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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Taschentuch über das Gesicht.
    »Ohne Passwort kommen wir da nicht weiter.«
    Vinzi wirkte jetzt geradezu weggetreten. Er starrte benommen auf den Bildschirm. Mit glasigen Augen, starrem Blick und ganz bleich um die Nase. Während er sein Taschentuch knetete wie Brotteig.
    »Was hat das zu bedeuten?«, wollte Plotek wissen.
    »Weiß nicht.« Worte wie Zahnstümpfe.
    Plotek dachte kurz nach und sagte dann, als würde es ihm in diesem Augenblick einfallen: »Aber ich.«
    »Was?«
    »IM Jesus ist Ralf Augustin.« Ploteks Zeigefinger schnalzte aus seiner Faust, als bestünden daran kein Zweifel. »Gekreuzigt wie Jesus. Das Polaroid ist eindeutig.« Ein weiterer Finger kam aus der Faust. »IM Johannes ist Lars Kuhlbrodt.«
    »Hä?« Jetzt stand Vinzi auf dem Schlauch.
    »Der fehlende Schwanz auf dem Polaroid. . .« Plotek sagte es, als sei es das Normalste von der Welt.
    »Was?« Vinzi konnte noch immer nicht folgen.
    »Schwanz! Schniedel, Schniepel, Penis, Pimmel, Rute..,« Mehr Ausdrücke dafür fielen Plotek gerade nicht ein. Nur einer noch: »Man kann aber auch Johannes dazu sagen. Ergo?«
    »Ergo?«
    »Die Todesarten haben offenbar mit den Tarnnamen zu tun.«
    »IM Stürmer?« Vinzi sah wieder auf den Bildschirm.
    »Hmm. Womöglich Steffen Sailer.« Plotek kräuselte die Stirn. »Genau. Erinnerst du dich? Ehemaliger Fußballprofi.« Dann drehten sie sich beide um und sahen durch die großen Panoramafenster hinaus. Eine ganze Weile sogar.
    »Denkst du dasselbe wie ich?«, fragte Plotek schließlich.
    »Hmm«, kam es von Vinzi.
    »Draußen stürmt es.« Plotek sagte das so, als hoffte er, dass es jeden Moment aufhören würde. »Ziemlich stark sogar.«
    »Das kann doch alles gar nicht sein, oder?« Vinzi schüttelte ungläubig den Kopf.
    Sie drehten sich wieder zurück zum Computer. Die Datei-Fenster starrten sie noch immer an, als wären es die Bühnenvorhänge einer Tragödie. Soll heißen: »Und so sehen wir betroffen/Den Vorhang zu und alle Fragen offen.« Bedeutet: Brecht.
    »Fehlt nur noch IM Broiler«, sagte Plotek, als ob Brecht und Broiler gar nicht so weit voneinander entfernt lägen.
    »Broiler?« Vinzi runzelte wieder die Stirn. »Bruchmeier? Weiß nicht. Eher nicht. Zu dem würde doch besser IM Hamlet oder IM Schiller passen. Aber Broiler?«
    Beide dachten nach. Dann rutschte Ploteks Blick wie von selbst auf den nächsten Dateinamen: »Und IM Herz?« Er sah zu Vinzi.
    Der wurde wieder bleich und rührte sich nicht mehr. Auch die knetenden Hände hielten still. In Plotek machte sich eine furchtbare Ahnung breit. Eine unangenehme Vermutung kroch plötzlich in ihm hoch und schüttelte Worte aus ihm heraus, die er zuvor nicht zu denken gewagt hatte: »Ich fürchte, da holt die Vergangenheit ein paar Menschen unerbittlich ein. Einerseits.«
    Noch immer keine Reaktion von Vinzi.
    »Andererseits sieht es ganz danach aus, als ob hier jemand klar Schiff machen will.«
    Vinzi wirkte versteinert. Wie tot.
    »Ich fürchte mal, dass das auch mit Charlotte Liebermann zu tun hat.« Plotek zog die Schlinge immer enger. »Deiner alten Freundin. Oder nicht?« Mehr Feststellung als Frage. Er sah Vinzi jetzt durchdringend an. »Mal wieder was von ihr gehört?«
    Vinzi schüttelte den Kopf. Also doch nicht ganz tot.
    »Auch nicht vor ein paar Tagen?«
    »Was soll das?«, fragte Vinzi, der jetzt wieder ganz lebendig wurde. Auch aggressiv. »Wird das ein Verhör oder was?«
    Ploteks Blick blieb uneinsichtig. Er hörte sozusagen einen angeschossenen Hund bellen.
    »Du glaubst doch nicht, dass ich. . .« Vinzi stockte, als könnte er selbst nicht daran glauben. Plotek hingegen hatte nichts übrig für den Glauben. Noch nie. Also sagte er auch nichts, sondern schwieg. Was mehr bedeutete als tausend Worte. Vinzi schwieg auch. Was Antwort genug war. Es war ein stummer Dialog, der mehr offenbarte als ein wortgewaltiger Disput. Agnes hätte jetzt gesagt: »Du bist nicht konfliktfähig.« Zu Plotek. Und zu Vinzi auch. Aber vergiss es. Manchmal gibt es Konflikte, die nicht besprochen werden können. Nur beschwiegen. Wie jetzt. Beide schwiegen vor sich und den anderen hin, sahen auf den Computerbildschirm, von dem ihnen nach wie vor die fünf Dateien wie Anklageschriften entgegenleuchteten. »Und jetzt?« Plotek fragte es irgendwann, als sie sich im Schweigen längst eingerichtet hatten.
    »Haben wir ein Problem«, sagte Vinzi zögerlich. Als hätte er den Vorhang zum Drama ein wenig zur Seite geschoben.
    »Glaub‘ ich auch. Sogar ein

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