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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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ebenfalls die Frage stellen: Was macht so einer auf einer Hurtigruten-Reise?«
    »Und man käme zur selben Antwort«, fasste Plotek zusammen. »Der war nicht freiwillig hier.«
    »Auch wenn er es nicht gesagt hat.«
    »Das sah man ihm an.« Plotek kam Augustins Anblick beim Abendessen wieder in den Sinn.
    »Also wurde auch er gezwungen.«
    Der Kellner stellte den beiden zwei neue Gläser mit Aquavit auf den Tresen.
    »Von seinem Mörder.«
    »Ja. Die Parallelen sind offensichtlich.«
    »Der Schlüssel liegt immer in der Vergangenheit.« Vinzi hob das Glas. »Prost!«
    »Prost!«
    Die Bar hatte sich langsam gefüllt. Herlinde Vogler-Huth stand jetzt neben Bruchmeier und schien in ein Gespräch verwickelt, als dessen Handy läutete. Der Klingelton: Glockengeläut wie beim Hochamt. Oder zur Totenmesse. Während Bruchmeier telefonierte, sah Herlinde ihm dabei zu. Als er schließlich wieder aufgelegt hatte, fragte sie: »Schlimm?«
    »Schlimm?«, wiederholte Bruchmeier, wobei sich das Wort in seinem Mund nicht wohlzufühlen schien. »Eher eine Katastrophe!« Er lachte verbittert.
    »Aber. . .«
    »Das verstehen Sie nicht«, ging er dazwischen. »Nur so viel: Dahinter steckt ein Komplott. Von langer Hand vorbereitet. Das reicht viele Jahre zurück. Mit nur einem Ziel: Die wollen mich fertigmachen. . .« Was offenbar gelang; er sah jetzt schon dementsprechend aus. Schwitzend, aufgeschwemmt, mit Tränensäcken unter den Augen, dunklen Ringen drum herum und einer Gesichtsfarbe, die an die von Patienten auf Lungenstationen erinnerte.
    »Wer?«
    Er sah Herlinde an, als wäre er sich nicht mehr ganz so sicher, ob sie ihn verstehen würde.
    »Alle. Alle, die mich auf der Liste haben.«
    » Auf welcher Liste ?«
    »Der Abschussliste«, schoss es aus Bruchmeier hervor. Als wäre das Fass angestochen, sprudelte es nun aus ihm heraus. »Stadtrat, Kulturdezernent, die Presse. Die können es nicht ertragen, wenn einer erfolgreicher ist als sie selbst. Zuschauerzuwachs um 35 Prozent in den letzten drei Spielzeiten. Überregionales Feuilleton, Uraufführungen, deutsche Erstaufführungen, alles. Und die versuchen mich abzusägen. Und jetzt auch noch der Einsturz . . .«
    Es schien, als wollte er gleich anfangen zu weinen. Er wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht und ließ Herlinde Vogler-Huth mit einem »Entschuldigen Sie« stehen. Bruchmeier verließ die Bar, die in diesem Moment Swantje Schmitz betrat. Vinzi winkte, als hätte er den ganzen Abend auf sie gewartet. Hatte er ja auch. Woraufhin sie sich zu Plotek und Vinzi an den Tresen stellte und einen Gin Tonic bestellte. Was Vinzi sofort wieder in eine postpubertäre Gefühlslage versetzte.
    Kuhlbrodt schien für Swantje jetzt kein Thema mehr zu sein. Sie schwärmte von der sagenhaften Stadtrundfahrt in Trondheim, als müsste sie ihre Reisereportagen an die beiden verscherbeln. Wieder warf sie mit Tipps für den kommenden Tag um sich. »Unbedingt zu empfehlen ist das Naturschauspiel des Moskenesstraumen, des stärksten Mahlstroms der Welt«, sagte sie. »Dieser gefürchtete Gezeitenstrom zwängt sich mit um die 10 Knoten, also mit fast 20 Stundenkilometern, im Rhythmus von Ebbe und Flut zwischen den Lofoten-Inseln Moskenesoya und Værøy hindurch und presst so den Meeresrücklauf durch die vier Kilometer breite Enge. Dabei befördert er bei jedem Tidenwechsel Millionen Kubikmeter Wasser durch das Nadelöhr. Was gefährliche Wasserwirbel und Strudel zur Folge hat.« Sie unterstrich die Gefahr mit einem dramatischen Blick. »Da sind schon Schiffe versunken. Da wurden auch mal große Wale in die Tiefe hinuntergezogen. Und Menschen sind spurlos verschwunden.«
    Spätestens jetzt hätte der Name Kuhlbrodt fallen müssen. Zumindest eine kurze nachdenkliche Pause wäre angesagt gewesen. Eine Gedenkminute quasi für den spurlos Verschwundenen. Aber denkste! Swantje dachte nicht im Traum daran. Sie lachte, als wäre sie diejenige, die alle in den Abgrund lockte. Das sollte ihr aber gleich wieder vergehen. Denn Plotek legte unauffällig die rote Perle neben sein Glas auf den Tresen. Folge: Swantje erschrak. Fast unmerklich. Aber dennoch. Sie schien ein wenig aus dem Konzept zu geraten. Das Lachen war dahin. Dafür schlug sie leicht verwirrt ein weiteres Mal die Besichtigung des Mahlstroms vor. Sie wiederholte sich, als hätte die Platte einen Sprung, und erzählte erneut, dass Edgar Allan Poe und Jules Verne dem gigantischen Strudel literarische Denkmäler gesetzt hätten. Dass

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