Airborn 02 - Wolkenpiraten
Jagd auf uns machen.«
»Bis die so weit sind, dass sie starten können, sind wir schon weit weg«, meinte Slater. Er wandte sich an Jangbu: »Über Holland ist das Wetter gut und wolkig. Dort verstecken wir uns vorläufig.«
»Und wir müssen jetzt reden«, wandte er sich an mich. »Dorje.«
Dorje übergab das Steuerrad an Dalkey, der vor wenigen Augenblicken die Leiter heruntergekommen war, um seine Wache zu übernehmen. Slater dirigierte uns in den kleinen Navigations und Funkraum hinter der Brücke.
»Jetzt lasst uns mal herausbekommen, wohin genau wir wollen.« Slater schob mir Papier und Bleistift zu und blickte mich erwartungsvoll an. Das erinnerte mich an John Rath im Ritz und plötzlich überfiel mich ein kalter Schauer von Unsicherheit. Wie gut kannte ich eigentlich diesen Kapitän und seine Mannschaft? Ich blickte Dorje an und konnte gar nicht anders, als ihm zu vertrauen. Ich schrieb Längen- und Breitengrad der Hyperion nieder.
Dorjes Blick glitt schell über die Zahlen, dann holte er aus einem der vielen sauber beschrifteten Schubfächer unter dem Kartentisch eine lange Pergamentrolle hervor und breitete sie aus.
Fast sofort hatte er den Ort gefunden und berührte ihn mit seinem Zirkel.
»Eine interessante Stelle«, bemerkte er.
»Die Faust des Teufels«, meinte Slater.
»Die hätte uns fast erwischt«, sagte ich.
»Wie hoch war die Hyperion ?«, fragte Dorje mich.
»Zwanzigtausend Fuß.«
»Deshalb hat sie die ganzen Jahre überstanden«, meinte Dorje.
Ich nickte. »Sie ist über dem Wetter. In dieser Höhe kann sie ewig treiben.«
Dorje zog eine zweite Karte aus den Schubfächern. Sie war aus durchsichtigem Pergament, dünn wie Zwiebelschale und mit allen möglichen Wirbeln und Symbolen versehen, von denen ich einige als meteorologische Zeichen erkannte. Dorje legte sie so über die erste Karte, dass beide zusammen gelesen werden konnten.
»Tag und Uhrzeit, als du sie gesehen hast?«, fragte Dorje.
Ich nannte beides und er notierte es schnell.
»Ihre Richtung?«
»Südsüdwest.«
»Geschwindigkeit?«
»Vielleicht dreißig Luftknoten. Aber das ist nur geschätzt.«
Dorje griff wieder in die Schubfächer und holte noch mehr von diesen zwiebelschalendünnen Pergamentblättern hervor.
»Ich brauche etwas Zeit«, sagte er.
»Lassen wir Dorje in Ruhe arbeiten«, sagte Slater zu mir. Er kehrte auf die Brücke zurück, gab Jangbu und Dalkey ein paar Anweisungen und stieg dann mit mir die Leiter nach oben.
»Kann er wirklich die Position des Schiffs berechnen?«, fragte ich.
»Wenn er es nicht kann, kann das wohl niemand. Er kennt die Winde, besonders in dieser Gegend. Er kennt sie in der jeweiligen Höhe, Jahreszeit und Konstellation der Sterne. Nicht einmal diese Londoner Herrschaften mit ihrem neumodischen Turing-Computer können meteorologische Bedingungen berechnen wie Dorje. Aber jetzt wollen wir erst mal essen.«
Kate, Miss Simpkins und Nadira warteten schon im Salon.
Miss Simpkins, hatte ich den Eindruck, sah ein bisschen spitz aus, aber den anderen schien der schnelle Aufstieg der Sagarmatha nichts ausgemacht zu haben. Ein wunderbarer, viel versprechender Duft zog von der Küche herein und mein Magen machte einen erfreuten Satz.
»Meine Damen, wollen wir essen?«, fragte Slater.
»Nun, ich denke schon«, sagte Miss Simpkins, die aussah, als würde ihr allein das Aufstehen schon große Mühe bereiten.
Slater bot ihr den Arm und geleitete sie zum Tisch. Ich meinte einen Hauch von Farbe auf ihren Wangen zu bemerken, und mir fiel wieder ein, was Kate über Miss Simpkins und ihre Vorliebe für Schurken gesagt hatte.
Wenn ich Slater nur ansah, kam ich mir gleich ein paar Zentimeter kleiner vor. Seine gute Kleidung, sein flotter Haarschnitt und sein überlegenes Lächeln: Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals so angezogen zu sein oder so selbstbewusst zu wirken. Ich wollte seine Stiefel, ich wollte seine Jacke, ich wollte sein Schiff. Der Neid kam mir fast zu den Ohren heraus.
»Bis morgen haben Sie sich bestimmt eingewöhnt«, versicherte Slater Miss Simpkins. »Bei der Gelegenheit möchte ich schnell unsere Zeiten bekannt geben: Frühstück zwischen sieben und acht, Mittagessen von zwölf bis eins. Abendessen normalerweise um halb sieben, keine so schicke Zeit wie in Paris, aber wir pflegen hier früher schlafen zu gehen und früher aufzustehen. Zwischen den Mahlzeiten kann man bei Mrs Ram einen Imbiss bestellen, und normalerweise freut sie sich, gefällig zu sein. Bitte,
Weitere Kostenlose Bücher