Airborn 01 - Wolkenpanther
schepperten über den Steg und übertönten Kates Schnaufen.
Crumlin und sein Freund gingen davon. Ich lauschte ihren leiser werdenden Schritten und folgte ihnen im Geiste durch das Schiff. Schlüssel klirrten, eine Tür wurde geöffnet und schloss sich wieder. Sie hatten das Passagierdeck betreten.
Wir krabbelten aus unserem Versteck. Ich war völlig fertig, nicht nur, weil wir fast erwischt worden wären, sondern weil die Piraten sich offenbar nun doch auf dem gesamten Schiff bewegten. Ich war unvorsichtig geworden und hatte angenommen, sie wären immer noch allesamt auf dem Oberdeck und bewachten die Geiseln. Nun würde es schwieriger für uns werden, heimlich durch das Schiff zu schleichen. Hoffentlich nahm Bruce sich in Acht.
»Alles in Ordnung?«, fragte Kate und berührte meine Wange. Das Streichholz hatte ein rotes Mal hinterlassen, das höllisch brannte. Ihre Fingerspitzen waren kühl und lindernd.
»Mir geht's gut«, erwiderte ich.
Der Geruch von Mr Vlads Kochkünsten driftete durch den Gang und mein Magen zog sich vor Hunger zusammen. Das Essen roch unglaublich lecker.
Wir schlichen weiter, vorsichtiger nun, und erreichten die Tür zu den Räumen der Passagiere. Die Piraten hatten sie hinter sich abgeschlossen. Ich lauschte und öffnete dann den Zugang zum Unterdeck.
Ich führte Kate an der Mannschaftsmesse vorbei in die Küche. Über uns konnte ich Schritte hören und das leise Singen und Fluchen von Mr Vlad, der in der Küche des Oberdecks werkelte. Ich ging zum Speiseaufzug und schob die Tür auf. Wir schauten hinein.
»Da passt du niemals rein«, sagte Kate.
»Klar tu ich das«, sagte ich zweifelnd.
Er war noch kleiner, als ich ihn in Erinnerung hatte.
»Vielleicht sollte ich es machen«, sagte Kate. »Ich bin kleiner als du.«
»Nein.«
»Dann rein mit dir«, sagte sie.
Ich reichte ihr das Fläschchen mit dem Schlafmittel. Ich musste mich rückwärts in die Öffnung zwängen, denn sobald ich einmal drinsteckte, würde ich mich nicht mehr regen und ganz gewiss nicht umdrehen können. Also schob ich mich rücklings hinein, Rücken und Nacken gebeugt, bis ich kaum noch atmen konnte, den Kopf zwischen den Knien. Ich fühlte mich wie ein Schlangenmensch aus dem Zirkus, der sich in eine Milchkiste zwängt.
»Geht's?«, fragte Kate.
Ich grunzte.
»Da schaut immer noch was raus«, sagte sie und versetzte mir einen kräftigen Stoß.
»Geht's auch etwas sanfter?«, zischte ich.
»Entschuldigung. Hier.« Sie legte das Schlafmittel in meine Hand und drückte meinen rechten Fuß hinein, der immer wieder rausrutschte.
»Wir wollen doch nicht, dass er in der Tür eingeklemmt wird. Bist du bereit?«
»Ja.«
Endlich war ich drin. Ich hätte mich lieber noch mal über den Ozean kurbeln lassen. Schweiß kitzelte mich am ganzen Körper. Kate schob die Tür zu, und ich fragte mich, ob mein Herz wohl stehen bleiben würde. Zum Glück gab es wenigstens noch das kleine, runde Fenster. Kate spähte zu mir herein, lächelte und hob dann die Hand zum Schaltknopf. Mit einem Ruck wurde ich nach oben befördert. Das Fenster wurde dunkel.
Es war nur eine Strecke von drei Metern, aber es waren die langsamsten drei Meter meines Lebens. Der Aufzugsmotor brummte angestrengt, und ich fragte mich, ob er wohl je ein so großes Gewicht transportiert hatte. Ich wog nicht sehr viel, aber sicherlich mehr als eine Ladung Lammkoteletts.
Um Gottes willen! Was wäre, wenn bei Vlad in der Küche Piraten herumlungerten? Was, wenn sie ihn dort bewachten? Ich würde ihnen dressiert wie eine Weihnachtsgans in die Hände fallen.
Licht hüpfte durch das Fenster zu mir herein; ich war in der oberen Küche angekommen. Dampfende Töpfe und spritzende Bratpfannen standen auf dem Herd, auf den Schneidbrettern lag überall Gemüse, Fisch und Kartoffeln herum. Da stand Mr Vlad, mit dem Rücken zu mir, und rührte in einem riesigen Suppentopf. Ich verrenkte mir halb den Kopf, entdeckte aber sonst niemanden. Dann wartete ich darauf, dass der Koch sich umdrehte. Ich hatte gehofft, er würde den Speiseaufzug hören und sich wenigstens aus Neugier einmal umsehen. Doch offenbar hatte der Küchenlärm den Aufzug übertönt.
Von innen ließ sich die Tür nicht öffnen.
Ich klopfte mit meinen Knöcheln gegen das Glas.
Ein Anflug von Panik flatterte wie ein Fledermausflügel in meiner Brust.
Ich war gefangen.
Ich klopfte lauter und konnte sehen, wie Mr Vlad sich aufrichtete. Ich klopfte noch einmal und diesmal drehte er sich stirnrunzelnd
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