Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
Vom Netzwerk:
macht.« Paula grinste und bestellte einen Gin Tonic.
    »Wer zwingt Sie denn?«, fragte Plotek.
    »Das wissen Sie doch ganz genau.« Stimmte auch wieder.
    »Hmm«, machte Plotek.
    Während Paula sagte: »Aber wer Sie zwingt, ist mir nicht ganz klar.«
    »Mir auch nicht.« Er lachte wieder. Paula sah ihn ernst an; als wüsste sie es besser. Etwas überheblich, vorlaut, frech. Was Plotek wieder gefiel. Eigentlich hatte sie Recht. Wobei Zwang in diesem Zusammenhang natürlich der falsche Begriff war. Und dennoch: Hätte erstens er Vinzi nicht versprochen mitzufahren, wäre zweitens die Beziehung zu Agnes nicht auseinandergebrochen, hätte drittens sie ihn nicht verprügelt und wäre es viertens nicht an der Zeit gewesen, ein wenig Abstand von München zu bekommen – dann hätte er diese Hurtigruten-Reise nie und nimmer angetreten.
    Paula nickte und hob ihr Glas.
    »Prost.«
    »Prost.«
    Sie trank den Gin Tonic in einem Zug leer. Bestellte gleich einen neuen.
    »Und ihr Freund glaubt tatsächlich, bei der zu landen?« Paula zeigte auf Vinzi und Swantje, die wie Kinder beieinanderhockten und kicherten.
    »Was glauben Sie?«
    »Ich glaube, dass meine Mutter scharf auf Sie ist.«
    »Sie mögen Ihre Mutter nicht.«
    »Meine Mutter. . .!« Es klang wieder wie: »Meine Menstruation!«
    Beide lachten und stießen an.
    »Prost.«
    »Prost.«
    Und tranken.
    »Sind Sie eigentlich eifersüchtig?«, fragte Plotek.
    »Auf wen?«
    »Auf Swantje, Ihre Mutter. . .«
    »Sehen Sie mich an«, ging Paula dazwischen. »Glauben Sie ernsthaft, dass ich mit irgendeiner konkurrieren könnte?«
    »Weiß nicht«, log Plotek.
    »Sie wissen es sogar ganz gut.«
    »Manchmal ist es nicht von Äußerlichkeiten abhängig.« Er zeigte zu Vinzi und Swantje.
    Paula lachte verächtlich. »Es scheint in diesem Fall wohl so. Ist aber sicher ganz anders.« Sie bestellte erneut einen Gin Tonic, griff in ihre Jackentasche und holte zwei Pralinen heraus. Sie hielt eine davon Plotek hin. Er griff danach. Es war dieselbe wie die, die er von Urs Eschenbach bekommen hatte. Er lächelte und steckte sie in den Mund. Paula tat dasselbe und lächelte ebenfalls.
    »Die Liebe ist keine Menschenrechtsorganisation«, sagte Paula und sah Plotek an, als befände sich hinter seinen Augenlidern ein Abgrund, den sie sich gerne hinunterstürzen würde, »da steckt was anderes dahinter!« Sie nickte in Richtung von Vinzi und Swantje.
    »Und was?«
    »Hmm, schwierig. Aber ich denke, das wird sich bald heraussteilen.«
    Tat es auch. Aber bis dahin sollten noch einige Wassermassen durch den Moskenesstraumen gezogen und so manche Gin Tonics die Kehle hinuntergestürzt werden.
    »Prost!«
    »Prost!«
    »Ach so, was ich noch fragen wollte«, sagte Plotek. »Ist Ihnen eigentlich der junge Mann in dem zerknitterten Anzug und mit dem fehlenden Finger schon aufgefallen?« »Nee. Warum?«
    »Nur so.«
    »Prost!«
    »Prost!«

8
    »Herrlich!« Es klang bei Mausi Weber, bedingt durch die tiefe, sich an der Stimme ihres Mannes orientierende Tonlage weniger nach Mausi respektive Maus. Eher nach schnurrendem Löwen. Woraufhin ihr Mann dasselbe sagte oder vielmehr brüllte, nur zweimal: »Herrlich! Herrlich!«
    Da konnte Herlinde Vogler-Huth natürlich nicht zurückstehen. Sie versuchte überspannt quietschend mit »Gigantisch!« die Begeisterung der Webers zu toppen und fügte »Dieses Weiß!« hinzu. Als wäre das Weiß nicht weiß, sondern pures Gold.
    »Wat?« Einspruch der Webers. Und zwar synchron. Mit identischem Gesichtsausdruck. Irgendetwas zwischen »Hat die noch alle Tassen im Schrank?« und »Ist die vom anderen Ufer?«. Herlinde ging darüber hinweg, als wäre sie taub. Nicht vom anderen Ufer also. Aus einer anderen Welt. Die Welt der Kunst. Des makellos Schönen. »Was für ein atemberaubendes Farbenspektrum!«
    »Wat für ’n Ding?«
    »Das ist Kunst!« Sie musste es aussprechen.
    »Nee, nee, nee, dat is keene Kunst, dat is Schnee!«, sagte Mausi Weber aus tiefster Überzeugung. Woraufhin alle schwiegen. Als wollten sie kollektiv und doch jeder für sich darüber nachdenken.
    »Schön«, sagte Urs Eschenbach, fast naiv zärtlich. Mit dieser Einschätzung konnten alle leben. Überall Nicken. Bis auf Plotek. Der dachte: Irgendwie sieht die Gletscherzunge gar nicht schön aus. Eher wie so ein abgezogenes weißes Hasenfell. Auch Paula schwieg hartnäckig. Ruedi Eschenbach wiederum filmte nun drauflos, als wollte er den kompletten Gletscher auf die digitale Festplatte bannen. Für seine

Weitere Kostenlose Bücher