Airframe
Lachnummer machen. Es würde -
»Wir können das den ganzen Tag lang machen, wenn Sie wollen«, sagte Rawley eben. »Um das geht’s ja. Es ist für die N-22 kein Problem, wenn die Slats bei Reisegeschwindigkeit ausgefahren werden. Die Maschine hat das im Griff.«
»Versuchen Sie es noch einmal«, sagte sie mit verkniffenen Lippen.
»Es ist dieser Hebel da. Klappen Sie einfach die Metallabdeckung hoch und ziehen Sie den Hebel ungefähr zwei Zentimeter nach unten.«
Sie wußte, was er vorhatte. Er wollte sie vorführen.
»Ich glaube, es ist besser, wenn Sie es tun.«
»Ja, Ma’am. Wie Sie meinen.«
Rawley drückte den Hebel nach unten. Wieder rumpelte es. Die Nase ging leicht nach oben. Genau wie zuvor.
»Unser Verfolgerflugzeug«, sagte Rawley, »nimmt jetzt auf, wie die Slats ausgefahren werden, damit Sie auch von außen genau sehen können, was alles passiert. Okay? Slats werden eingefahren.«
Sie sah ungeduldig zu. »Na gut«, sagte sie. »Wenn die Slats den Unfall nicht verursacht haben, was dann?«
Nun sagte Singleton zum erstenmal etwas. »Wie lange, Teddy?«
»Wir sind jetzt dreiundzwanzig Minuten oben.«
»Ist das schon lang genug?«
»Vielleicht. Könnte jetzt jeden Augenblick passieren.«
»Was könnte passieren?« fragte Jennifer.
»Der erste Teil der Sequenz«, sagte Singleton, »die den Unfall verursacht hat.«
»Der erste Teil der Sequenz?«
»Ja«, sagte Singleton. »Fast alle Flugzeugunfälle sind die Folge einer Sequenz von Ereignissen. Wir nennen das eine Kaskade. Es ist nie nur eine Sache, sondern eine Ereigniskette, eins nach dem anderen. Wir glauben, daß bei dieser Maschine das auslösende Ereignis eine falsche Störungsmeldung war, hervorgerufen durch ein schlechtes Teil.«
Jennifer beschlich ein ungutes Gefühl. »Ein schlechtes Teil?«
Im Geiste schnitt sie das Band bereits zurecht. Sie mußte diesen heiklen Punkt umgehen. Singleton hatte gesagt, dies sei das auslösende Ereignis gewesen. Das mußte ja nicht unbedingt betont werden, vor allem, da es nur ein Glied in einer Kette von Ereignissen war. Das nächste Glied der Kette war ähnlich wichtig - wahrscheinlich sogar wichtiger. Schließlich war das, was bei 545 passiert war, furchteinflößend und spektakulär, es betraf das gesamte Flugzeug, und es war mit Sicherheit unsinnig, dafür nur einem schlechten Teil die Schuld zu geben.
»Sie haben gesagt, es gab eine Ereigniskette …«
»Richtig«, sagte Singleton. »Verschiedene Ereignisse in einer Sequenz, die unserer Ansicht nach letztlich zum Unfall führte.«
Jennifer ließ die Schultern sinken.
Sie warteten.
Nichts passierte.
Fünf Minuten vergingen. Jennifer fror. Immer wieder sah sie auf ihre Uhr. »Worauf genau warten wir?«
»Geduld«, sagte Singleton.
Plötzlich war ein elektronisches Pling zu hören, und auf der Instrumententafel sah sie eine bernsteinfarbene Schrift aufleuchten: Slats disagree. Eine Nichtübereinstimmung der Slats.
»Da ist es«, sagte Rawley.
»Da ist was?«
»Ein Hinweis, daß der Datenrecorder glaubt, daß die Slats nicht da sind, wo sie sein sollten. Wie Sie sehen, ist der Slats-Hebel oben, die Slats sollten also eingefahren sein. Und wir wissen, daß sie es sind. Aber die Maschine empfängt eine Meldung, daß die Slats nicht eingefahren sind. In vorliegenden Fall wissen wir, daß die Warnung von einem defekten Näherungssensor im rechten Flügel kommt. Der Näherungssensor sollte die Anwesenheit der eingefahrenen Slats registrieren. Aber dieser Sensor wurde beschädigt. Und wenn der Sensor kalt wird, verhält er sich unberechenbar. Sagt zum Beispiel dem Piloten, daß die Slats ausgefahren sind, obwohl sie es nicht sind.«
Jennifer schüttelte den Kopf. »Näherungssensor … Ich kann Ihnen nicht folgen. Was hat das mit Flug 545 zu tun?«
Singleton sagte: »Bei 545 erhielt das Cockpit eine Warnung, daß mit den Slats etwas nicht stimmte. Zu solchen Warnungen kommt es relativ häufig. Der Pilot weiß nicht, ob wirklich etwas nicht stimmt oder ob einfach nur der Sensor spinnt. Also versucht der Pilot, die Warnung zum Verlöschen zu bringen; er fährt die Slats aus und wieder ein.«
»Der Pilot von 545 hat also die Slats ausgefahren, damit diese Meldung da ausgeht?«
»Ja.«
»Aber das Ausfahren der Slats hat den Unfall nicht verursacht… «
»Nein. Das haben wir ja eben demonstriert.«
»Was dann?«
Rawley sagte: »Ladies, wenn Sie jetzt bitte wieder ihre Plätze einnehmen. Wir werden jetzt versuchen, den Vorfall zu
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