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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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düsterer Miene im Atrium .
    »Was ist passiert? Geht es um Dirana?«
    Subrius Caesonius nickte erschüttert, Verzweiflung stand in seinem Gesicht.
    »Ist sie ... ich meine ... ist sie ...?« Er brachte den Satz nicht zu Ende. Irgendetwas in ihm warnte ihn, dass er eine furchtbare Antwort bekommen könnte.
    Stumm ergriff Caesonius seinen Arm und führte ihn in den ersten Stockwerk. Jammern und Wehgeschrei tönten bereits durch das reich verzierte Treppenhaus. Mit einem Ruck machte sich Valerius los und stürmte die wenigen Stufen hinauf. Der Raum, aus dem das Jammern kam, war leicht auszumachen. Doch zunächst konnte Valerius gar nichts sehen, denn mehrere Menschen, die um das Bett herumstanden, versperrten ihm den Blick. Als sie ihn bemerkten, machten sie lautlos Platz und zogen sich zurück. Auch das Wehgeschrei endete abrupt.
    Dirana lag auf ihrem Bett, geschmückt mit einer blütenweißen Toga , das schöne Gesicht so bleich wie das Gewand. Mit Winterblumen hatte man ihr Gesicht umrahmt. So wie sie da lag, sah sie aus, als ob sie träumte, die vollen Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen. Vorsichtig setzte sich Valerius auf den Rand des Bettes, vorsichtig, als könne er die Schlafende wecken. Aber Dirana schlief nicht.
    Die eiskalte Hand, die Valerius zwischen seinen Fingern spürte, zeigte, dass sie schon seit mindestens zwei Stunden tot sein musste. Schmerzbewegt drehte sich Valerius herum. Wie durch einen Schleier nahm er die Umstehenden wahr: Sempronia, die stillbewegte Frau des Hausherrn, Antonia, schluchzend und aufgelöst, die Freundin der Verstorbenen, Maternus, der gramgebeugt in der Ecke stand und Gebetsverse murmelte, Peliodoros, der ratlose Arzt,dessen Miene Verzweiflung ausdrückte, weil er nicht hatte helfen können, und Gaius Tullius Eximius, Valerius’ hünenhafter Freund. Die schmutzige Reisekleidung zeigte an, dass er gerade erst von seiner Abordnung zurückgekommen war, an seinen Sandalen klebte noch der Lehm der Landstraße. Sie alle starrten ihn schweigend an, unfähig, ein Wort zu sagen.
    Gaius löste die Erstarrung als Erster. Schweigend, mit Tränen in den Augen, setzte er sich neben den Freund und umarmte ihn mit festem Druck. Als sie sich voneinander gelöst hatten, fragte Valerius mit erstickter Stimme: »Wann? Wann ist sie gestorben? Wann und woran? Woran bei allen Göttern? Es ... es ging ihr doch so gut!«
    Subrius Caesonius schluckte, um dann mit brüchiger Stimme zu antworten: »Heute Morgen ging es ihr auf einmal schlechter. Schon seit zwei Tagen hatte sie ein unerklärliches Fieber, aber plötzlich stieg es immer mehr. Wir haben alles getan, aber es wollte nicht sinken. Natürlich haben wir Peliodoros sofort gerufen, aber auch er konnte nicht helfen!«
    Fragend blickte Valerius den Arzt an, immer noch umklammerte er die kalte Hand Diranas. Peliodoros räusperte sich vernehmlich.
    »Ja, Tribun, wir haben alles getan. Ich habe sie zur Ader gelassen, habe fiebersenkende Säfte vom Saft der Birkenrinde verabreicht – nichts half. Es ist mir völlig unerklärlich, woher das plötzliche Fieber kam. So einen Fall habe ich noch nie erlebt! Die Wunde ist sauber und rein, fast verheilt. Nichts sondert sie ab, was auf eine Entzündung schließen lässt. Es ist mir ein Rätsel ... ein absolutes Rätsel! Wollte man die Ursache ihres Todes genau wissen, müsste ich ... müsste ich ihren Leib öffnen. Häufig kann man aus den Organen ...«
    »Nein!«
    Valerius’ Schrei hallte durch den Raum und brach sich an den freskengeschmückten Wänden. »Du wirst sie nicht aufschneiden wie ein Opfertier. Niemals!«
    Die Vorstellung, Peliodoros könne den makellosen Leib Diranas aufschneiden, gar die Organe entnehmen und einer wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen, erfüllte Valerius mit unsäglichem Grauen.
    »Dann werden wir die Todesursache nie herausfinden«, murmelte Peliodoros und zog sich zurück. Valerius erhob sich und ging mit geballten Fäusten auf und ab. Mit einem Mal drehte er sich herum und rief schmerzerfüllt: »Lasst mich allein. Lasst mich alle allein mit ... mit ihr!« Schweigend verließen alle den Raum.

XXV.
Das Drama von Baiae – Das zweite Attentat
    19. März 59 n.Chr.
    An der schönsten Stelle der Bucht von Neapel liegt Baiae , der prunkvolle Bade- und Kurort, berühmt durch seine verschwenderische Anzahl von Thermen und die heißen, schwefelhaltigen Quellen, mit denen eine Gunst der Natur den Ort ausgestattet hat. Im Sommer exklusives Seebad, im Winter Mittelpunkt

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