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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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man früher bis zum 18. Jahrhundert davon ausgegangen war, dass der Moskenesstraumen ein Abgrund gewesen sei, der durch die Erdkugel hindurchginge und seinen Ablauf in einem entfernten Land hätte. Bis sie erneut verharrte. Als würden ihr die Wiederholungen nun selbst auffallen. Und wieder lachte sie. Jetzt ziemlich gekünstelt. Anschließend ging sie über die provozierend anklagende Perle hinweg, als wäre sie nicht da. Irgendwann war sie dann tatsächlich nicht mehr da. Wo sie war und wer sie weggenommen hatte, schien unklar. Als hätte sie der Gezeitenstrom verschluckt.
    »Prost!« Swantje hob das Glas. Vinzi und Plotek hoben ihre Gläser.
    »Auf den Moskenesstraumen!« Sie stießen an. Swantje blickte in Vinzis Augen wie in einen Abgrund. Bis zu einem entfernten Land.
    »Auf die Gezeiten!«, sagte Vinzi.
    »Auf Edgar Allan Poe«, kam es von Plotek, was wie »Auf Lars Kuhlbrodt« klang. Woraufhin ihm beide einen bösen Blick zuwarfen. Der ihn zu verschlucken drohte.
    Erneut brauchte Plotek seine Zeit, um die Toilette zu finden. Dieses Mal diejenige unweit der Bar gleich neben dem Internetcafe, die er doch schon mehrmals aufgesucht hatte. Als er das Klo betrat und am Pissoir gerade seinen Schwanz aus der Hose holen wollte, schnellte in seinem Rücken mit Wucht eine Kabinentür auf, und Hubertus C. Bruchmeier sprang heraus. Er stürzte sich mit Geschrei auf Plotek und drückte ihn gegen die gekachelte Wand. Sein Herrentäschchen hing wie immer an der Schlaufe um sein Handgelenk und baumelte lustig vor sich hin.
    »Her mit den Akten!«
    Welche Akten, dachte Plotek. Er schüttelte nichtsahnend den Kopf.
    »Tun Sie doch nicht so blöd!«, fauchte Bruchmeier mit rotem Kopf und Augen wie Messer. Oder wie der Moskenesstraumen. Der Plotek augenblicklich verschlingen wollte.
    »Sie haben mir doch dieses verdammte Auge in mein Herrentäschchen getan, oder?« Er drückte Plotek mit der einen Hand noch fester gegen die kalte Wand. Was für ein Auge, wollte Plotek fragen. Kam aber nicht dazu, weil Bruchmeier in der anderen Hand plötzlich das besagte Auge hochhielt. Nicht irgendeines. Das konnte Plotek sofort erkennen. Es war das zweite von Lars Kuhlbrodt, das ihn jetzt vorwurfsvoll ansah. Er erschrak so heftig, dass Bruchmeier das Auge fallen ließ. Womöglich war es ihm auch aus der Hand geflutscht. Es fiel aber nicht auf den Boden, sondern direkt in eines der Pissoirs. Was Bruchmeier nicht weiter zu irritieren schien. Er beachtete es gar nicht, war vielleicht sogar froh, es endlich los zu sein, und brüllte: »Sagen Sie endlich, was Sie von mir wollen!«
    Plotek schüttelte den Kopf und rang nach Luft. Jetzt konnte er erst recht nichts mehr sagen, selbst wenn er gewollt hätte. Bruchmeiers Griff schnürte ihm die Luft ab.
    »Und beenden Sie dieses lächerliche Spiel!« Bruchmeier schien den Griff nicht lockern zu wollen. »Ich lasse mich nicht erpressen!« Er drückte noch heftiger zu.
    »Wollen Sie mich auch umbringen? Das soll das Polaroid doch suggerieren, oder nicht?«
    Plotek schüttelte wieder den Kopf. Er dachte, wenn er nicht sofort aufhört, bringt er mich um.
    »Oder sind das alles nur Einschüchterungsmaßnahmen?« Er zerrte an Plotek herum, als könnte er eine Antwort aus ihm herausschütteln.
    »Na los, sag was! Mach dein Maul auf!« Er lockerte nun doch den Griff. Plotek schnappte nach Luft, während »Das ist eine Verwechslung« kaum hörbar aus seinem Mund drang.
    Bruchmeier verharrte. Er schien einen Moment irritiert.
    »Willst du mich verarschen?« Wieder Schütteln.
    »Ich habe damit nichts zu tun.«
    Erneut verharrte Bruchmeier. Jetzt schien er sich überhaupt nicht mehr so sicher zu sein. Er ließ Plotek schließlich los.
    Der keuchte und schnappte nach Luft. »Auch ich werde bedroht.« Was so natürlich nicht ganz stimmte. Aber egal. Es zeigte Wirkung.
    »Was?« Bruchmeier war jetzt völlig irritiert. Plotek nickte.
    »Das andere Auge . . .« Plotek zeigte ins Pissoir.
    »Was?«
    Wieder eine bestätigende Kopfbewegung von Plotek.
    Bruchmeier dachte ein paar Sekunden unbewegt nach, sagte »Es tut mir leid« und versuchte schließlich, das zerknitterte Holzfällerhemd von Plotek zu richten. Bemühte sich, es umständlich glattzustreichen. Was ihm aber nicht gelang.
    »Verzeihen Sie.«
    Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand. Jetzt hätte Plotek in Ruhe urinieren können. Aber es war zu spät. Oder besser: Es war nicht mehr nötig. Plotek bemerkte die nassen Flecken in der Hose.

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