Akanis: Die Wiedergeburt des dunklen Herrschers (German Edition)
sie eilten aus dem Wald hinaus und überquerten die weiten Wiesen, um zu dem gegenüberliegenden Waldesrand zu gelangen. Liam konnte trotz großer Anstrengungen nicht mehr als zwei dunkle Flecken sehen, doch war er sich sicher, dass es die Reiter waren. Wo ist der dritte und wohin wollen sie? Als ob Veltrus Liams Gedanken lesen konnte, schoss das Tier über den Hügelpfad hinunter zum Waldesrand, bis sie schließlich beide zwischen den Stämmen und unter den Wipfeln verschwunden waren.
In den dichten Wäldern musste Veltrus einige Male über morsche Bäume springen, die quer am Boden lagen, während er wie ein Blitz durch den Wald fuhr. Liam wusste nicht genau, wo er hin reiten würde, doch stellte er sich in seinem geistigen Auge vor, wie die Reiter weiter in den Süden ziehen würden. Mit der Geschwindigkeit die Veltrus vorgab, wäre es durchaus möglich gewesen, die Reiter gar aufzuholen. Irgendwann, so dachte Liam, würden die Reiter Spuren hinterlassen, die er erkennen würde und verfolgen könnte, auch wenn der Wald riesig war. Just und ohne Vorwarnung flog eine Krähe über Liams Kopf hinweg, zumindest hörte er das Krähen, denn gesehen hatte er nur einen weißen Vogel. Er sah dem Vogel hinterher, dann war er sich sicher, es war eine Krähe! Eine weiße Krähe, die mit einem rasanten Tempo über Liams Kopf hinweg flog. Sie krächzte wie wild und flog fast gleichauf mit den beiden sich am Boden fortbewegenden Geschöpfen zwischen den Baumwipfeln gleitend, ohne auch nur einen Ast zu streifen.
Liam ritt ungeachtet dessen weiterhin seine Route und folgte mehr oder weniger unbeabsichtigt der seltsamen, weißen Krähe. Vielleicht war er aber auch fasziniert von ihrem weißen Gefieder oder sie schlug tatsächlich einfach nur denselben Weg wie er ein, jedenfalls folgte Liam dem Vogel, während dieser immer tiefer flog, auf einen Punkt zielend, um auf diesem zu landen. Es war der dicke und lange Ast einer Buche, auf dem sie gelandet war, um sodann Ausschau zu halten. Sie starrte unentwegt auf eine Stelle hin und wendete ihren Kopf nicht davon ab. Der Blick fiel in eine Lichtung, die jedoch so klein war, dass man sie kaum als diese wahrnehmen würde. Dort stand eine alte Ruine, die am unteren Ende mit dem umliegenden Grün der Gräser verwachsen war. Das einst aus Steinwänden bestehende Bauwerk glich nun einem kleinen Hügelgrab und war obenhin komplett verschüttet. Die Ruine offenbarte einen kleinen dunklen Eingang, durch den gerade einmal zwei Menschen hindurch passen würden, und barg dahinter auf dem Boden eine Steintreppe, die abwärts in tiefe Finsternis führte.
Liam trabte langsam zur Lichtung hin und als das Ross einen Ast zerbrach, der am Boden lag, drehte die Krähe ihren Kopf zum Reiter hin und fing dabei laut an zu krächzen. Sie krähte so laut, dass Veltrus unruhig wurde und nicht mehr still halten wollte.
„ Sei still, du dummer Vogel“, rief Liam und stieg vom Pferd, um sich die Ruine näher anzusehen. Der Vogel krächzte unverändert Liam an, der zum Eingang der Ruine geschritten war und die Treppe hinunter blickte. Der Vogel krähte immer stärker und stärker, bis Liam sich umdrehte und ihm entgegen schrie: „Sei endlich still, du närrisches Geflügel.“
Nachdem er geschrien hatte und der Vogel unnachgiebig weiter krächzte, nahm Liam einen Stein vom Boden auf und warf ihn auf die Krähe hin, die nur einen Sprung auf die Seite machte, um dem Geschoss auszuweichen. Dann war sie still. Glanz und Schimmer ging von dem Vogel aus, doch bevor Liam genauer hinsehen konnte, hörte er Geräusche aus der Ruine. Er wandte sich rasend schnell um und vernahm dumpfe Schritte, gefolgt von einem tiefen und grollenden Geräusch. Es hörte sich fast wie ein brummendes Gespräch an, doch bevor er weiterhin lauschte und überlegte, was dort unten gesprochen wurde, lief er zurück zu Veltrus und bestieg das Ross. Dann ritt Liam etwas abseits der Lichtung, um einen besseren und sicheren Ausblick auf die Ruine zu haben. Nachdem er sich gut drei Dutzend Fuß von ihr entfernt hatte, wandte er sein Ross um und blickte auf das Bauwerk zurück. Nach kurzer Zeit kamen zwei dunkle Gestalten aus der Ruine, die in der Dämmerung noch deutlich zu erkennen waren. Es waren die vermummten Reiter. Liam selbst war jedoch weit genug entfernt und gut hinter den Stämmen der Bäume versteckt, um von den Reitern nicht entdeckt zu werden. Wo waren ihre Reittiere hin? Nicht weiter einen Gedanken daran verschwendend sah Liam zu,
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