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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Schulter der lachenden, etwas dicklichen Frau. Sie sah aus, als hätte sie mehr Frikadellen verdrückt, als ihr guttaten. Ihre roten Bäckchen glänzten in diesem Moment wie Pavianärsche. Der Gegelte frohlockte, als hätte er den geilen Fisch bereits an der Angel. Die Föhnfrisur vermittelte ihrerseits den Eindruck, als wäre er der Karpfen und sie die Anglerin. Und so verlor die Bettschwere den Kampf gegen die Geilheit: Etwas später zogen die beiden gemeinsam ab, mehr oder weniger klammheimlich, als wären sie auf einer Jugendfreizeit.
    »Wiedersehen«, rief ihnen Vinzi, schon ziemlich angetrunken, hinterher.
    Ein junger Mann in einem zerknitterten, beigen Leinenanzug von H&M, dem an der rechten Hand der Ringfinger fehlte, lachte schadenfroh. Er sah den beiden ebenfalls hinterher.
    »Und viel Spaß!«, setzte Vinzi noch einen drauf. Was sie aber, ganz ins Bad der Hormone abgetaucht, nicht mehr hören konnten.
    Dafür konnten Vinzi und Plotek auf dem Rückweg zu ihrem Abteil die beiden deutlich hören. Und wie! Die aufgestaute Lust rang um akustischen Ausdruck. Hinter der Tür, die Plotek und Vinzi gerade passierten, wurde gestöhnt und geschrien, als würden die beiden nicht vögeln, sondern sich die herausgetrennten Eingeweide der Größe nach sortieren.
    »Fick misch! Fick misch!«, flehte die Frau in hessischem Dialekt.
    Na, was soll er denn sonst machen, dachte Plotek. Halma spielen? Ihr Businesskostüm bügeln? Und immer wieder. »Ja, fick misch!«
    »Ösch föck dösch!«, bestätigte der Mann sächselnd. Als würde er sich erst durch das Aussprechen ganz sicher sein, was er gerade tat. Kein Halmaspielen, nicht Bügeln. »Ja, ösch föck dösch, du Sau.«
    »Hat er Sau gesagt?«, fragte Vinzi, offenbar nicht so firm im sächsischen Dialekt.
    »Hat sich so angehört, ja.«
    Sie lauschten noch einen Moment an der Tür. »Nicht gut für die Föhnfrisur.« Vinzi machte ein betrübtes Gesicht.
    »Auch nicht für die Bettschwere.« Plotek schloss sich dem Gesichtsausdruck von Vinzi an. »Vor allem die der anderen.«
    Damit sollte er Recht behalten. Nachdem sie zurück in ihrer Kabine waren, legten sie sich angezogen wie sie waren ins Bett. Augen zu und »Gute Nacht!«.
    Aber denkste: keine gute Nacht. Nicht für Plotek. Vinzi schlief, nachdem er noch dreimal herzhaft gegähnt hatte, sofort ein. Und schnarchte. Plotek hingegen brachte kein Auge zu. Nicht nur dass er schon immer Schwierigkeiten hatte, mit anderen Menschen in einem Raum zu schlafen. Was auch in allen seinen zurückliegenden Beziehungen ein Problem war. Mal mehr, mal weniger. In der Regel mehr. Immer wenn Plotek neben einer Frau lag, brachte er, trotz Bettschwere, Rausch und allem, meist kein Auge zu. Da störte dann jede Kleinigkeit. Bewegungen, Geruch, Atem. Erst recht die nicht seltenen Schnarch- und Grunzlaute der Damen neben ihm. Die zudem das Bild der Holden extrem relativierten.
    Jetzt war es zwar keine Holde, sondern Vinzi, der es schaffte, dass Plotek sich im Bett, das für einen korpulenten und nicht gerade klein geratenen Mann mittleren Alters viel zu eng war, hin und her wälzte. Bis er erschöpft war. Dann bettelten die fünf Biere in seinem Körper via Blasendruck um Ausgang. Plotek hievte sich also wieder aus dem Bett. Er stieß dabei mit dem Kopf an die Gepäckablage, fluchte, öffnete die Tür und wankte auf den dunklen Zug-gang hinaus. Er torkelte, sich immer wieder an den Abteilwänden und den Fensterscheiben des Zuges abstützend, auf der Suche nach dem Klo den schmalen Flur entlang. In einer Zugtoilette bei 180 km/h zu urinieren ist kein Vergnügen. Er musste an den schwankenden Kellner im Bordrestaurant denken. An die feuchte durchsichtige Bluse der Schwarzhaarigen. Während er mit beschämender Trefferquote völlig übermüdet den Abort einsaute. Auf dem Rückweg vom Klo schrie und stöhnte es schon wieder aus dem Abteil. Die hessische Föhnfrisur wollte noch immer gefickt werden. Der sächselnde falsche Brehme war auch nach wie vor dazu bereit. Plotek trat kurz mit dem Fuß neidisch gegen die Tür. Was die beiden aber nicht zu beeindrucken schien.
    »Dö göile Sau!«
    Vinzi schnarchte noch immer, als wäre der Zug ein Wald und er eine STIHL-Kettensäge. In die Schnarchgeräusche stimmten jetzt auch noch andere, vorher nicht gehörte, ein. Von nebenan drangen Stimmen. Plotek wunderte sich, dass ein Hund sprechen konnte. Uma Thurman hatte doch einen Hund?, dachte er. Vielleicht sind es aber auch nächtliche Selbstgespräche der

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