Airframe
seufzte. »Sechs Videokameras, zwei mit Aufnahmen an Bord des Flugzeugs, keine während des Vorfalls. Aber ich habe gehört, daß im Fernsehen ein Video zu sehen war. Der Passagier muß es in LAX mit von Bord genommen haben.«
»Wahrscheinlich.«
»Was ist mit dem Flugschreiber? Wir brauchen die Daten wirklich, um … «
»Sie und alle anderen auch«, sagte Casey »Ich arbeite daran.« Sie blickte sich in dem von den Bändern markierten Heckabteil um. In einer Ecke sah sie die Pilotenmütze auf dem Boden liegen. »War da denn nicht ein Name in dieser Mütze?«
»Ja, auf der Innenseite«, sagte Mary. »Zen Ching oder so ähnlich. Wir haben den Schriftzug übersetzen lassen.«
»Wer hat ihn übersetzt?«
»Eileen Han, aus Marders Büro. Sie kann Mandarin lesen und schreiben und hilft uns aus. Warum?«
»Nur eine Frage. Nicht weiter wichtig.« Casey ging zur Tür. »Casey«, sagte Mary. »Wir brauchen den Flugschreiber.«
»Ich weiß«, sagte Casey »Ich weiß.«
Sie rief Norma an. »Wer kann Chinesisch für mich übersetzen?«
»Sie meinen außer Eileen?«
»Genau. Außer ihr.« Casey hatte das Gefühl, daß es besser war, diese Sache von Marders Büro fernzuhalten.
»Mal sehen«, sagte Norma. »Wie war’s mit Ellen Fong aus der
Buchhaltung? Die hat früher für die FAA als Übersetzerin gearbeitet.«
»Ist ihr Mann nicht in Dohertys Abteilung?«
»Schon, aber Ellen ist verschwiegen.«
»Sind Sie sicher?«
»Ich weiß es«, erwiderte Norma mit Bestimmtheit.
17 Uhr 50
Gebäude 102/Buchhaltung Kurz vor sechs traf Casey in der Buchhaltung im Keller vom Gebäude 102 ein. Ellen Fong wollte sich gerade auf den Nachhauseweg machen.
»Ellen«, sagte sie. »Können Sie mir einen Gefallen tun?«
»Klar.« Ellen war eine immer fröhliche Vierzigjährige und Mutter von drei Kindern.
»Haben Sie nicht für die FAA als Übersetzerin gearbeitet?«
»Das ist schon lange her«, sagte Ellen.
»Ich muß etwas übersetzen lassen.«
»Casey, Sie können viel bessere Übersetzer bekommen …«
»Mir wäre es lieber, wenn Sie es machen«, sagte sie. »Es ist vertraulich.«
Sie gab Ellen das Band. »Ich brauche die Stimmen der letzten neun Minuten.«
»Okay… «
»und mir wäre es sehr recht, wenn Sie mit niemandem darüber reden würden.«
»Auch mit Bill nicht?« Das war Ellens Mann.
Casey nickte. »Ist das ein Problem?«
»Überhaupt nicht.« Sie betrachtete das Band in ihrer Hand. »Bis wann?«
»Bis morgen? Spätestens Freitag?«
»Schon erledigt«, sagte Ellen Fong.
17 Uhr 55
Nail
Casey brachte die zweite Kopie des Bands ins Norton-Akkustik-Interpretations-Labor, kurz NAIL, das sich auf der Rückseite vom Gebäude 24 befand. Geleitet wurde NAIL von einem ehemaligen CIA-Agenten aus Omaha, einem paranoiden Elektronikgenie namens Jay Ziegler, der sich seine eigenen Ak-kustikfiltersysteme und Playbackgeräte baute, weil er es, wie er sagte, keinem anderen zutraute.
Norton hatte NAIL eingerichtet, um den Regierungsbehörden bei der Auswertung von Cockpitstimmenrecordern zu helfen. Bei Unfällen nahmen die Behörden diese CVRs immer an sich und analysierten sie in Washington, vor allem, um zu verhindern, daß etwas an die Presse durchsickerte, bevor die Untersuchung abgeschlossen war. Die Behörden hatten erfahrene Leute zur Transkription der Bänder, waren aber bei der Interpretation der Geräusche im Cockpit weniger effektiv - sprich, der elektronischen und stimmlichen Alarmmeldungen, die bei Zwischenfällen oft ausgelöst wurden. Da diese häufig mit eigentumsrechtlich geschützten Systemen in Verbindung standen, hatte Norton ein spezielles Labor zur Analyse solcher Geräusche eingerichtet.
Die schwere schalldichte Tür war wie immer abgeschlossen. Casey klopfte, und nach einer Weile sagte eine Stimme über Lautsprecher: »Nennen Sie das Kennwort.«
»Es ist Casey Singleton, Jay.«
»Nennen Sie das Kennwort.«
»Ach du meine Güte, Jay. Machen Sie die Tür auf.«
Ein Klicken war zu hören, dann wieder Stille. Sie wartete. Die dicke Tür wurde einen Spalt geöffnet. Sie sah Jay Ziegler, mit Haaren bis zu den Schultern, eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase. »Oh. In Ordnung. Kommen Sie rein, Singleton. Sie haben hier Zutritt.«
Er öffnete die Tür ein kleines Stückchen mehr, und sie zwängte sich an ihm vorbei in den verdunkelten Raum. Ziegler knallte die Tür sofort wieder zu und schob drei Riegel vor.
»Es ist besser, wenn Sie vorher anrufen, Singleton. Wir haben eine sichere Leitung hier
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