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Airframe

Airframe

Titel: Airframe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Fred Barker in Los Angeles an. Es schien beinahe, als hätte er ihren Anruf erwartet. »Das ist ein ziemlich dramatisches Videoband«, sagte sie.
    »Es ist beängstigend«, sagte Barker, »wenn bei einem Flugzeug, das gerade fast Schallgeschwindigkeit fliegt, die Slats ausgefahren werden. Aber genau das ist bei dem TransPacific-Flug passiert. Es ist das neunte Mal, daß das passierte, seit diese Maschine in Dienst gestellt wurde.«
    »Das neunte Mal?«
    »O ja. Das ist nichts Neues, Ms. Malone. Mindestens drei weitere Tote gehen auf das Konto von Nortons Pfuscharbeit, und
    doch hat die Firma nichts dagegen unternommen.«
    »Haben Sie eine Liste?«
    »Geben Sie mir Ihre Faxnummer.«
    Jennifer starrte die Liste an. Sie war ein bißchen zu detailliert für ihren Geschmack, aber dennoch sehr überzeugend:
    Norton N-22 Slats-Vorfälle
    1. 4. Januar 1992: Slats ausgefahren bei FH 350 und 0, 84 Mach. Der Klappen/Slats-Hebel wurde unabsichtlich bewegt.
    2. 2. April 1992: Slats ausgefahren im Dauerflug bei 0, 81 Mach. Angeblich fiel Klemmbrett auf Klappen/Slats-Hebel.
    3. 17. Juli 1992: Was ursprünglich als heftige Turbulenzen gemeldet wurde, erwies sich später als Ausfahren der Slats infolge unabsichtlichen Bewegens des Klappen/Slats-Hebels. Fünf Passagiere verletzt, drei schwer.
    4. 20. Dezember 1992: Ausfahren der Slats bei Reisegeschwindigkeit ohne Bewegung des Klappen/Slats-Hebels im Cockpit. Zwei Passagiere verletzt.
    5. 12. März 1993: Flattern des Flugzeugs kurz vor Sackflug bei 0, 82 Mach. Überprüfung ergab, daß Slats ausgefahren und Hebel nicht in Verriegelungsposition war.
    6. 4. April 1993: Erster Offizier stützte Arme auf Klappen/Slats-Hebel, wodurch Hebel nach unten gedrückt und Slats ausgefahren wurden. Mehrere Passagiere verletzt.
    7. 4. Juli 1993: Pilot berichtete Bewegung des Klappen/ Slats-Hebels und Ausfahren der Slats. Maschine in Reisegeschwindigkeit bei 0, 81 Mach.
    8. 10. Juni 1994: Ausfahren der Slats bei Reisegeschwindigkeit ohne Bewegung des Klappen/Slats-Hebels.
    Sie griff noch einmal zum Telefon und rief Barker zurück. »Würden Sie vor der Kamera über diese Vorfälle sprechen?«
    »Ich habe schon des öfteren vor Gericht in dieser Sache ausgesagt«, entgegnete Barker. »Und ich spreche sehr gern vor der Kamera darüber. Ich will nämlich, daß dieses Flugzeug repariert wird, bevor noch mehr Leute umkommen. Aber niemand war bisher bereit, sich darum zu kümmern - weder die Firma noch die FAA. Es ist eine Schande.«
    »Aber wie können Sie so sicher sein, daß es auch bei diesem Flug zu einem Vorfall mit den Slats kam?«
    »Ich habe eine Quelle innerhalb von Norton«, sagte Barker. »Ein verärgerter Angestellter, der genug hat von all diesen Lügen. Meine Quelle sagt mir, daß es die Slats waren und daß die Firma es vertuscht.«
    Jennifer legte auf und betätigte die Gegensprechanlage.
    »Deborah!« schrie sie. »Geben Sie mir die Reiseabteilung!«
    Jennifer schloß die Tür ihres Büros und setzte sich still hin. Sie wußte, daß sie jetzt eine Story hatte.
    Eine fabelhafte Story.
    Die Frage war jetzt nur: Was war der Aufhänger? Wie sollte sie die Story anpacken?
    Bei einer Sendung wie Newsline war der Aufhänger das wichtigste. Ältere Produzenten in der Redaktion sprachen von »Kontext«, was für sie bedeutete, die Geschichte in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Darauf hinzuweisen, was die Story bedeutete, zu berichten, was davor passiert war, oder von ähnlichen Dingen zu berichten, die schon einmal geschehen waren. Für die Älteren war der Kontext so wichtig, daß sie ihn als eine Art moralische Verpflichtung zu betrachten schienen.
    Jennifer war da anderer Meinung. Denn wenn man all diesen scheinheiligen Quark wegließ, war der Kontext nichts anderes als ein Kick für die Story, eine Art, aus ihr das letzte herauszuholen - und eine nicht sehr sinnvolle Art, denn Kontext bedeutete, die Vergangenheit mit einzubeziehen.
    Jennifer hatte kein Interesse an der Vergangenheit; sie gehörte zur neuen Generation, die begriff, daß fesselndes Fernsehen Jetzt bedeutete, Ereignisse im Jetzt, eine Flut von Bildern in einer unendlichen elektronischen Gegenwart. Kontext verlangte von seinem Wesen her mehr als das Jetzt, und ihr Interesse reichte nicht über das Jetzt hinaus. Und auch sonst niemandes Interesse, dachte sie. Die Vergangenheit war tot und begraben. Wen interessierte denn, was er gestern gegessen hatte? Was er gestern getan hatte? Das direkt Berührende, das Fesselnde war

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