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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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wieder gekommen, um mich in den finsteren Mamertinum zu sperren?«
    Die Alte war unlängst unter der Anklage der Giftmischerei verhaftet und in den Kerker geworfen worden – gab es doch schon seit den Tagen des Diktators Sulla die Lex Cornelia de sicariis et veneficiis , ein Gesetz gegen Meuchelmord und Giftmischerei, das die Herstellung und Aufbewahrung, erst recht die Anwendung von Giften mit Deportation bestrafte. Aber das Verfahren gegen die todbringende Hexe hatte zur Überraschung aller mit der Freilassung geendet. Wen man noch braucht, den tötet man nicht ... Im Gegenteil: Seitdem führt sie den inoffiziellen Titel Instrumentum regni – Werkzeug des Reiches. Ein Titel, der vor Verfolgung schützt.
    »Bei den Göttern, wo denkst du hin?«
    »So benötigen die Herren also wieder einmal meine Dienste. Was soll es denn diesmal sein? Ist ein Liebestrank vonnöten für ein feuriges Weib, das den Falschen liebt? Oder ist dir einer in die Quere gekommen, der seinen Hochmut mit dem Leben büßen soll?Oder ist auf dem hochherrschaftlichen Palatin jemand erkrankt, der der Heilung bedarf ? Locusta steht immer zu Diensten. Wenn der Lohn stimmt, werden alle deine Wünsche erfüllt. Und noch nie wurde einer von meiner Kunst enttäuscht. Ich bin nicht eine dieser Betrügerinnen vom Esquilin!« Sie lacht geringschätzig und zieht geräuschvoll die Nase hoch.
    »Esquilin? Was meinst du?« Der Hagere zeigt sich interessiert. Die Geschichte kennt er noch nicht. Wieder lacht der zahnlose Mund lautlos, und die Alte klatscht vergnügt in die Hände.
    »Heutzutage können die feinen Herrschaften auf dem Esquilinus schön wohnen und auf seinen sonnigen Wällen spazieren gehen. Es gab aber einmal eine Zeit, in der er als grausiges Feld mit bleichen Knochen einen traurigen Anblick bot. Hierhin wurden die Armen und die Sklaven gebracht und verscharrt, wenn Pluto sie gerufen hatte. So brachte einst auch ein gewisser Nomentanus seinen toten Sklaven Pantolabus hierher, ich hab’ es selbst gesehen. Er bat zwei Zauberweiber um die Totenbeschwörung, auf dass er das Leben zurückerhalte, Sagana und Canidia, zwei widerwärtige alte Weiber! Sie meinten die Kunst der Zauberei zu kennen. Ha, dass ich nicht lache! Mit nackten Füßen und aufgelösten Haaren, totenbleich und in schwarze Lumpen gehüllt, sprachen sie ihre Beschwörungen. Mit den Nägeln begannen sie, die Erde aufzukratzen, mit den Zähnen ein schwarzes Lamm zu reißen. Blut floss in die Grube, um den Toten zu wecken. Die Weiber hatten zwei Puppen mitgebracht, eine aus Wolle, eine aus Wachs. Hekate flehte die eine an, Tisiphone die andere. Nachdem die Närrinnen Wolfsbart und Schlangenzähne in der Erde vergraben hatten, warfen sie die Wachspuppe auf den Scheiterhaufen und hofften, dass der Spuk so gelänge. Doch die Schlangen des Esquilin krochen angesichts solcher Stümperei entsetzt davon, und der Mond versteckte sich schamrot hinter den Wolken. Hell flammte das Feuer auf, während die närrischen Alten ihre nutzlosen Formeln murmelten. Doch jetzt kommt das Beste, edler Niger.«
    Sie schlägt sich vergnügt auf die mageren Schenkel. Niger hat sich nach vorne gebeugt, damit ihm nichts von den krächzenden Worten der Alten entgeht. An solch schaurig-lustigen Geschichten hat er seinen Spaß.
    »Neben dem Feuer stand ein Feigenholzbildnis des Priapus, das stumm und steif als Vogelscheuche der Szene beigewohnt hatte. Die Hitze brachte es in Wallung und ließ die feisten Hinterbacken platzen. Mit einem unheimlichen dürren Knarren barst das Holz auseinander. Die beiden Alten entflohen, starr vor Schrecken. In der kopflosen Flucht verlor Sagana ihre Perücke, Canidia ihr Gebiss! Zum Totlachen!«
    Die Erinnerung übermannt sie, und sie verfällt in ein hysterisches Lachen, das ihren runzligen Kopf rot anlaufen lässt. Auch Niger muss grinsen. Langsam wird die geschwätzige Alte wieder ernst, sie hat nicht oft Gäste, mit denen sie lacht. Noch immer prustend, hat sie sich einen morschen Stuhl herangezogen, auf dem sie sich ächzend niederlässt.
    »Das kalte Wetter und die Feuchtigkeit in diesem Loch machen meinen alten Knochen zu schaffen«, klagt sie und blickt ihren Gast gierig an. »Nun aber zum Geschäft! Der edle Herr mag sicher nicht mehr länger warten.«
    Wenn der Hagere kommt, stimmt die Kasse. Er hat sie noch nie betrogen. »Ist es vielleicht die alte Narbe, die wieder schmerzt? Hat meine Salbe nicht geholfen?«
    Es ist ihr nicht entgangen, dass sich ihr Gast ständig über

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