Airframe
»Ich meine, das könnte ja wirklich eine Freudenbotschaft sein. Hat Hal wirklich eine Absichtserklärung von den Chinesen bekommen?«
»Ich glaube schon«, sagte Trung. »Weil die Firma nämlich in aller Stille aufrüstet. Es wurde ein zweiter Satz Montagevorrichtungen für den Flügel gebaut, die demnächst nach Atlanta verschifft werden sollen. Ich glaube, er hat den Vertrag schon in der Tasche.«
»Was er hat«, sagte Burne, »ist ein schwerer Fall von Schwarzem Peter.«
»Soll heißen?«
»Edgarton hat vielleicht eine vorläufige Anfrage aus Peking. Aber acht Milliarden Dollar ist ein großer Auftrag von einem großen Gorilla. Boeing, Douglas und Airbus sind ebenfalls hinter diesem Auftrag her. Die Chinesen könnten ihn immer noch jedem von uns geben. Es ist ihre Art, sich erst in letzter Minute zu entscheiden. Die machen das ständig so.
Edgarton hat Schiß, das Geschäft nicht zu bekommen und dem Aufsichtsrat gestehen zu müssen, daß ihm ein dicker Auftrag durch die Lappen gegangen ist. Also, was macht er? Er schiebt den Schwarzen Peter Marder zu. Und was macht Marder?«
»Marder schiebt uns das Ganze einfach in die Schuhe«, sagte Trung.
»Genau. Diese TPA-Geschichte bietet ihnen eine optimale Ausgangsposition. Wenn sie mit Peking abschließen, sind sie die Helden. Aber wenn es in die Hose geht…«
»… dann liegt es daran, daß wir es verpatzt haben«, ergänzte Trung.
»Genau. Wir sind der Grund, warum ein Acht-MilliardenDollar-Geschäft gescheitert ist.«
»Nun denn«, sagte Trung und stand auf. »Ich glaube, wir sollten uns besser dieses Flugzeug anschauen.«
9 Uhr 12
Verwaltungsgebäude
Harald Edgarton, der neuernannte Präsident von Norton Airc-raft, stand am Fenster seines Büros im zehnten Stock und sah auf das Firmengelände hinaus, als John Marder eintrat. Edgarton war ein kräftiger Mann, ein ehemaliger Footballspieler, mit einem schnell bereiten Lächeln und kalten, wachsamen Augen. Er hatte zuvor für Boeing gearbeitet und war vor drei Monaten zu Norton geholt worden, um das Marketing der Firma zu verbessern.
Edgarton drehte sich um und sah Marder stirnrunzelnd an. »Was für ein Schlamassel«, sagte er. »Wie viele sind tot?«
»Drei«, sagte Marder.
»Verdammt«, sagte Edgarton und schüttelte den Kopf. »Daß das gerade jetzt passieren muß. Haben Sie dem Untersuchungsteam von der Absichtserklärung erzählt und ihnen gesagt, wie dringend das Ganze ist?«
»Ja. Sie wissen Bescheid.«
»Und Sie klären die Sache noch diese Woche?«
»Ich werde persönlich den Vorsitz übernehmen, damit die Sache auch wirklich durchgezogen wird«, sagte Marder.
Edgarton war noch nicht beruhigt. »Was ist mit der Presse?« fragte er. »Ich will nicht, daß die PR-Abteilung diese Sache übernimmt. Benson ist ein Säufer, die Journalisten hassen ihn. Und die Ingenieure können es auch nicht. Die sprechen ja nicht mal Englisch …«
»Das hab ich im Griff, Hal.«
»Wirklich? Ich will nicht, daß Sie mit der verdammten Presse reden. Von Ihnen kommt kein Wort, ist das klar?«
»Verstehe«, sagte Marder. »Ich habe Singleton die Pressearbeit übertragen.«
»Singleton? Diese Frau aus der QA?« fragte Edgarton. »Ich habe mir das Band angesehen, das Sie mir gegeben haben, auf dem sie mit den Reportern über diese Dallas-Geschichte redete. Hübsch ist sie ja, aber sie nimmt kein Blatt vor den Mund.«
»Aber genau das wollen wir doch, nicht?« sagte Marder. »Aufrichtigen, typisch amerikanischen, unverblümten Pragmatismus. Und sie hat einiges auf dem Kasten, Hal.«
»Das sollte sie auch«, sagte Edgarton. »Wenn die Kacke erst mal am Dampfen ist, muß sie was bringen.«
»Das wird sie«, entgegnete Marder.
»Ich will nicht, daß irgendwas dieses China-Geschäft unterminiert.«
»Das will niemand, Hal.«
Einen Augenblick lang sah Edgarton Marder nachdenklich an. Dann sagte er: »Ich hoffe, daß Ihnen eins sonnenklar ist. Mir ist es nämlich egal, wen Sie hier in der Firma fördern - wenn dieses Geschäft in die Binsen geht, werden eine Menge Leute ihren Job verlieren. Nicht nur ich. Auch viele andere Köpfe werden rollen.«
»Ich verstehe«, sagte Marder.
»Sie haben die Frau ausgewählt. Das war Ihre Entscheidung. Der Aufsichtsrat weiß das. Wenn mit ihr irgendwas schiefgeht oder mit dem IPvT - dann müssen Sie den Kopf hinhalten.«
»Es wird nichts schiefgehen«, sagte Marder. »Es ist alles unter Kontrolle.«
»Das möchte ich Ihnen auch geraten haben«, sagte Edgarton und drehte
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