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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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und er begann, sich heftig an seiner Stirnwunde zu kratzen, ein Zeichen höchster Erregung.
    »Treib nicht deinen Spott mit mir, Maternus. Sag mir nicht, dass sie lebt. Ich selbst habe sie gestern zu Grabe getragen, und du, du warst dabei, nicht wahr?«
    »Natürlich haben wir sie zu Grabe getragen, und dennoch lebt sie.«
    »Und wieso kann ich sie dann nicht sehen? Warum ist sie nicht hier? Wie soll ich das Titus erklären, der dauernd nach ihr fragt?«
    »Titus wird es noch nicht verstehen, aber du kannst es verstehen, wenn du in deinem Herz bereit dafür bist.«
    Valerius antwortete nichts, und Maternus fuhr mit leiser Stimme fort: »Die Menschen leben hier auf der Erde, die Toten aber sind bei Gott, es fehlt ihnen an nichts, sie leben in himmlischer Freude, wie die Engel.«
    »Engel?«
    »Später, aber lass dir sagen, Dirana lebt. Jesus Christus hat es uns gesagt, und ich glaube mit jeder Faser meines Herzens daran.«
    »Was hat er gesagt, dein Jesus Christus?«
    » Wer an mich glaubt, der wird leben in Ewigkeit! Und er ist nicht mein Jesus Christus, sondern der Erlöser all derer, die bereit für ihn sind.«
    »Leben, aber wo? Und wie? Warum kann ich sie nicht sehen?«
    Im gleichen Augenblick kündigten leise Schritte die Rückkehr der Hausherrin an.
    »Verzeih, edler Maternus, wenn ich störe, aber Eucharios ist an der Pforte und möchte dich dringend sprechen.«
    »Danke, Flavia.« Und zu Valerius gewandt sagte er: »Du hörst, die Gemeinde sucht ihren Hirten. Ich muss dich verlassen, aber wir werden unser Gespräch fortsetzen. Zuvor aber möchte ich dich einladen.«
    »Einladen. Wie meinst ...«
    »Zu einer unserer Versammlungen. Du wirst unseren Glauben nicht besser kennen lernen, wenn du es willst, als wenn du unsere Versammlungen besuchst. Nur musst du dich gut tarnen, sonst werden deine eigenen Leute dich auf ihre Listen schreiben. Sie führen nämlich eifrig Buch über unsere Versammlungen und deren Besucher.«
    Er wandte sich schon zum Gehen, doch kam er zurück und griff in die Tasche seiner Tunica. Er holte eine alte, verschlissene Schriftrolle hervor und entrollte sie, bis er die Stelle, die er suchte, gefunden hatte. Seine Miene hellte sich auf, und er drückte die Rolle Valerius in die Hand.
    »Lies das, lieber Freund, ich weiß dich des Griechischen mächtig. Aber hüte die Rolle wie einen Schatz. Petrus selbst hat sie mir gegeben, es ist ein Original, keine der vielen Abschriften.« Und schon war er davongeeilt.
    Verwundert betrachtete Valerius das Schriftstück in seiner Hand. Es war alt, an manchen Stellen kaum noch lesbar, so oft musste es von Hand zu Hand gewandert sein. Mancher Leser hatte es mit unleserlichen Randbemerkungen verziert, an der unteren Ecke fehlte ein Stück. Aber die Stelle, die Valerius ihm gewiesen hatte, war deutlich lesbar. Und Valerius las:

    Und es kamen einige Sadducaeer zu ihm, die behaupteten, es
    gebe keine Auferstehung, und sie legten ihm diese Frage vor:
    »Meister, Moses hat uns vorgeschrieben: Wenn jemandes Bruder
    stirbt und eine Frau hinterlässt, aber keine Kinder, so soll der
    Bruder die Frau zur Ehe nehmen und seinem Bruder Nachkommen
    erwecken. Da waren nun sieben Brüder. Der erste nahm eine
    Frau und starb kinderlos. Da nahm sie der zweite zur Frau, starb
    aber ebenfalls kinderlos, dann der dritte und so schließlich alle
    sieben. Sie starben alle, ohne Kinder zu hinterlassen. Zuletzt
    starb auch die Frau. Wem von ihnen wird sie nun bei der Auferstehung
    angehören? Alle sieben haben sie ja zur Frau gehabt.«

    Auferstehung? Dieses Wort kam Valerius völlig fremd vor. Zugleich spürte er etwas von der Brisanz, die in dieser Frage lag. Er war gespannt, wie sich der »Meister« wohl aus der Affäre ziehen würde.

    Jesus aber antwortete ihnen: »Die Kinder dieser Welt nehmen
    zur Ehe und werden zur Ehe genommen. Die aber für würdig
    befunden werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den
    Toten teilzunehmen, nehmen nicht mehr zur Ehe und werden
    nicht mehr zur Ehe genommen. Sie können dann auch nicht mehr
    sterben. Sie sind den Engeln gleich und Kinder Gottes, da sie
    Kinder der Auferstehung sind. Dass aber die Toten auferstehen,
    hat schon Moses angedeutet an der Stelle vom Dornbusch, wo er
    den Herrn den Gott Abrahams, Isaaks und Jacobs nennt. Er ist
    doch kein Gott der Toten, sondern der Lebenden ...«

    Valerius schwirrte der Kopf. Moses, Abraham, Isaak, Jacob, bei allen Göttern, was waren das für Leute? Und doch. Er ist ein Gott der

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