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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Witwe durch den geöffneten Türspalt.
    »Du, Tribun? Hast du noch etwas vergessen?«
    »Kann ich hereinkommen?«, fragte Valerius ungehalten.
    »Aber wir haben ...«
    Ohne eine weitere Antwort abzuwarten drückte Valerius die Tür auf und betrat den Laden.
    »So geht das nicht!« Die Augen der jungen Frau funkelten zornig. »Du kannst dir hier nicht gewaltsam Eintritt verschaffen. Ich werde das dem Aedil melden.«
    »Melde es dem Aedil oder wem immer du willst. Du hast mich belogen!«
    »Belogen? Wieso belogen?«
    Ein Schatten der Unsicherheit flog über das hübsche Gesicht, und Valerius bemerkte, dass sich ihre Hände zu verkrampfen begannen.
    »Maternus! Er ist hier! Ich will ihn sehen. Jetzt sofort!« Die Stimme des Tribuns duldete keinen Widerspruch, und die charmante Witwe erblasste merklich.
    »Maternus? Aber wie kommst du auf die ...?«
    »Ich weiß, dass er sich hier aufhält, das genügt. Und jetzt hol ihn her. Oder muss ich das Haus erst von Soldaten durchsuchen lassen?«
    »Das ist nicht nötig!«, rief eine Stimme, und im nächsten Moment trat ein ganz in eine weiße Tunika gehüllter Mann aus einem Nebenraum.
    »Ich bin der, den du suchst. Mein Name ist Martialis Maternus!«
    Neugierig betrachtete Valerius die hohe, schlanke Gestalt. Er war größer noch als der Tribun, das Gesicht trug feine, ehrwürdige Züge, umrahmt von langen, weißen Haaren. Das Alter des Mannes ließ sich kaum schätzen, vielleicht war er etwa sechzig.
    »Du musst verzeihen, dass Julia die Unwahrheit gesagt hat, sie tat es, um mich zu schützen. Aber man kann sich nicht immer verstecken, und so bin ich nun hier und stehe dir zur Verfügung.«
    »Erzähle, wer du bist, Maternus, aber sprich die Wahrheit. Lügen habe ich heute schon genug gehört. Wie du weißt, habe ichden amtlichen Auftrag, die Mordserie in dieser Stadt zu untersuchen. Du scheinst mir zur Aufklärung beitragen zu können.«
    Sie setzten sich an den Tisch. Während die junge Frau mit sorgenvoller Miene Obst, Gebäck und Mulsum auftrug, begann der Alte mit leiser Stimme zu sprechen.
    »Wie du wahrscheinlich erfahren hast, habe ich die Ehre, zusammen mit Eucharius und Valerius der kleinen hiesigen Gemeinde vorzustehen, die sich um unseren Herrn Jesus Christus versammelt hat. Petrus selbst, der den Herrn gekannt und als sein Jünger begleitet hat, wählte mich in Rom zusammen mit meinen beiden Gefährten aus, um den Menschen in diesem Lande die frohe Botschaft vom Leben und Tod unseres Herrn zu bringen. Landauf, landab habe ich, so gut ich konnte, meine Aufgabe erfüllt und den Germanen gepredigt. Ich habe ihre heidnischen Götzenaltäre zerstört, wo ich konnte, oft unter Lebensgefahr. In Argentoratus schließlich habe ich dafür mit meinem Leben bezahlt.«
    »Du hast waaas?« Empört sprang Valerius auf und stieß dabei den Becher mit Honigwein um, den Julia vor ihn gestellt hatte.
    »Keine Lügen, keine Märchen! Die Wahrheit sollst du sprechen!«
    Während Julia mit erschrockenem Blick den Tisch säuberte, lächelte Maternus den erregten Römer gütig an.
    »Ich weiß, wie unglaublich es klingt. Aber der Herr ist mein Zeuge, es ist die Wahrheit. Vierzig Tage lang habe ich im feuchten Grabe gelegen, bis mich meine Gefährten mit dem Stab des Petrus zum Leben erweckten.« Die Stimme des Alten geriet ins Stocken, und Tränen flossen ihm angesichts der Erinnerung an das unfassbare Geschehen über die mageren Wangen. Atemlos hatte Valerius den Worten des Mannes gelauscht. Trug oder Wahrheit, er war hin- und hergerissen. Konnte man sich solch eine absurde Geschichte überhaupt ausdenken? Scharf fixierte er die Augen des Mannes. Konnten diese gütigen Augen lügen?
    Aber schon fuhr Maternus fort. »Die Haare sind mir darüber weiß geworden. Schau in das Gesicht eines Greises, der kaum mehr als vierzig Jahre ist. Nach meiner zweiten Geburt – so nenne ich jene göttliche Fügung – bin ich mit meinen Gefährten nach Augusta Treverorum gereist und habe meine Arbeit fortgesetzt. Aber in dieser Stadt mit ihren zahllosen Götzentempeln wurde unsereBotschaft nicht angenommen. So wandte ich mich nach Norden und gelangte zusammen mit Eucharius hierher, wo wir fruchtbareren Boden für unseren Glauben fanden. So, jetzt weißt du alles, was du wissen musst.«
    Jetzt ergriff Julia, die bisher geschwiegen hatte, das Wort. »Wir alle hier danken unserem Herrn, dass er dich zu uns gesandt hat. Ohne dich und deine Gefährten hätten wir nie die frohe Botschaft von der Auferstehung

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