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Aina - Herzorgasmus

Aina - Herzorgasmus

Titel: Aina - Herzorgasmus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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stand ein ebensolches Wesen in deinem Wohnzimmer und hat deine Wunden geheilt und dann deinen blutdurchtränkten Pullover und die zerbrochene Vase verschwinden lassen. All diese Momente sind – obwohl sie in deinen Erinnerungen gelöscht wurden – noch in deinem Unterbewusstsein gespeichert. Und manchmal treten sie ans Tageslicht. Als eine Erinnerung an einen Traum, der sich viel zu realistisch anfühlt oder ein Deja Vu. Doch all das«, raunte er jetzt, »fühlt sich nur deshalb so real an, weil es real ist.«
    Aina schüttelte entsetzt mit dem Kopf. Sie wollte nicht glauben, dass er Recht hatte. Denn das hieße, dass ihr gesamtes Leben ein einziger Irrtum war. Alles, was sie je geglaubt hatte, würde damit in sich zusammenstürzen wie ein Kartenhaus.
    »Was glaubst du, was vor drei Jahren war, als dein Polizist dich bedrängt hat?«, fragte Rece jetzt.
    Aina erschrak. Woher wusste er davon?
    »Glaubst du, es ist Zufall, dass er dich seit dem in Ruhe lässt? Dass er dich nicht mehr anfasst? Jemand hat ihm verboten, dich zu berühren.«
    Aina erinnerte sich auch an diesen »Traum«. Andi war nach einem Kinobesuch in einer ruhigen Ecke des Gebäudes gewalttätig geworden. Er hatte sie geküsst und angefasst und alsAina ihn von sich weggedrückt hatte, hatte er ihre Hände festgehalten. Ihr kamen die Tränen, als sie sich daran erinnerte. Das sollte wirklich geschehen sein? Er hatte sie wirklich bedrängt? Einen Moment später jedoch war sein Körper von ihr weggerissen worden und sie sah vor ihrem geistigen Auge noch, wie ein Mann ihn an der Kehle festhielt und knurrend gegen die Wand drückte. Seine Beine baumelten in der Luft und er ächzte und keuchte unter dem Druck. Sie hörte, wie der Mann ihm befahl Aina in Ruhe zu lassen und zu vergessen, was er an diesem Abend getan hatte. Und dann hatte er ihn auf den Boden geschleudert. Sie hatte geglaubt, es sei ein Wunschtraum gewesen. Ihr Gerechtigkeitssinn, der sich mit ihrer bösen Seite vermischt hatte.
    Als sie zu Rece aufsah, machte er ein schmerzverzerrtes, wütendes Gesicht. »Ich sollte ihn jetzt noch dafür töten«, raunte er.
    Aina liefen die Tränen über das Gesicht. »Woher weißt du das alles?«, fragte sie. »Wieso weißt du mehr über mein Leben, als ich?« Sie klang verzweifelt. Offenbar war ihr Leben bisher wirklich eine einzige Lüge gewesen. Ein Schauspiel. Nichts daran war echt gewesen. Am allerwenigsten das, was sie von sich selbst geglaubt hatte. Sie war nicht verrückt. Das war sie nie gewesen. Das zu akzeptieren und als Realität anzuerkennen fühlte sich an, als müsse sie ihr gesamtes Leben in den Mülleimer werfen. Denn es war ganz offensichtlich substanzlos, da es nicht von ihrem wahren Selbst gelebt worden war, sondern von einem Schein-Ich. Von etwas, das sie geglaubt hatte zu sein. Und momentan wusste sie nicht, wer sie wirklich war. Ihre ganze Persönlichkeit war auf dem Glauben aufgebaut, verrückt zu sein. Nicht normal. Wer war sie, wenn dies jetzt wegfiel?
    »Ich kann direkt in deine Seele blicken, Aina. Ich spüre dich. Deine Gefühle, deine Gedanken. Alles, was du bist. Was du wirklich bist. Ich habe es in der Nacht, die wir zusammen verbracht haben, aus dir herausgelockt. Herauslocken wollen.«
    »Wieso?«, fragte sie. Sie verstand es nicht. Was wollte er von ihr? Hatte er all ihre Schatten aus ihr herausgelockt, um sie zu etwas zu machen, das ihm besser gefiel, als die alte Aina? Damit sie ihm auch zusagte, wenn er sie schließlich verwandelte?
    »Wer sagt, dass ich dich verwandeln werde?«, fragte er jetzt überrascht.
    »Ramon«, antwortete Aina.
    Rece seufzte. »Ich hätte nicht mit ihm darüber reden sollen.«
    »Ich weiß, dass meine Mutter auch verwandelt wurde«, sagte Aina jetzt unter Tränen. »Ihr habt sie zu einem Wesen gemacht, das euch gefällt. Und jetzt ist sie euch für immer hörig. Ihr Scheusale habt sie zu eurem Eigentum gemacht. Ramon hat mir alles darüber erzählt! Sie ist zu Loyalität verpflichtet. Für immer. Und dasselbe willst du mit mir machen«, weinte sie.
    Jetzt wurde Rece sichtlich wütend. »Ich mache gar nichts mit dir, Aina! Ich werde dich nicht verwandeln. Ramon glaubt das, weil ich es vorgehabt habe, aber ich kann es nicht tun und ich werde es auch nicht, okay?« Er stand auf und hielt sich mit beiden Händen den Kopf fest, als habe er Kopfschmerzen. Sein Gesicht war voller Schmerz und Wut. »Er hält es für eine große Ehre«, sagte er, nachdem er mehrmals tief durchgeatmet hatte,

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