Aibon - Land der Druiden
zu schwach. Er sank zu Boden und blieb in seiner hockenden Haltung, ohne auch nur ein Glied zu bewegen. Sein Augenmerk richtete sich auf den Kreis.
Niemand hatte ihm bisher eine Erklärung gegeben, die beiden geisterhaften Gestalten der Dämonen konnten nicht reden, die Arme ebenfalls nicht, und doch vernahm Mandra Korab eine Stimme. Sie war da, er sah den Sprecher nicht, auch wenn er sich drehte, aber er schien überall anwesend zu sein, denn die Stimme drang von allen Seiten auf ihn zu.
Sie kam aus der Luft. Von einer Ecke bis zur anderen füllte sie die flache Mulde aus, wurde zu einem Echo, und Mandra vernahm sie als Dröhnen in seinen Ohren.
»Ich bin der Herrscher dieses Landes«, wurde ihm erklärt. »Man hat mich damals herausgefordert. Ich war gezwungen, meine Passivität aufzugeben, weil einer deiner Dolche auch mein Reich nicht verschonte. Ich wohnte in der Erde, ich lebte auch in der normalen Welt, obwohl mein Reich das Land Aibon ist. Aber Männer kamen, um den Dolch zu finden. Es waren gefährliche Menschen, die flogen mit einem Vogel aus Metall, aber ich bewies ihnen, dass ich stärker bin. Weißt du nun, Mensch, mit wem du reden wirst?«
»Nein, noch nicht!« flüsterte Mandra. Obwohl er leise gesprochen hatte, war er genau verstanden worden.
»Kennst du mich wirklich nicht? Ich bin Guywano, der alte Druide, und ich herrsche in diesem Reich mit eiserner Strenge. Mir gehorcht Aibon, auch wenn es Gegenkräfte gibt, die mich nicht mögen. Ich bin derjenige, der dafür sorgen wird, dass Aibon sich aus dem Dunkel der Dimensionen erhebt und Kontakt mit anderen Welten aufnimmt, denn ich allein besitze die Macht. In meiner Hand befindet sich etwas, von dem die meisten Menschen nur träumen können…«
Mandra Korab wusste, was der unsichtbare Sprecher wollte. Er tat ihm auch den Gefallen. »Wovon redest du?«
»Es steht vor dir.«
»Das Rad?«
»Ja, es ist das Rad. Aber ein besonderes, wie du dir sicherlich denken kannst. Es besteht aus zwei Kreisen und dem großen Druidenstern, und es hat einen bestimmten Namen bekommen. Es ist das, was von den Menschen stets symbolisch gemeint wird, ohne dass diejenigen, die davon reden, überhaupt wissen, dass es tatsächlich existiert. Ich aber will es dir erklären. Was du dort siehst, ist das Rad der Zeit…«
Das Rad der Zeit! Mandra Korab konnte nicht vermeiden, dass ein Schauer über seinen Rücken lief, der sich zu einer Gänsehaut verdichtete.
Er hockte auf dem Boden und schaute auf das Rad der Zeit. War es eine Lüge, entsprach es den Tatsachen?
Es war schwer für ihn, den Erklärungen zu glauben. Bisher hatte er den Begriff stets als ein Sprichwort aufgefasst, aber befand er sich nicht in einer Welt, wo alles anders war? Es konnte durchaus möglich sein, dass dieses Rad der Zeit existierte, denn in diesem Land sollten bekanntlich Legenden und Märchen zur Wahrheit werden. Hier waren sie entstanden, bevor sie auf irgendwelchen geheimnisvollen Wegen zu den Menschen gelangten, die sie weitererzählten.
»Du glaubst mir nicht?« sprach Guywano den Inder an.
»Es fällt mir schwer.«
»Das kann ich mir vorstellen. Immer wieder will die Arroganz der Menschen solche Dinge nicht wahrhaben, die es tatsächlich gibt. Wenn die Menschheit von Vorgängen erfährt, die nicht in ihre Welt hineinpassen, ignoriert sie diese Dinge einfach. Und das empfinde ich als überheblich. Deshalb werden sie auch die Quittung bekommen. Und mit dir mache ich den Anfang.«
»Wieso? Was hast du vor?«
»Ich werde dich auf das Rad der Zeit binden lassen!« erklärte Guywano mit fester Stimme.
Mandra ließ einige Sekunden verstreichen, bevor er seine einfache Antwort formulierte. »Und dann?« fragte er.
Die Stimme aus dem Unsichtbaren lachte. »Das Rad der Zeit ist etwas ganz Außergewöhnliches. Denke nach, was man mit einem Rad alles anstellen kann, Mandra.«
»Man kann es drehen.«
»Sehr richtig. Man dreht es vor oder zurück. Das ist normal. Aber dieses Rad hat noch eine ganz besondere Eigenschaft. Wenn ich das Rad vordrehe, wird die Magie wirksam. Das heißt, derjenige, der auf das Rad der Zeit festgebunden wurde, erlebt nicht mehr die Gegenwart, er rutscht hinein in die Zukunft. Er wird beim Vordrehen des Rades die Zukunft erleben, und wenn ich es zurückdrehe, hat er das Vergnügen, in der Vergangenheit zu sein. Aber nicht nur er erlebt so etwas mit, auch die Umgebung verändert sich für ihn. Magie macht es möglich. Über die Jahrhunderte hinweg haben die alten
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