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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Blonden, mit verteilten Rollen. Oder sie ist schizophren. Dann hörte er einen Knall. Leise, gedämpft, als würfe man einen Tennisball gegen die Wand. Oder einen kleinen Hund. Der Hund bellte kurz, schrill und laut. War hernach sofort wieder ruhig. Einen Augenblick später vernahm Plotek einen viel lauteren Knall. Das war eindeutig das Geräusch einer zufallenden Abteiltür. Mir doch egal, dachte er. Zunächst. Bis schließlich die Neugierde doch überwog, er aufstand, sich dabei wieder den
    Kopf an der Gepäckablage anschlug und fluchte. Er öffnete seine Tür einen winzigen Spalt und blickte hinaus. Am Ende des Zuggangs konnte er undeutlich eine Person erkennen, die gerade hinter der automatischen Schiebetür zwischen den Abteilen verschwand. Uma Thurman kann auch nicht schlafen, dachte Plotek. Er schloss die Tür und legte sich wieder aufs Bett. Draußen vor den Fenstern zog ein menschenleerer, spärlich beleuchteter Bahnhof vorbei. Als wäre die in schmutziges Licht getauchte, heruntergekommene Haltestelle, an der kein Zug mehr anhielt, das Sinnbild seines Lebens. Das Sinnbild jeglichen Lebens. Aber Überraschung: Der Blick aus dem Fenster wirkte beruhigend auf Plotek. So beruhigend, dass er, als der Bahnhof bereits wieder verschwunden war und die schwarze Nacht zum Fenster hereinblickte, eingeschlafen war.
    Und wieder träumte er denselben Traum. Den Boxkampf-Alptraum. Agnes war erneut Muhammad Ali. Er selbst war dieses Mal aber nicht Foreman. Der Schwergewichtsweltmeister wurde in diesem Kampf von Frau Dr. Hering gemimt. Plotek stand ebenfalls im Boxring. Als Ringrichter. Und als solcher wurde er jetzt von den beiden in übelster Art und Weise vermöbelt. Das hatte nichts mehr mit Boxen zu tun. Schläge unter die Gürtellinie wechselten sich ab mit Fußtritten, Arschtritten und allem. Aber wer hätte diese Unsportlichkeit unterbinden sollen? Wo der Ringrichter selbst doch das Ziel dieser Attacken war? Plotek lag schon lange auf dem Boden, während die beiden weiter auf ihn eintraten, als wäre er nicht Plotek oder der Ringrichter, sondern ein liederliches Stück Scheiße. Bis der Boden krachend brach. Unter Plotek riss ein Loch auf, das sich zu einer unübersichtlichen Tiefe, einem umgedrehten
    Himmel mit Kumuluswolken gleich, ausdehnte. Durch den er mit ausgebreiteten blutigen Armen hindurchsegelte. Dabei verlor er stetig an Höhe. Als er aus den Wolken fiel, tauchte unter ihm eine Landschaft auf. Bayern. Dann eine Stadt. Die bayerische Landeshauptstadt. Er konnte den Friedensengel erkennen, die Frauenkirche, das Olympiastadion. Er flog mit ausgebreiteten Armen auf München zu und suchte nach einem Bändel, an dem er ziehen konnte. Damit der Fallschirm sich entfalten und er langsam auf den Marienplatz gleiten konnte. Aber keine Chance. Er landete nicht auf dem Marienplatz. Auch nicht Odeonsplatz, Theresienwiese oder dergleichen. Er landete in einem Haus, in einem Zimmer, Schlafzimmer, Bett. Nicht hart, eher weich. Das Fallschirmproblem war verschwunden. Er landete im Bett neben einer Frau. Es war Marcella. Das Mädchen von dem Ernst-Ludwig-Kirchner-Gemälde. Die nackte Marcella lag neben ihm, im Haar eine weiße Schleife, und sagte: »Fick misch!« Plotek schüttelte den Kopf und wollte das Bett gleich wieder verlassen. Aber das Mädchen schlang ihre dünnen Beine um ihn wie ein Krake. Sie griff mit beiden Händen seinen Schwanz und schrie: »Fick misch, fick misch! Du Sau!«
    Plotek versuchte sich frei zu machen. Er schlug um sich. Mit den Armen. Strampelte mit den Beinen und fiel kopfüber auf den Boden neben das Bett. Dann noch einmal, und immer wieder. Als wäre das Bett ein DVD-Player und das Mädchen mit dem Finger auf der Repeat-Taste. Bis er erschöpft liegen blieb. Auf dem Boden neben der Pritsche. Und schließlich die Augen öffnete.
    Es klopfte. An der Tür. Dreimal.
    »Guten Morgen. Hier ist der Schaffner. Wir sind gleich in Malmö.«
    Scheiße, dachte Plotek. Er spürte jeden einzelnen Knochen wie ein geprügelter Hund. Dann hörte er es wieder klopfen. An der Tür nebenan. »Guten Morgen. Hier ist der Schaffner. Wir sind gleich in Malmö.«
    Wieder Klopfen.
    »Hallo?« Die Stimme des Schaffners klang jetzt weniger freundlich, eher besorgt. »Was ist. . .«
    Dann hörte Plotek einen lauten Aufschlag. Jetzt war auch Vinzi wach.
    »Was war das denn?«, fragte er.
    » Keine Ahnung.«
    Sie standen auf. Wieder stieß Plotek mit seinem Kopf gegen die Ablage und fluchte. Vinzi öffnete die Tür. Auf dem

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