südtor. Die Flammen haben endlich das Holz zermürbt. Nicht nur das Tor, auch die Balken des Rahmens, die zugleich Stützbalken für den angrenzenden Mauerabschnitt sind, sind zerfressen und müssen jeden Augenblick einstürzen.
    »Bringt euch in Sicherheit!«
    Auf diesen Ruf hin stieben die Menschen auseinander. Aber nicht alle schaffen es, denn der Weg in die Stadt ist versperrt und hinter ihnen lodert die unbarmherzige Feuerwand. Im gleichen Augenblick stürzt das Tor mit höllischem Lärm ein, ein etwa zehnFuß langer Mauerabschnitt wankt. Gleich muss auch er einstürzen. Mit schreckgeweiteten Augen sucht Volturcius einen Ausweg und spürt im gleichen Augenblick, wie ihn eine kräftige Hand plötzlich unter die herabstürzenden Trümmerteile stößt.
    »Was ... ah ...!«
    ***
    Der Brand am Südtor ist schnell gelöscht. Hier löst die gepflasterte Straße den moorigen Boden ab, und die Flammen finden keine Nahrung mehr. Sofort beginnen die Aufräumungsarbeiten, denn unter den Trümmern liegen Menschen! Aber es geht langsam, denn die Steine sind heiß, und die Glut zwischen den Steinen schwelt noch. Dunkelheit legt sich gnädig über die Unglücksstätte. Erschöpfte Männer mit Fackeln stehen herum und beobachten die Arbeiten. Jetzt ziehen sie mit vereinten Kräften die schweren Balken aus der Glut, ein Ochsenfuhrwerk hilft dabei. Endlich stößt man zu den Menschen vor, die darunter begraben liegen. Es sind insgesamt acht Menschen – und sie sind alle tot! Drei Sklaven, zwei Freiwillige, zwei Legionäre – und der kaiserliche Curator. Der zerschmetterte, angekohlte Leichnam von Gaius Volturcius Crassus wird als Letzter geborgen. Bei der Bergung tut sich ein Mann besonders hervor: ein schwarzgelockter Bursche mit den Muskeln eines Gladiators. Niemand kennt ihn, niemand weiß, woher er kommt. Und niemand weiß nachher zu sagen, wohin er so plötzlich verschwunden ist!
    Als wäre dies der letzte Streich des Feuers gewesen, denn am nächsten Tage ist es gelöscht! Die Agrippinenser hat kalte Wut gepackt. Mit Steinen werfen sie auf die Flammen, schlagen sie wie wilde Tiere mit Stöcken und Prügeln. Schließlich reißen sie sich die Kleider vom Leib und werfen sie auf die Glut. Und das Wunder, nach dem sich alle gesehnt haben, geschieht! Merkwürdig genug, je gebrauchter und schmutziger die Kleidung ist, desto besser erstickt sie die Flammen. Aus der ganzen Stadt strömen die erleichterten Menschen herbei und beobachten das letzte Auflodern der sterbenden Flammen. Gegen Ende der zehnten Stunde ist die letzte Flammeverlöscht, nicht nur an der Stadtmauer, sondern im ganzen Gebiet. In hellen Scharen eilen die Männer und Frauen in die Tempel und opfern ihren vergessenen Göttern. Auf dem Forum wird getanzt und gelacht wie lange nicht mehr, die Wirte der Kneipen kommen gar nicht mehr nach, so viel und so schnell bestellen die Gäste.
    Die Agrippinenser sind ein leichtblütiges Volk. Kaum der Katastrophe entgangen, denken sie schon an das nächste Fest. Morgen wird das Fest der Isis gefeiert. Diese Göttin, eigentlich am Ufer des fernen Nils beheimatet, hat ihre Anhänger und Tempel im ganzen Imperium. Und auch wenn man ihr nicht huldigt, so hält das kaum einen unter den Agrippinensern davon ab mitzufeiern
    Ubi celebratur, ibi in medio sumus – Wo gefeiert wird, da sind wir mittendrin dabei, das ist ein beliebter Wahlspruch hier am Rhein. Aber – mahnen besorgte Stimmen – man wird sich den Tag teilen müssen, denn morgen wird nicht nur der glänzende Iris-Umzug stattfinden, morgen wird man auch für eine würdige Bestattung des Curators sorgen.
    Aber der Tag ist lang. Wer morgens trauert, wird nachmittags doch lachen dürfen! Und so freuen sich die Menschen auf den morgigen Tag. Zwei Feiern wird es geben, und wie man die Agrippinenser kennt, werden sie

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