Aibon-Teufel
die Toten beerdigen. Das passiert ja auch. Dann aber werden sie in den Wald geschafft, um den Teufel zu besänftigen.«
Maxine konnte es nicht begreifen. »Und was sagt der Pfarrer dazu?«
Holbrook schaute die Tierärztin an, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf. »Welcher Pfarrer?«
»Gibt es hier keinen?«
»Nein. Wenn wir ihn brauchen, kommt er aus einem anderen Ort. Eine Messe hält er immer am Sonntagabend.«
»Und Sie gehen auch hin?«
»Alle gehen hin.«
»Ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?«
»Ja.« Holbrook fuhr über sein Haar. Dabei veränderte er seine Sitzhaltung. »Aus all diesen Gründen, die ich aufgezählt habe, will ich, dass meine Frau wieder zurückgebracht wird. Noch ist es Zeit. Wir können sie in den Wald legen und für den Aibon-Teufel...«
Ich ließ ihn nicht ausreden. »So weit kommt das noch, Mr. Holbrook. Ihre tote Frau bleibt bei meinen Kollegen in der Kühlkammer. Sie wird später ein normales Begräbnis erhalten, das ist sicher.«
Er überlegte sich seine Antwort, und als er sie aussprach, klang sie düster. »Dann müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie bald den Tod zahlreicher Menschen hier zu verantworten haben. Der Aibon-Teufel lässt sich nichts wegnehmen. Er wird sich rächen, verstehen Sie?«
»Indem er die Bewohner hier tötet?«
»Ja.«
»Er allein?«
»Reicht das nicht?«
»Für Sie vielleicht, für mich nicht. Ich habe mit ihm eine Begegnung gehabt. Mit ein wenig Glück auf meiner Seite wären Sie jetzt aller Sorgen ledig.«
Er musste erst darüber nachdenken, wie ich das meinte. »Soll das heißen, dass Sie ihn gesehen haben?«
»Nicht nur das. Ich habe auch gegen ihn gekämpft. Wie ich schon sagte, mit etwas mehr Glück hätte ich ihn vernichtet. Nun können Sie sich vorstellen, dass ich mich auf eine Begegnung mit ihm schon freue.«
»Das ist irre.«
»Das meinen Sie.«
»Das schaffen Sie nicht!«
»Sie sollten das mir überlassen.« Ich hatte mich auf einen Hocker gesetzt, dessen Sitzfläche gepolstert war. »Aber ich glaube Ihnen nicht, dass Sie nur vor diesem Aibon-Teufel Angst haben. Er ist nur eine Kreatur, die nicht unbesiegbar ist, denken Sie daran. Sie brauchen sich ihm ja nicht allein zu stellen.«
Er schwieg.
Ich wartete eine Weile und sah, dass sich auf seiner Stirn Schweißtropfen gebildet hatten, obwohl es in diesem Zimmer nicht so warm war. Etwas musste ihn so stark beschäftigen, dass er nicht mehr daran dachte, mir eine Antwort zu geben.
»Warum sagen Sie nichts mehr?«
»Gehen Sie, aber kommen Sie mit meiner toten Frau zurück. Dann haben Sie Ihre Pflicht getan.«
»Tut mir Leid, das sehe ich anders. Meine Pflicht ist es, den Aibon-Teufel zu stellen und ihn zu vernichten. Das schaffe ich auch ohne Ihre tote Frau.«
»Nichts schaffen Sie, gar nichts. Er hat das Opfer von uns bekommen, aber Sie haben es ihm geraubt, und ich weiß, dass seine Rache fürchterlich werden wird.«
»Dann muss er in den Ort kommen!«
»Klar, das ist kein Problem für ihn.«
»Es wird aber eines werden, Mr. Holbrook, denn hier warten wir auf ihn. Und wir wissen, wie wir ihn packen können. Verlassen Sie sich darauf.«
»Seine Macht ist zu groß«, flüsterte er. »Sie ist überall, auch wenn wir sie nicht sehen. Sie hat uns unter Kontrolle. Das ist wie mit den Außerirdischen, die im All kreisen und unsere Erde beobachten und nebenbei kontrollieren.«
»Ach. Glauben Sie daran?«
»Manche tun es.«
»Aber gesehen hat sie noch niemand.«
Holbrook schwieg. Dabei schaute er aus dem Fenster und meinte schließlich: »Sobald es dunkel wird, kommt die andere Macht, gegen die wir uns nicht wehren können. Dann fallen die Teufel über uns her. Sie rächen sich an den Lebenden, weil sie die Toten nicht bekommen haben. Mehr will ich nicht sagen. Oder nur eines noch: Ich bin nicht mehr der Jüngste. Viele Menschen in meinem Alter sind schon tot. Ich habe mein Leben gelebt. Sie aber sollten daran denken, dass es hier im Ort auch Kinder gibt. Wollen Sie deren Tod auf dem Gewissen haben?«
»Nein. Aber ich möchte den Menschen hier die Angst nehmen, und deshalb werden wir bleiben.«
Er schwieg nun, griff wieder zur Flasche und machte uns damit klar, dass er uns nicht mehr bei sich haben wollte.
Ich sagte ihm, dass wir uns noch sprechen würden, und verließ mit Maxine das Haus.
»Sieht nicht gut für uns aus, oder?«
»Du sagst es.«
»Und was steckt wirklich dahinter?«
Ich hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, Max, aber ich bleibe
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