Airframe
Genehmigungsverfahren in anderen Ländern. So lange ich zurückdenken kann, haben ausländische Behörden auf der ganzen Welt die FAA-Freigabe als ausreichend akzeptiert. Jetzt hat die JAA diese Tradition durchbrochen, und ich glaube, der Grund dafür ist kein Geheimnis. Hier geht’s um Politik, Ms. Malone. Die JAA will, daß die Amerikaner europäische Triebwerke benutzen, ansonsten drohen sie mit Nichtfreigabe. Und natürlich steht Norton kurz vor einem Geschäftsabschluß mit China, und Airbus will dieses Geschäft.«
»Dann will die JAA das Flugzeug also schlechtmachen?«
»Nun, sie lassen auf jeden Fall Zweifel aufkommen.«
»Berechtigte Zweifel?«
»Was mich angeht, nein. Die N-22 ist ein gutes Flugzeug. Ein bewährtes Flugzeug. Airbus sagt, sie haben ein brandneues Flugzeug; Norton sagt, sie haben ein älteres, aber bewährtes Flugzeug. Die Chinesen werden wahrscheinlich das bewährte Produkt nehmen. Es ist auch etwas weniger teuer.«
»Aber ist das Flugzeug sicher?«
»Oh, absolut.«
- NTSB sagt, Flugzeug ist sicher.
Jennifer dankte ihm und legte auf. Dann lehnte sie sich zurück und seufzte. Keine Story.
Nichts.
Punktum.
Das Ende.
»Scheiße«, sagte sie.
Sie betätigte die Gegensprechanlage. »Deborah«, sagte sie. »Wegen dieser Flugzeugsache …«
»Sehen Sie es gerade?« fragte Deborah beinahe kreischend.
»Was denn?«
»CNN. Das ist unglaublich.«
Jennifer griff nach ihrer Fernbedienung.
12 Uhr 05
Restaurant El Torito
Das El Torito bot annehmbares Essen zu einem vernünftigen Preis und zweiundfünfzig Sorten Bier; es war ein Stammlokal der Ingenieure von Norton Aircraft. Das IRT-Team saß an einem Mitteltisch im Hauptraum gleich rechts neben der Bar. Die Kellnerin hatte die Bestellungen aufgenommen und ging gerade wieder weg, als Kenny Burne sagte: »Also, ich habe gehört, daß Edgarton ein paar Probleme hat.«
»Haben wir die nicht alle«, erwiderte Doug Doherty und griff nach Chips und Salsa.
»Marder haßt ihn.«
»Na und?« fragte Ron Smith. »Marder haßt jeden.«
»Schon, aber die Sache ist die«, sagte Kenny »Ich habe gehört, daß Marder nicht zulassen wird…«
»O Gott. Schaut!« Doug Doberty deutete quer durchs Zimmer zum anderen Ende der Bar.
Sie alle drehten sich um und starrten zu dem Fernseher hinüber, der über dem Tresen montiert war. Der Ton war abgedreht, aber die Bilder waren unmißverständlich: der Innenraum eines Norton-Großraumjets, gesehen durch eine heftig wackelnde
Videokamera. Passagiere flogen buchstäblich durch die Luft, knallten gegen Gepäckfächer und Wandverkleidung, purzelten über Sitzlehnen.
»Ach du Scheiße«, sagte Kenny.
Sie sprangen auf, schrien: »Ton! Ton an!« und liefen in die Bar. Die entsetzlichen Bilder flimmerten weiter über den Bildschirm.
Als Casey die Bar betrat, waren die Video-Aufnahmen bereits vorüber. Der Bildschirm zeigte jetzt einen dünnen Mann mit einem Schnurrbart in einem maßgeschneiderten dunklen Anzug, der entfernt an eine Uniform erinnerte. Sie erkannte Bradley King, einen Anwalt, der sich auf Flugzeugunfälle spezialisiert hatte.
»Na, das paßt ja«, sagte Burne. »Es ist Sky King.«
»Ich glaube, diese Bilder sprechen für sich«, sagte gerade Bradley King. »Mein Klient, Mr. Song, hat sie uns zur Verfügung gestellt, und sie zeigen sehr deutlich, welche Torturen die Passagiere dieses Unglücksflugs über sich ergehen lassen muß-ten. Dieses Flugzeug ging ohne Veranlassung in einen unkontrollierten Sturzflug über und konnte erst in einer Höhe von fünfhundert Fuß über dem Pazifik wieder abgefangen werden.«
»>Was?« rief Kenny Burne. »Es hat was getan?«
»Wie Sie wissen, bin ich selbst Pilot, und ich kann Ihnen absolut zuverlässig versichern, daß dieses Vorkommnis ein Resultat bekannter Konstruktionsmängel des N-22-Jet ist. Norton weiß seit Jahren über diese Mängel Bescheid und hat nichts getan. Piloten, Bodenpersonal und FAA-Spezialisten haben sich bitter über dieses Flugzeug beklagt. Ich kenne persönlich Piloten, die sich weigern, die N-22 zu fliegen, weil sie so unsicher ist.«
»Vor allem diejenigen, die auf deiner Gehaltsliste stehen«, sagte Burne.
Im Fernsehen sagte King weiter: »Und doch hat die Norton Aircraft Company nichts Grundlegendes gegen diese Mängel getan. Es ist eigentlich unerklärlich, daß trotz des Wissens um diese Probleme nichts unternommen wurde. Angesichts dieser kriminellen Nachlässigkeit war es nur eine Frage der Zeit, bis eine solche Tragödie
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