Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha
Dosis Ciri erhielt.
Marheen führte Djamenah und Curcun in eine kleine Nische im rückwärtigen Teil des Archivs. Er hatte die Ciristin nicht als die Frau erkannt, mit der er vor acht Jahrzehnten als junger Mann das Kosmotop durchstreift hatte, und Djamenah schreckte davor zurück, ihm ihre gemeinsamen Erlebnisse ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie wollte ihm und sich selbst unnötiges Seelenleid ersparen. Sein Anblick schreckte sie genug, und die Vorstellung, mit ihm über das zu sprechen, was vor achtzig Jahren geschehen war, entsetzte sie. Zu deutlich hätte es ihr die eigene Vergänglichkeit vor Augen geführt.
Der greisenhafte Mann nahm hinter einem mit Kaffeeflecken und schmierigen Essensresten verschmutzten Computerterminal Platz und legte den Siliziumchip in einen Abtaster. Er bewegte sich wie in einem Traum, langsam und doch zielstrebig, und nur dann und wann schien er sich bewußt zu werden, nicht allein zu sein. In seniler Nachdenklichkeit deutete er auf die mit einem gewöhnlichen Stift beschriebenen Papiere, die neben dem staubigen Monitor einen hohen Stapel bildeten.
»Ich schreibe die Geschichte Akashas«, krächzte und knarrte sein nicht ganz exakt justierte Sprachprozessor, der wie ein metallener Finger dort aus seinem Hals ragte, wo sich zuvor der Kehlkopf befunden hatte. »Seit fünf Jahren. Oh. Ja. Und wenn ich damit fertig bin, wird es ein Kunstwerk sein, das seinesgleichen sucht. Ja, ganz bestimmt. Und dann werde ich gewiß als vierte Muse oder gar noch besser eingestuft. Oh. Ja.« Er zwinkerte einige Male und sah Djamenah und den hinter ihr stehenden Curcun überrascht an. »Ich habe Sie überhaupt nicht kommen hören. Was ...« Seine Stimme wurde immer leiser und verklang dann ganz, als er vor dem Terminal eindöste.
Djamenah legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter und ließ vorsichtig ein wenig von der Ch'i-Kraft in ihn einsickern. Marheen tat ihr leid, so leid, daß ihre Augen feucht wurden.
»Oh«, machte der Archivar. »Der Datenchip, natürlich.« Er hustete und schaltete den kleinen Computer ein. Das Abtastgerät summte leise, und Buchstaben- und Zahlenkolonnen wanderten über den Schirm.
Hinter Djamenah krümmte sich Curcun zusammen. Er litt stumm.
»Hm«, machte Marheen, der plötzlich einen aufgeregten Eindruck erweckte. Es schien, als fließe etwas von der Vitalität in seinen Greisenkörper zurück, die Djamenah vor acht Jahrzehnten so sehr geliebt hatte. »Warten Sie; es müßte gleich soweit sein. Entweder ist eine Dechiffrierung ohne den Codeschlüssel überhaupt nicht möglich, oder ... Sagten Sie, der Chip stamme von einem Messianer?«
Djamenah nickte und vermied es, Marheen in die trüben Augen zu sehen. Die Codierungsdarstellungen auf dem Schirm verblaßten und wurden von einem anderen Bild ersetzt, daß sie bereits zweimal gesehen hatte: ein siebenzackiger Stern innerhalb eines Kreises. Mit brüchiger Stimme formulierte der Greis einige weitere Anweisungen an das Gerät, und daraufhin zerlegte der Computer das Symbol in seine einzelnen Bestandteile, unter die bestimmte Zeichenfolgen eingeblendet wurden.
»Ein Symbol«, dozierte Marheen, »ist gemäß der Definition der bildliche Ausdruck einer Idee oder eines Gedanken, also eine Art festgehaltenes Gleichnis. Oftmals dient es als Erkennungszeichen und Unterscheidungsmerkmal. Nun, was haben wir hier? Einen Stern mit sieben Zacken in einem Kreis, umgeben von sieben Flammen.«
Er beugte sich vor, als das Gerät neue Erklärungen einblendete. Er schien Djamenah und Curcun erneut ganz vergessen zu haben. Die von dem Datenchip dargestellte Herausforderung an seine Profession als Historiker und Archivar erfüllte ihn zeitweilig mit neuer Kraft, und als er fortfuhr, klang seine Sprachprozessorstimme ein wenig deutlicher. »Oh. Ja. Die Korrelationen werden immer eindeutiger. Die Zahl sieben scheint eine zweifache Rolle zu spielen. Nun, in der Esoterik kommt ihr eine ganz besondere Bedeutung zu: Sie gilt als eine heilige, als die magische Zahl an sich.«
Curcun stöhnte erneut, und eine innere Stimme mahnte Djamenah: Du solltest ihm helfen. Aber sie verdrängte dieses Gewissensflüstern aus ihrem bewußten Denken; sie wollte sich jetzt nicht ablenken lassen.
»Nun, die sieben. In terranischstämmigen Kulturen gibt es zum Beispiel den Siebenarmigen Leuchter oder den Siebengeist, wobei es sich um einen dialektischen Ausdruck des Lectorium Rosicrucianum handelt – als Versinnbildlichung oder Zusammenfassung der sieben
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