Aina - Herzorgasmus
hervorrief, das ihn – und er hatte es schon damals geahnt – vernichten würde: Zuneigung.
25
Pole
»Wo sind wir?«, fragte Aina und sah sich frierend um.
Die Schneelandschaft erstreckte sich bis zum Horizont, hinter dem langsam die Sonne unterging und die Wälder, welche die kleine Holzhütte auf dem schneebedeckten Hügel umgaben, in Dunkelheit tauchte.
Rece ging direkt auf die Hütte zu und zog Aina hinter sich her. »In der Nähe unseres Hauptwohnsitzes.«
Sie sah ihn von der Seite an. »Unseres?«
Er antwortete ihr erst, als sie schon kurz vor der Hütte standen. »Mein Bruder und ich leben hier.«
Aina blieb sofort erschrocken stehen, wurde aber von ihm weiter gerissen.
»Keine Angst«, flüsterte er. »Er wird dich hier am allerwenigsten vermuten. Er sucht überall nach dir. Nur nicht hier.«
Das hieß, dass er vermutlich schon in ihrer Heimatstadt nach ihr suchte? »Was ist mit meinem Vater?«
In ihrer Stimme schwang Panik mit, woraufhin Rece warnend zischelte und auf die Hütte deutete. »Ramon beschützt ihn«, flüsterte er.
»Hat er überhaupt eine Chance gegen deinen Bruder?«
»Mein Bruder kümmert sich niemals persönlich um solche Belange. Er wird seine Untertanen schicken. Und mit denen wird Ramon locker fertig«, raunte er.
Dennoch blieb Aina stehen. »Aber was ist, wenn er diese Schattenwesen schickt?! Er sagte, er kann nichts gegen sie ausrichten.«
»Scht«, machte er wieder und zog sie die Stufen hinauf.
In diesem Moment öffnete sich die Tür.
Ein Mann im Anzug stand da und verbeugte sich tief vor Rece. »Mein Herr«, sagte er ehrfürchtig.
Rece ging mit Aina einfach an ihm vorbei und zog sie durch das Wohnzimmer, bis sie eine unscheinbare Holztür erreichten. Sie führte in einen dunklen Keller, der ungewöhnlich sauber roch. Doch Aina konnte nichts erkennen. Es war stockfinster. Unten angekommen öffnete sich noch eine Tür, die ein wenig Licht in den Raum fallen ließ. Erst jetzt erkannte sie den Mann, der mit vorgebeugtem Oberkörper dastand und Rece ehrfurchtsvoll grüßte, während er ihm die Tür aufhielt. Sie führte in eine Art Fahrstuhl. Es war ein kleiner Raum, der im Gegensatz zu der Holzhütte sehr modern und luxuriös wirkte. Es gab auf der einen Seite der Wand 10 Ziffern, die man auswählen konnte. Sie alle hatten ein Minus davor. Rece drückte die – 5 und sofort setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung und fuhr in einem solchen Tempo abwärts, dass Aina stolperte und sich an Reces Arm festhielt.
Als der Fahrstuhl nach ein paar langen Minuten zum Stehen kam und sich die Tür öffnete, wäre sie fast hinten über gefallen, so wurde sie von dem Anblick erschlagen, der sich ihr hier bot. Vor ihr erstreckte sich eine riesige Halle von solchem Prunk, dass es sie blendete! Der Marmorboden wirkte wie ein Spiegel, so hoch poliert war er und die Decke schien aus purem Gold zusein. Es hingen zahlreiche kristalline Kronleuchter von der Decke und ließen den Raum nicht nur hell erstrahlen, sondern durch die vielen kleinen Kristalle, den spiegelnden Boden und die goldene Decke geradezu glitzern.
Rece betrat ohne zu zögern die Halle und zog Aina mit sich, die vor Staunen kaum den Mund zu bekam. Sie vermutete, dass es sich hierbei um eine Art unterirdischen Palast handelte.
»Mehrere«, sagte Rece auf einmal. »Sie sind über Tunnelsysteme miteinander verbunden.«
Sie konnte es kaum fassen. Sie hätte nie geglaubt, dass so etwas existierte! Am Ende der Halle öffnete sich eine riesige, goldene Tür und gab den Weg auf mehrere Korridore frei, die in verschiedene Richtungen führten. Sie alle waren mit roten Teppichen ausgelegt. Rece ging mit Aina rechts herum.
»Wer lebt hier noch?«, fragte sie, nachdem sie eine Weile den langen Korridor entlang gegangen waren.
»Nur ein paar ausgewählte Angehörige des Systems. Alle anderen leben in unterirdischen Städten weltweit.«
Aina riss den Kopf herum und blickte ihn entsetzt an. »Städte?«
Rece nickte amüsiert. Er spürte, dass sie schockiert war, dass es offenbar so viele von ihnen gab. »Wir kontrollieren das gesamte Weltgeschehen, Aina«, erklärte Rece ihr. »Es muss viele von uns geben.«
Sie sah ihn ungläubig an. »Ihr kontrolliert wirklich alles?«, fragte sie. »Die ganze Welt?«
Er nickte, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. »Die Menschen glauben das, was sie glauben wollen. Und das geben wir ihnen. Sie sind zufrieden mit ihrem polaren Dasein, in dem sie von Glück zu Unglück pendeln.
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