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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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zurück, mit unbewegter Miene starrt er auf das Meer.
    Zusammen mit Acerronia begibt sich Agrippina unter den prunkvollen Baldachin aus meerblauem Samt, der im hinteren Teil des Schiffes zum Schutz der Reisenden vor dem sprühenden Wasser aufgestellt wurde. Erleichtert sinkt Agrippina in das mit Kissen weich ausgelegte Sofa und lässt ihren Gedanken freien Lauf. Wie schön ist es doch, sich wieder mit dem Sohn versöhnt zu haben! Sie ist wieder die Augusta ! Und niemals wieder wird sie sich diesen Rang nehmen lassen.
    Acerronia steht hinter ihr. Sie beugt sich über die hohe Lehne des Sofas und massiert mit sanften Griffen den strapazierten Nacken.Währenddessen steht Crepereius wachsam neben dem Steuermann und beobachtet argwöhnisch das Geschehen. Er findet es merkwürdig, dass der größte Teil der Mannschaft im vorderen Teil des Schiffes versammelt ist. Fast sieht es so aus, als drängten sie dort um einen unsichtbaren Mittelpunkt. Vielleicht hat er sich aber doch geirrt? Aber noch sind sie nicht zu Hause. Erst wenn sie dort wieder sicher angekommen sind, will er ...
    Ein plötzliches Knirschen und Knarren lässt ihn herumfahren. Mit berstendem Krach stürzt das mit Blei beschwerte Dach des Baldachins herunter, eine Wolke von Staub und Dreck hinterlassend. Bretter springen aus ihrer Halterung, Metallteile fliegen spitz wie Pfeilspitzen über das Deck. Gläser, Schalen und Gefäße zersplittern mit mächtigem Getöse. Crepereius will den Mund noch zum Warnschrei öffnen, doch zu spät. Er wird von dem eisernen Mittelträger getroffen und ist auf der Stelle tot! Aus schreckgeweiteten Augen blickt Agrippina auf den Toten. Die hohe Lehne des Sofas hat sie und ihre Sklavin einstweilen gerettet, nur eine leichte Schulterwunde hat sie sich zugezogen. Gleichzeitig geht ein Ächzen und Knirschen durch den ganzen Rumpf, als wolle das Schiff auseinander brechen. Doch der Rumpf bricht nicht! Wie wird Anicetus das erneute Versagen seiner Konstruktion dem Kaiser erklären können?
    Auf dem kleinen Schiff herrscht völliges Chaos. Jetzt rächt sich, dass nur ein Teil der Mannschaft in das unsägliche Vorhaben eingeweiht war. Der eingeweihte Teil versucht nun, das zu erledigen, was die Konstruktion des Anicetus zu tun nicht in der Lage war. Aber die Versuche, das Schiff doch noch zum Kentern zu bringen, stoßen auf den entschiedenen Widerstand der anderen, die sich selbst in Lebensgefahr wähnen. Es kommt zu wildem Geschrei und wüstem Kampf. Einigen der Ruderer, die sämtlich eingeweiht waren, gelingt es, die Ventile unter Deck zu öffnen, die dem Wasser seine Bahn ebnen sollen. Schnell steigt der Wasserpegel, und langsam, aber sicher legt sich das Schiff auf die Seite. Agrippina, die bisher atemlos und entsetzt dem ganzen Treiben zugesehen hat, entschließt sich zu handeln. Immer noch ahnt die Arglose nicht, dass es der Wille ihres Sohnes ist, der sie dieser tödlichen Gefahr ausgesetzt hat. Sie schiebt es auf eine böse Laune der Natur oder den Zorn Neptuns.
    »Komm!«, raunt sie Acerronia ins Ohr, und Sekunden später gleiten die beiden Frauen unbemerkt in das kühle Wasser der misenischen Bucht. Schiffstrümmer, Balken und Planken bedecken die Wasseroberfläche und bieten ihnen ersten Halt. Die Augusta ist eine ausgezeichnete Schwimmerin, Acerronia hingegen ist dieser seltenen Kunst völlig unkundig. Bald schon trennen sie die Wellen, und so sieht Agrippina gerade noch, wie sich ihre Sklavin mit letzter Kraft einem Boot nähert, das inzwischen von den Seeleuten zu Wasser gelassen wurde.
    »Rettet mich! Ich bin Agrippina, die Mutter des Kaisers!«, schreit Acerronia in größter Not und von entsetzlichem Grauen gepackt muss Agrippina mit ansehen, wie die Männer angesichts dieses Hilfeschreis mit ihren Rudern und Stöcken auf die Wehrlose einschlagen. Sie schlagen so lange auf sie ein, bis die Rufe verstummen und die Sklavin blutüberströmt untergeht.
    Da, da erst dämmert es Agrippina, dass dies ein Anschlag war, der ihr gegolten hat. Und die eiskalte Faust, die sich um ihr Herz zu schließen scheint, gilt nicht der Gefahr, der sie erst einmal entronnen ist, sondern dem unzweifelhaften Urheber der schrecklichen Tat. Auf einem Balken lässt sie sich forttreiben, fort von diesem Ort einer schrecklichen Bluttat. Wenig später stößt sie auf ein Fischerboot. Der bärtige Mann nimmt sie auf, ohne lästige Fragen zu stellen, und bringt sie sicher an Land.

XXVI.
... der wird leben in Ewigkeit!
    Gleißendes Sonnenlicht lag über

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