Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
Vom Netzwerk:
ein altes Oppidum der Ubier, weshalb die Germanen die Stadt immer noch Ara Ubiorum nennen. Warst du schon an ihrem Nationalheiligtum?«
    Valerius musste verneinen.
    »Musst du unbedingt nachholen. Es ist die zentrale Kultstätte der Provinz und dient der Verherrlichung Roms und unseres Kaisers. Ein prächtiges Monument! Der große Augustus persönlich soll sie vor etwa siebzig Jahren eingeweiht haben. Jedenfalls erhielt die Siedlung auf Betreiben unserer verehrten Augusta als erste Siedlung im germanisch-gallischen Raum die italischen Stadtrechte. Das bedeutet Steuerfreiheit und Gleichstellung mit den italischen Städten – aber das muss ich dir ja nicht erzählen.«
    »Liegen noch reguläre Truppen hier?«, unterbrach Valerius den Redefluss des jungen Unteroffiziers.
    »Nein, nur noch Veteranen und ubische Auxiliartruppen, aber das reicht.« Flavius lachte und seine gepflegten Zähne blitzten.
    »Die Stadt ist gut befestigt, wie du siehst.« Er wies mit der ausgestreckten Hand auf die massiven Mauern, die sich rechts und links vom Westtor erstreckten.
    »Die Stadtmauer ist fast fertig gestellt, an einigen Stellen wird noch gearbeitet. Acht Fuß dick und fünfundzwanzig Fuß hoch! Sie hat vier große Ausfalltore und sechs kleinere Pforten, alle gut bewacht, deshalb brauchen wir hier auch weder Wall noch Graben. Außerdem stehen unsere Wachen auf sechzehn Mauertürmen, der größte ist ›der Turm‹ auf dem nordwestlichen Eckpunkt. Ein wahres Meisterwerk, mit Mosaiken und Ornamenten geschmückt, damit die Barbaren sehen können, wozu römische Baukunst in der Lage ist.«
    Valerius musste über den Stolz, mit dem der junge Mann die Wehranlagen beschrieb, schmunzeln. Hier liebte offenbar jemand»seine Stadt«. Doch sein Reiseführer sprudelte bereits weiter: »Wir haben hier alles, was ihr in Rom habt, nur etwas kleiner.«
    »Tatsächlich?«, gab sich Valerius erstaunt.
    »Thermen, Forum und Prätorium, Capitolium und Tempel. Viele Tempel! Jupiter, Minerva und Juno haben ihre Sitze in unserem Capitol, dazu haben wir einen Tempel für Mars, einen für Jupiter Dolichenus, einen für Merkur, einen für Diana, und wer Mithras anbetet, findet einen kleinen Tempel vor der Stadtmauer. Nicht zu vergessen die einheimischen Gottheiten wie Epona, Esus oder die Matronen, deren Altäre und Weihesteine du an jeder Ecke findest. Und selbst wer sich nach Isis oder Osiris, der ägyptischen Serapis oder der orientalischen Cybele sehnt, geht nicht leer aus. Nur den barbarischen Menschenopfern der Druiden haben wir ein Ende gemacht.« Er holte kurz Atem. »Ein Amphitheater ist in Planung, und unser Wasser werden wir demnächst aus der Silva Ardennium beziehen, der Prätor treibt den Bau der Wasserleitung mit Hochdruck voran. Was willst du mehr? Alles wie in Rom, nur etwas kleiner.«
    »Und wie viele Einwohner zählt die Stadt?«, wollte Valerius wissen.
    »Nach den letzten Schätzungen dürften wir auf die dreißigtausend zugehen. Veteranen aus allen Teilen des Reiches, aus Hispania, Gallia, Africa, Graecia, selbst aus Britannia , haben sich hier niedergelassen. Dazu Ubier und Tencterer, ein paar versprengte Sugambrer oder Cherusker, nimm noch ein paar überlebende Eburonen und Treverer, und du hast sie, die Agrippinenser! Ein buntes Gemisch, lustig und friedfertig.«
    Sie waren inzwischen in eine kleine Seitengasse eingebogen. Der Centurio deutete auf ein Haus, dessen Erdgeschoss aus Ziegeln bestand, die weiteren Stockwerke waren aus Holz gefertigt. »So, nun muss ich dich verlassen. Hier wohnt meine Artesia. Vale, Tribun.« Winkend betrat Flavius Spurinus das Haus.
    Valerius blickte sich um. Das Haus, vor dem er stand, pries Meister Vindex und seine ausgezeichneten Töpferwaren. Ganz in der Nähe musste Lucius Poblicius gewohnt haben, der nächste Name auf der Liste der Mordopfer. Der Tribun trat auf eine alte Frau zu, die, mühsam auf einen Stock gestützt, vorüberging.
    »Kennst du das Haus des Lucius Poblicius?«, sprach er sie freundlich an.
    »Lucius Poblicius? Bei den Göttern, der ist doch tot. Was willst du von ihm?«
    »Ich war ein guter Freund von ihm und wollte seiner Frau meine Aufwartung machen.«
    »Dort um die Ecke rechts, dann nur ein paar Schritte geradeaus. Es ist das dritte Haus auf der rechten Seite.« Vor sich hin murmelnd humpelte die Alte weiter.

XI.
Der Schwur des Maternus
    »Was wünschst du?«, fragte der Ostiarius unwirsch.
    »Ich möchte die Witwe des edlen Lucius Poblicius sprechen.«
    »Und

Weitere Kostenlose Bücher