Ahnentanz
unterbrochen, als der Barkeeper vor ihnen auftauchte. „Letzte Bestellung.“
„Wir haben noch, danke“, erwiderte Aidan.
Der Mann ging wieder, und die Band kündigte den letzten Song an. Es war ein Uhr. Das schien ein früher Feierabend für einen Ort, der als die Vergnügungsmeile in den USA galt.
Immerhin würden einige andere Bars noch geöffnet sein. Die Stripclubs hielten oft am längsten durch.
Aidan blickte hinüber zum Tisch. Jeremy nickte ihm zu, hob eine Braue und kam dann zu ihnen.
„Das ist jetzt kein Trick, um mich von Vinnies Fährte abzubringen, oder?“, fragte er.
Kendall musterte Aidan. „Ihr Bruder folgt Vinnie, nicht wahr?“, fragte sie unschuldig.
„Mein Bruder mag Vinnie“, sagte Aidan. „Sie sind Freunde.“ „Und was willst du von deinem Bruder?“, fragte Jeremy.
Aidan sah zu Kendall. „Beschreiben Sie das Mädchen nocheinmal für Jeremy.“
Kendall tat wie geheißen.
„Ja, sie war hier. Eine Menge Leute vom Schiff waren hier“,
antwortete er.
„Waren sie alle zusammen?“, fragte Aidan.
„Ja“, erwiderte Jeremy. „Die meisten gingen vor ungefähr anderthalb Stunden. Entschuldigt mich. Ich werde der Band beim Zusammenpacken helfen.“
Als Jeremy sich entfernte, spürte Aidan, wie ihm jemand auf die Schulter klopfte. Er wandte sich um. Der Schwarze, den er schon am Abend zuvor bemerkt hatte, stand neben ihm. „Lassen Sie das Mädchen nicht allein rausgehen, hören Sie?“, sagte er ernst.
„Keine Sorge, das werde ich nicht“, sagte Aidan. „Ich bin übrigens Aidan Flynn, und dies“, er drehte sich zu Kendall um, „ist Kendall Montgomery, obwohl Sie einander vielleicht schon kennen.“ Er wandte sich wieder um.
So viel zur Vorstellung. Der Mann war fort.
„Mit wem sprechen Sie da?“, fragte Kendall ihn verwirrt. „Niemandem. Er ist fort“, erwiderte Aidan und legte einen Geldschein auf die Bar.
„Aber …“, protestierte Kendall.
„Vergessen Sie’s. Lassen Sie uns das Mädchen finden“, sagte er.
„Wirklich?“
„Ja, wirklich.“
Sie begannen die Suche an der Ecke Bourbon und Canal Street. Trotz der späten Stunde war Kendall entschlossen, weiter alles zu tun, um Ann zu finden, obwohl sie auf dem Weg zum Hideaway schon in alle Clubs hineingeschaut hatte. Auch wenn viele und vor allem die Stripclubs noch geöffnet hatten, waren die Straßen jetzt weniger belebt.
Sie waren gründlich. In der einen Bar sah Aidan ein paar Männer mit Namensschildern, die sie als Gäste des Kreuzfahrtschiffsauswiesen, doch sie hatten keine Frauen dabei. Als er sie ansprach, erfuhr er, dass es sich um eine Gruppe von Wirtschaftsprüfern aus Salem in Oregon handelte und dass sie den ganzen Abend unter sich geblieben waren.
Während der weiteren Suche bemerkte er, dass Kendall ehrlich besorgt war. Er glaubte nicht daran, dass eine Tarotkarte irgendetwas zu bedeuten hatte – doch sie offenbar schon. Block für Block durchkämmten sie Bar für Bar. In dem einen Club traf Kendall einen Freund, einen großen, gut aussehenden Schwarzen mit einem herzlichen Lächeln. Kendall umarmte ihn, stellte Aidan so rasch vor, dass dieser den Namen des Mannes nicht verstand, und beschrieb dann Ann.
„Ja, die habe ich gesehen. Hübsches, lebhaftes Ding. Sie konnte zwar kein bisschen singen, aber sie und ihre Freunde hatten trotzdem viel Spaß beim Karaoke. Sie wollten weitermachen, aber wir mussten schließen. Jemand schlug vor, dass sie es die Straße hinauf probieren sollten.“
„Danke.“
„Wann war das?“, fragte Aidan.
„Ist nicht länger als eine halbe Stunde her.“
Der Mann winkte. „Ich hoffe, ihr findet eure Freundin!“ Als sie wieder auf die Straße traten, war sie menschenleer.
Aidan verspürte ein merkwürdiges Gefühl, das ihm den Nacken hochkroch. Er hielt an und drehte sich um.
Jemand schlüpfte gerade in eine Gasse zu einem Stripclub, dessen Neonreklame nur unvollständig blinkte.
„Was ist los?“, fragte Kendall nervös.
„Nichts. Machen wir weiter.“
Noch einen Block, und sie hätten die Clubs alle durch.
Doch an der nächsten Ecke hatte noch einer geöffnet. Wieder drehte Aidan sich um. Die Straße war leer. Doch jemand war ihnen gefolgt, dessen war er sicher. Er wollte sich nur vergewissern.
„Aidan, kommen Sie, bitte“, drängte Kendall.
Sie betraten die Bar. Es gab mehrere Billardtische, und an einem davon wurde gespielt. Die restlichen Mitglieder der Kreuzfahrtgruppe standen lachend und plappernd an der Bar.
„Ist sie
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