Airframe
Interview?«
»O nein«, erwiderte Gershon lächelnd. »Martin und ich haben eine lange gemeinsame Geschichte. Wir mögen einander nicht besonders. Wenn wir uns wirklich einmal am selben Drehort aufhalten, fürchte ich, neigen wir dazu, uns anzuspucken.«
13 Uhr 00
Verwaltungsgebäude John Marder saß an seinem Schreibtisch und stellte die Unterlagen -die Requisiten - zusammen, die Casey in ihrem Interview benutzen sollte. Er wollte sie vollständig, und er wollte sie in der richtigen Reihenfolge. Zuerst den Bericht über die gefälschte Schubumkehrklappe am zweiten Triebwerk. Daß sie dieses Teil entdeckt hatten, war ein Glücksfall gewesen. Der ewig fluchende Kenny Burne hatte diesmal etwas richtig gemacht. Eine Schubumkehrklappe war ein wichtiges Teil, etwas, mit dem jeder etwas anfangen konnte. Und es war eindeutig eine Imitation. Pratt and Whitney würden einen Schreikrampf bekommen, wenn sie es sahen: Der berühmte Adler in ihrem Logo war seitenverkehrt aufgedruckt. Und wichtiger noch, das Vorhandensein eines gefälschten Teils würde die ganze Geschichte in diese Richtung treiben und den Druck von ihnen …
Sein privates Telefon klingelte.
Er hob ab. »Marder.«
Er hörte das Rauschen und Knistern eines Satellitentelefons. Hal Edgarton rief aus dem Firmenjet auf dem Flug nach Hongkong an. Edgarton sagte: »Ist es schon vorbei?«
»Noch nicht, Hal. In einer Stunde.«
»Rufen Sie mich an, sobald es vorbei ist.«
»Werde ich, Hal.«
»Und es wäre besser, wenn es gute Nachrichten sind«, sagte Edgarton und legte auf.
13 Uhr 15
Burbank Jennifer war nervös. Sie mußte Marty für eine Weile allein lassen, und es war nie gut, Marty während eines Drehtages allein zu lassen: Er war ein ruheloser, immer unter Strom stehender Mensch, und er brauchte dauernde Aufmerksamkeit. Jemanden, der ihm die Hand hielt und sich um ihn kümmerte. Marty war wie all die Tele-Stars bei Newsline - früher mochten sie Reporter gewesen sein, doch jetzt waren sie Schauspieler, mit allen Unarten von Schauspielern. Egozentrisch, eitel, fordernd. Nervensägen, wenn man es genau nahm.
Sie wußte außerdem, daß Marty, trotz seiner Keiferei über die Norton-Story, sich im Grunde genommen nur Sorgen um seine Wirkung machte. Er wußte, daß der Beitrag schnell zusammengeschustert wurde. Er wußte, daß er schäbig und schmutzig war. Und er hatte Angst, daß er, nachdem der Beitrag geschnitten war, eine lahme Story moderieren würde. Er hatte Angst, daß seine Freunde beim Mittagessen im Four Seasons abfällige Bemerkungen über die Story fallenlassen würden. Journalistische Verantwortung war ihm gleichgültig. Für ihn zählte nur seine Wirkung.
Und den Beweis, das wußte Jennifer, hatte sie in Händen. Sie war nur zwanzig Minuten weg gewesen, doch als ihr Auto wieder auf den Drehort rollte, sah sie Marty mit gesenktem Kopf ruhelos auf und ab gehen. Kummervoll und unglücklich.
Typisch Marty.
Sie stieg aus. Er kam sofort zu ihr und fing an, sich zu beklagen, ihr zu sagen, daß sie den Beitrag sausenlassen, Dick anrufen und ihm gestehen sollte, daß es nicht funktionierte … Sie schnitt ihm das Wort ab.
»Marty. Schauen Sie sich das an.«
Sie gab die Videokassette, die sie in der Hand hielt, dem Kameramann und bat ihn, sie abzuspielen. Der Kameramann legte sie in die Kamera ein, und Jennifer ging zu dem kleinen Kontrollmonitor, der auf dem Rasen stand.
»Was ist das?« fragte Marty und beugte sich ebenfalls über den Monitor.
»Schauen Sie es sich an.«
Das Band begann zu laufen. Es fing an mit einem Baby auf dem Schoß seiner Mutter. Gu-gu. Ga-ga.
Das Baby nuckelte an seinen Zehen.
Marty sah Jennifer an. Er zog seine dunklen Augenbrauen hoch.
Sie sagte nichts.
Das Band lief weiter.
Wegen der Sonne, die grell auf den Monitor schien, waren Details nur schwer zu erkennen, aber sie sahen trotzdem genug. Körper, die plötzlich durch die Luft wirbelten. Marty hielt den Atem an und starrte aufgeregt auf den Monitor.
»Wo haben Sie das her?«
»Unzufriedene Angestellte.«
»Angestellte von?«
»Einem Videoladen, der für Norton Aircraft arbeitet. Eine aufrechte Bürgerin, die dachte, daß es an die Öffentlichkeit kommen sollte. Sie hat mich angerufen.«
»Ist das ein Norton-Band?«
»Sie haben es in der Maschine gefunden.«
»Unglaublich«, sagte Marty, ohne den Blick vom Monitor zu nehmen. »Unglaublich.« Körper wirbelten durch die Luft, die Kamera bewegte sich. »Das ist schockierend.«
»Ist es nicht
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