Aina - Herzorgasmus
Glüher – den Wald, den die Menschen in dieser Stadt eher selten betraten. Er war ihnen zu dunkel und zu unheimlich. Selbst bei Tageslicht. Vermutlich hatten sie ihn deshalb irgendwann einmal so genannt. Weil sie ihn mit einem solchen Namen den Schrecken nehmen wollten. Aber ihr hatte seine Dunkelheit noch nie etwas ausgemacht. Genauso wenig wie Alva. Sie lebte in diesem Wald. In einer wunderschönen, kleinen Hütte, die jedoch auf der ganz anderen Seite der Stadt lag. Aina sah aus weiter Entfernung dieTürme des Schlosses über die Bäume ragen. Sie musste mit ihm reden. Ihn fragen, was mit ihr los war.
Wie in Trance ging sie weiter. Als würde sie magisch von ihm angezogen werden. Die Dunkelheit hüllte sie immer mehr ein und umgab sie wie eine kalte Umarmung. Sie wusste nicht, ob sie es sich einbildete, oder ob es tatsächlich immer kälter wurde, je näher sie dem Schloss kam. Sie fröstelte fürchterlich und zog sich ihren Mantelkragen hoch. Langsam verschwamm der schmale, dunkle Weg, der durch den Wald führte vor ihren Augen und als sie immer schlechter Luft bekam, ahnte sie, was los war. Er hatte seine Energie freigelassen. Seine kalte Aura durchzog den Wald und verlangsamte ihren Schritt. Ihre Beine wurden weich und in ihrem Kopf begann es zu hämmern. In demselben Tempo, in dem ihr Herz schlug. Zur selben Zeit zog ein dichter Nebel auf. Er umspielte erst nur ihre Knöchel, stieg jedoch innerhalb von Sekunden so sehr an, dass sie vielleicht gerade noch zwei Meter weit sehen konnte. Panik durchzog ihren Körper und appellierte an ihren Fluchtinstinkt. Doch sie wollte und konnte nicht umkehren. Sie musste ihn sehen. Würde er sie umbringen, wenn sie weiter ging? Oder würde er seine Aura zurückziehen, so wie er es an diesem einen Tag getan hatte? Sie ging noch ein paar Schritte und stolperte dann über ihre eigenen Füße.
In diesem Moment sah sie eine Gestalt vor sich. Einen Mann. Nein, zwei. Sie kamen auf sie zu. Hinter ihnen erhob sich irgendetwas. Wie zwei Schatten, die ihnen folgten. Zwei riesige Schatten. Sie konnte es nicht richtig erkennen. Ihr drehte sich bereits alles. Doch sie sah genau, um wen es sich bei den Männern handelte. Es waren Vampire. Bleich wie der Mond und mit pechschwarzen Augen. Sie krabbelte auf dem Boden rückwärts, doch sie hatte keine Chance. Sie traten zu ihr vor, sahen sie an und machten hasserfüllte Gesichter.
»Aina?«, fragte der eine.
Aina nickte und erkannte nur im Bruchteil einer Sekunde, dass dies der größte Fehler ihres Lebens gewesen war. Er stürzte sich sofort auf sie. Aina versuchte ihn mit den Armen abzuwehren, doch ihre Muskeln fühlten sich wie Pudding an. Er nahm ihre Arme und drückte sie auf den Boden, wobei er sie anknurrte wie ein wildes Tier. Aina sah mit Entsetzen, wie seine Eckzähne hervortraten und schrie. Doch er senkte bereits den Kopf zu ihrem Hals hinunter. Sie konnte sich nicht wehren. Sie hatte keine Kraft. Es fühlte sich an, als würde sie von einem Steinfelsen hinuntergedrückt werden. Ihr blieb nichts Anderes mehr übrig, als es geschehen zu lassen. Sie kniff die Augen zu und spürte plötzlich einen kräftigen Ruck und ein lautes, kehliges Knurren. Das Gewicht des Mannes war von ihrem Körper verschwunden, so dass sie jetzt wieder die Augen öffnete und die verwackelten und verschwommenen Umrisse von jemandem sah, der gegen die beiden Männer kämpfte. Sie sah zu, wie er dem einen mit nur einem Schlag den Kopf abtrennte und den anderen durch die Luft schleuderte. Dann schlug er auf die Luft ein. Aina kniff die Augen zusammen. Wieder schlug er in die Luft. Was tat er da? Plötzlich wurde es vor ihren Augen dunkel. Sie konnte nichts mehr sehen. Sie kniff die Augen zusammen, doch die Dunkelheit blieb. Aus dem Augenwinkel erkannte sie jedoch die Umrisse des Waldes, was bedeutete, dass ihre Augen in Ordnung waren. Doch irgendetwas versperrte ihr die Sicht. Sie hob den Kopf und sah schließlich die Umrisse eines Körpers, der nur aus Schatten bestand. Aus Dunkelheit. Oder aus tiefschwarzem Nebel. Sie konnte es nicht sagen. Sie wusste nur, dass vor ihr etwas Dunkles kniete. Und in dem Moment manifestierten sich in dem Teil, der aussah wie ein Kopf, Augen. So böse, finster und eindringlich, dass es sich anfühlte, als würden sie in ihre Seele eindringen und sie mit in ihren dunklenAbgrund reißen. Plötzlich sah sie auch eine Nase in seinem Gesicht. Einen Mund und Gesichtszüge. Und bald kniete ein Mann vor ihr, der nun zwar einen
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