Aibon - Land der Druiden
finden. Außerdem bin ich nicht allein gekommen. Ich hatte zwei Gefährten bei mir, die ebenfalls verschollen sind…«
»Kannst du fliegen?« fragte er mich.
»Wie…«
»So weit ist es. Und dann ist es noch nicht sicher, ob du auch überlebst, John.«
»Das bin ich gewohnt. Es ist mein Beruf, so zu denken. Ich muss einfach hin.«
»Du hast Glück gehabt«, erklärte mir der rote Ryan. »Als die Brücke zwischen zwei Welten stand und ihr nach Aibon hinübergehen konntet, da stemmten sich euch mehrere Kräfte oder Magien entgegen. Unter anderem war ich daran beteiligt. Ich hatte vorgehabt, alle drei zu mir zu holen. Es gelang mir nicht, weil es jemand gab, der stärker war als ich. Viel stärker noch. Er holte deine Freunde.«
»Also wieder Guywano?«
»Richtig.«
»Dann muss ich mich ihm entgegenstellen. Ich kenne ihn. Ich habe bereits einmal…«
Der rote Ryan winkte ab. »Vergiss es, John. Vergiss es ganz schnell. Das war in deiner Welt. Sie kannst du mit der meinen nicht vergleichen. Aibon ist anders.«
»Ich will aber hin!«
Der rote Ryan sagte nichts. Er stand auf, ging zwei Schritte und schaute den Elfen zu, die fast lautlos durch das hohe Gras der Lichtung tobten.
»Die Entfernung ist groß«, hörte ich ihn sprechen. »Sehr groß, aber es gibt eine Möglichkeit, sie zu überbrücken.«
Ich stand ebenfalls auf. »Durch Magie?«
»Nicht direkt. Was für dich Magie ist, das ist für mich normal, John. Vergiss es nicht. Wir leben in einer Welt, wo Märchen und Legenden wahr geworden sind und ihre Berechtigung haben. Deshalb möchte ich dich etwas fragen. Glaubst du an Märchen?«
Ich deutete in die Runde. »Nachdem ich das hier gesehen habe, denke ich anders darüber.«
Mein neuer Partner nickte, bevor er weitersprach. »Hast du schon einmal von den Trooping Fairies gehört?«
»Eigentlich schon.«
»Die Antwort ist dünn.«
Das wusste ich selbst, aber ich kam im Augenblick nicht darauf. Der Begriff als solcher war mir nicht unbekannt. Tatsächlich hatte ich ihn schon vernommen, das allerdings lag sehr lange zurück und war noch vor meiner Zeit als Geisterjäger gewesen. In meiner Jugend und Kindheit hatte man mir davon erzählt, wenn meine Eltern und ich Urlaub auf dem Lande machten.
»Ich merke schon, dass du dich nicht so recht erinnern kannst«, sagte der rote Ryan. »Deshalb will ich dir noch einmal helfen. Die Trooping Fairies sind etwas Besonderes im Reich der Elfen. Sie gehören ebenfalls zu diesen hier lebenden Waldwesen, nur sehen sie etwas anders aus. Sie gleichen mehr den damals verstoßenen Engeln, sind im Vergleich zu den anderen sehr groß, und sie gehören zu den anmutigsten Personen der Unsterblichen, wie ich sie immer nenne. Man kann sie auch als Kavallerie des Elfenreiches bezeichnen, denn sie sitzen hoch zu Ross, und wenn sie erscheinen, erklingt ein wundersames Glockenspiel. Die Menschen sind sprachlos vor Entzücken, wenn sie die Gestalten auf ihren schneeweißen Rössern sitzend bei hellem Mondschein über die Lichtungen reiten sehen, denn sie werden von dem Silberklang des Glockenspiels begleitet. Es gibt bisher wenige Menschen, die sie zu Gesicht bekommen haben. Wenn diejenigen darüber erzählten, so glaubte man ihnen nicht, oder man machte Legenden und Fabeln daraus. Aber einer war entzückt über die Trooping Fairies. Euer großer Dichter Shakespeare, der mehr gesehen und in seinen Dichtungen verarbeitet hat, als viele auch nur annahmen. Auch mich kannte er, denn ihm war der Blick nach Aibon vergönnt.«
Wieder wurde ich überrascht. »Ich habe aber nie gelesen, dass er dich erwähnte.«
»Doch, ich bin erwähnt worden. Nur nicht unter dem Namen, der dir bekannt ist. Ich habe noch einen anderen. Vielleicht wirst du ihn einmal erfahren, John…« Mehr wollte er zu diesem Thema nicht sagen. Er kam wieder auf die Trooping Fairies zu sprechen und sagte: »Ich habe dir eines dieser Wesen als Begleiter ausgesucht. Es wird dich in das Reich bringen, das du unbedingt sehen willst. Noch einmal möchte ich dich warnen. Du wirst es schwer haben und kannst dein Leben zwischen dem Anfang und dem Ende der Zeiten verlieren…«
»Das Risiko gehe ich ein.«
Der rote Ryan lächelte. »Ich freue mich sehr, dass du zu den Menschen gehörst, denen Freundschaft über alles geht. Ja, auch das gibt es noch.«
Kaum hatte er die Worte gesprochen, als er seine Flöte aus der Tasche holte und eine wundersame Melodie darauf spielte. Sie war wohltönend in meinen Ohren, war herrlich
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