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Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Titel: Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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fühlen müssen. Doch ernstere Beschwerden blieben aus.
    Schließlich glaubte sie an einen Alptraum. Ein stetes Rinnen von Tropfen rieselte ihr vom Kinn auf Brüste und Hände, als sie den Kopf hob. Ein wahrer Strom von Blut, genau wie in einem Alptraum. Doch als sie sich aufsetzte, ihre Gesichtszüge befingerte, stellte sie fest, daß sie äußerst starkes Nasenbluten hatte. Ungeachtet ihrer Stauchungen, Zerrungen und aufgescheuerten Handflächen, kroch sie bis zum nächsten Baumstamm. Dort streckte sie sich, überwältigt von maßloser Mattigkeit, das Gesicht ins Gras gedrückt, einfach aus.
    Triebwerke heulten über den Wipfeln der Allee. Djamenah hoffte, daß die Baumkronen, immerzu in leichter Bewegung befindlich, den Kinetometern die Feinmessung hinlänglich erschwerte, so daß man ihren Absprung nicht bemerkt hatte. Möglicherweise waren die Flydroiden mit komplizierten Ortungsgeräten ausgerüstet, etwa Myonentastern. Aber Djamenah sah ihre Chance darin, daß man alle Anstrengungen darauf konzentrierte, den Gleiter einzuholen, und nicht mit einem so waghalsigen Unterfangen rechnete, wie sie es eben ausgeführt hatte.
    Die Geräusche der Flugapparate entfernten sich, wenig später hörte Djamenah, wie auf der Allee ein Pulk Bodengleiter vorbeijagte. Doch unter den Bäumen herrschte fast völlige Dunkelheit, und kein Scheinwerferstrahl streifte sie, als sie reglos im Gras lag, als wolle sie sich nie wieder erheben.
    Friede jedoch war ihr nicht vergönnt. Ihr Herz pochte fortwährend weiter, unablässig blähten sich die Lungen, saugten den Geruch der Erde durch die Atemwege, hauchten Atem ins Gras, rauschte das Blut in ihren Ohren, ganz so, als könnten all diese Abläufe niemals zum Stillstand gelangen. Und gerade so war es nicht. Nicht mehr. Die Sicherheit der Immortalität, eine Gewähr für kontinuierliche Körperlichkeit und Fortdauer des Ichs, war ihr abhanden gekommen. All ihre Lebensäußerungen schienen einen trügerischen, weil vergänglichen Charakter erhalten zu haben.
    Ciri. Nur die Droge konnte sie retten.
    Die abermalige Verdeutlichung, Vergegenwärtigung ihres Verhängnisses trieb sie auf die Beine. Sie keuchte, als sie sich an dem Baumstamm aufrichtete. Schmerzen der verschiedensten Art – vermutlich mehr, als ihr Zentralnervensystem zu unterscheiden vermochte – peinigten sie, und sobald sie die ersten Schritte tat, fing sie laut an zu schluchzen. Aber es empfahl sich nicht, in der Nähe der Allee zu bleiben; bevor sie sich ihrer Zerschundenheit annehmen konnte, mußte sie irgendwo Zuflucht suchen, vor weiterer Nachstellung geschützt sein. Doch sie hatte keine Ahnung, wie lange die Dunkelphase dieses Habitats dauerte.
    Beiderseits der Straße dehnte sich eine von langen Hecken durchzogene, ›flache‹ Landschaft, deren Eintönigkeit nur da und dort einmal ein wilder Busch oder ein verwuchertes Gesträuch auflockerte. Bewässerungskanäle führten zu den mit Hecken umfriedeten Flächen; falls sie ihr Gedächtnis, ein mit den Bagatellen von Jahrhunderten überfrachteter Speicher wesentlicher und weniger wichtiger Erinnerungen, nicht trog, lagen in diesen Gebieten Pflanzungen, Gärten und sonstige Kulturen, in denen die Gourmets ihre Vegetabilien züchteten.
    Der Snobismus dieser seltsamen Gesellschaft ärgerte Djamenah. Ein komplettes, wenn auch kleineres Habitat, bewohnt von nicht einmal einem halben Tausend Gastrosophen, die den Sinn des Lebens darin sahen, Rezepte auszuklügeln und sich gegenseitig mit delikaten Häppchen zu verwöhnen! Keine Orgien konnten so dekadent sein.
    Doch dann ermahnte sie sich, während sie hartnäckig ihres Weges zog und sich am Chamois-Restglanz der Ergsonne orientierte, zum Gleichmut. Jene Art des Gleichmuts, den die Messianer lehrten, hatte nichts mit Gleichgültigkeit, opportunistischer Toleranz oder Kaltschnäuzigkeit zu schaffen. Andernfalls hätten sie Djamenah – und andere Ciristen – nicht mit dem Auftrag, Liebe und Harmonie zu verbreiten, in die Weite des Kosmotops schicken können, die Welt, die größer war als alle natürlich entstandenen Welten. Vielmehr handelte es sich um einen Oberbegriff für eine ganze Reihe mentaler Qualitäten; eine dieser Eigenschaften hieß Duldsamkeit.
    Es stand ihr nicht zu, den Wunsch zu hegen, irgend jemand, ein Mensch oder eine sonstige Lebensform, möge anders sein, als sie; jede Intelligenz hatte das Recht, ihr Dasein nach Gutdünken zu bestimmen, und indem sie das tat, entschied sie selbst über ihr Schicksal,

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