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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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unmittelbar neben sich platziert, was einen vollkommenen Überblick über die ausgelassene Tafelrunde ermöglichte. Hinter der Augusta stand ihre Leibsklavin Acerronia mit wachem Blick. Sie ließ die Herrin keinen Augenblick aus den Augen, so hatte es Crepereius befohlen.
    Neben dem Kaiser lag Poppaea Sabina, vom Wein schon erhitzt, in einem wenig züchtigen Gewand. Sie sprach dem Wein heftig zu und flüsterte Nero dauernd irgendetwas ins Ohr, was diesen immer wieder zu heftigen Lachanfällen zwang. Ihnen zur Seite lagen Seneca und Burrus, beide sparsame Esser und Trinker, die ständig in sehr ernste Gespräche vertieft zu sein schienen. Daneben Anicetus und Tigellinus, beide mit ihren Frauen. Tigellinus putzte regelmäßig seinen Teller mit Brot ab und schaute gierig auf den Teller seiner Frau, ob da etwas übrig bliebe, was er noch vereinnahmenkönnte. Anicetus hingegen aß wenig, trank aber umso mehr, dennoch nicht so viel, dass er die Kontrolle verlieren könnte. Auf den übrigen Clinen lagen die weiteren Gäste, sämtlich Mitglieder der feinsten Gesellschaft, jedenfalls so weit sie das Glück hatten, zufällig in Baiae zu weilen. Was würden sich die anderen, die noch in Rom waren, ärgern, dieses Fest verpasst zu haben!
    Am Ende des Tisches hatte man einen Platz für Crepereius Gallus gefunden, den Freigelassenen und engsten Vertrauten der Augusta . Er aß so gut wie nichts, trank nur Wasser und beobachtete das ganze Geschehen mit wachen Augen. Das Misstrauen war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Auch die zahlreichen Darbietungen, die der Cäsar sich zur Unterhaltung seiner Gäste hatte einfallen lassen, konnten ihn nicht amüsieren. Nicht die gadetanischen Tänzerinnen in den hauchdünnen Gewändern aus koischer Seide, nicht die phrygischen Musikanten mit ihren Schellen, Citharen und Trommeln, nicht die afrikanischen Feuerschlucker, auch nicht die Zwerge, die in bunter Tracht übereinander stolperten und die angeheiterten Gäste zu Beifallsstürmen animierten. Selbst Euphlemios, der lustige einbeinige Dichter, den Nero kurzzeitig zu seinem Lieblingspoeten auserkoren zu haben schien, konnte Crepereius nicht von seinem Verdacht ablenken. Und während die Mutter in aufgeräumter Freude mit ihrem kaiserlichen Sohne parlierte und sich ungeahnte Herzlichkeit beider bemächtigte, warf der Freigelassene besorgte Blicke nach links und nach rechts und konnte doch nichts entdecken, was seinen Verdacht hätte nähren können.
    ***
    Mitternacht ist längst vorbei, und die Clepsydra , die prachtvolle Wasseruhr im Speisezimmer, hat die Gäste schon vor Stunden mit blechernem Klang auf die Vergänglichkeit des Tages hingewiesen, als man zum Aufbruch sich entschließt. Dennoch recht früh für ein römisches Gastmahl, aber die Kaiserinmutter hat ja noch einen Heimweg vor sich. Der Kaiser lässt es sich nicht nehmen, die Mutter eigenhändig zum Hafen zu begleiten, und sämtliche Gästefolgen in fröhlicher Prozession. Nur Poppaea beklagt Kopfschmerz und bedauert, nicht mitkommen zu können. Umso besser, denkt Agrippina und ergreift fest die Hand ihres Sohnes.
    Eine sternhelle Nacht, die weit auf das unbewegte Meer hinausschauen lässt, haben die Götter gesandt, als wollten sie die kommende Untat der Welt enthüllen. Da kommen dem Festzug schon Sklaven und Arbeiter entgegen und klagen, dass das Schiff der edlen Augusta bei der Einfahrt in den Hafen eine kleine Havarie gehabt haben müsse. Jedenfalls sei es seeuntüchtig und viel zu gefährlich für die Heimfahrt. Schließlich dürfe die Kaiserinmutter keiner Gefahr ausgesetzt werden ... Als Einziger scheint Crepereius Gallus die drohende Gefahr zu spüren. Aufgeregt redet er auf Agrippina ein, aber Nero stößt ihn beiseite und zieht die Mutter fort.
    »Schau, Mutter!«, ruft Nero aufgeregt und zeigt auf das prachtvolle kleine Schiff, das da am Kai dümpelt. Mit Blumen und Girlanden geschmückt, die Holzteile mit Gold verziert, das Schiff einer Göttin!
    »Mein Geschenk zum Abschied!« (Wie wahr!)
    Eine kleine Trireme, eine Galeere mit drei Ruderreihen, schmiegt sich in die sanften Wellen des Hafenbeckens. Es trägt an seiner Standarte das Wappen der Augusta. Während Agrippina noch begeistert in die Hände klatscht, spürt ihr Vertrauter, dass das Wort Abschied wohl allzu wörtlich zu nehmen ist. Aber Agrippina wischt den Versuch eines Einwandes mit barschen Worten beiseite. Herzlich umarmen sich Sohn und Mutter. Dann besteigt Agrippina das Schiff. Nero aber bleibt

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