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Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha

Titel: Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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wirkte sie als ihr eigener Richter, stiftete selbst für sich Unheil und Segen.
    Während der vielen, vielen Dekaden ihres Umherstreifens hatte Djamenah die Richtigkeit dieser Lehre immer wieder in der Wirklichkeit bestätigt gefunden; und ebenso hatte sie begriffen: der Umstand, daß sie sich nicht in jedem Fall auf Individuen anwenden ließ, tat ihrer Richtigkeit keinen Abbruch. Erst im Laufe des Lernens inmitten der konkreten Anforderungen des Lebens, ihrer Mission, der Ausübung ihrer Pflicht hatte sie die Dialektik der Realität verinnerlicht.
    Am Anfang, als sie sich bemüht hatte, sie rein rational zu verstehen, hatten Zweifel sie geplagt.
     
    »Die Formenwelt«, hatte ihr im Verlauf der Diskussion der Präzeptor erläutert, »enthält Dinge, die der unreife Intellekt fälschlich für ›unangenehm‹ oder ›unschön‹ hält, die er folglich als Gegensätze zu anderen Dingen sieht, die er – geradeso irrtümlich – für ›angenehm‹ oder ›schön‹ hält. Dabei läßt er außer acht, daß jedes Ding den Bedingungen entspricht, unter denen es entstanden ist, also gar nicht anders sein kann.«
    In den grauen Augen des Messianers funkelte stille Heiterkeit. »Auf gleiche Weise begegnet ein Unreifer anderen Menschen, anderen Intelligenzen. Er beanstandet, daß sie nicht wie er sind, oder nicht so, wie er sie gern hätte, daß sie nicht seinem Geschmack schmeicheln. Er macht sie verächtlich, in Verblendung und Stolz erhebt er sich über sie, behandelt sie schlecht, und so sät er Zwietracht. Das Verlangen, alles Existente, ob Dinge oder Lebendes, nach persönlichen Vorlieben oder Vorstellungen zu verändern oder zu beeinflussen, ist eine der hauptsächlichen Ursachen aller Tragödien.«
    Djamenah hatte schon zu Beginn seiner Darlegungen einen Schmollmund gezogen, der vielleicht ein wenig zur stillschweigenden Belustigung des Präzeptors beitrug. Aber daran störte sie sich nicht; sie wußte, wie lustig sie aussah, wenn sie so die Lippen spitzte, und sie empfand es als menschlich, als sympathisch, daß sogar der Messianer daran sein Vergnügen hatte.
    »Soll man etwa seine Reaktionen leugnen?« wandte sie ein. »Soll man nicht sagen können, das gefällt mir, dies nicht, das finde ich schön, jenes nicht?« Unwillig wog Djamenah den Kopf von einer zur anderen Seite. »Gibt es denn nicht tatsächlich Häßliches und Schönes? Läuft alles darauf hinaus, sich abzutöten?«
    »Ganz im Gegenteil.« Nun schmunzelte der Präzeptor unverhohlen. »Vor einiger Zeit haben wir über die Fähigkeit der Unterscheidung gesprochen. Auch das Häßliche und Schöne gilt es wahrzunehmen. Dabei muß jedoch beachtet werden, daß derartige Bewertungen einen subjektiven oder ethnisch bedingten Inhalt haben und ausschließlich hinsichtlich des jeweiligen Wertsystems Bedeutung haben. Sie entsprechen nicht der objektiven Realität, die auf subjektive Einschätzungen keine Rücksicht nimmt, deren Axiom lautet: Jedes Ding ist so beschaffen, wie es an seinem Ort und in seiner Zeit beschaffen sein kann, und daher ist es richtig beschaffen. Der Unterschied liegt also im folgenden: Die Dinge sind zu sehen, wie du sie gemäß deiner Natur sehen mußt, aber du solltest sie nicht bewerten.«
    »So was ist schwierig«, meinte Djamenah in nahezu trotzigem Ton. Doch das matte Weiß und die Weite, die Leere und Freiräumigkeit des Unterrichtszimmers im Lebenden Heim, die Ruhe und Beschaulichkeit, verhinderten zuverlässig, daß während der Gespräche zwischen ihr und dem Präzeptor jemals irgendeine Mißstimmung aufkam. »Um so mehr, wenn man versucht, es auf die Beziehungen unter Menschen, intelligentem Leben überhaupt anzuwenden.
    Soll man all das kriminelle Treiben, wie es in den Habitaten um sich greift, die brutalen Machtkämpfe, die Etablierung von Despotien, das Entstehen von Ausbeutersystemen, von parasitären Kastengesellschaften, nicht im geringsten verurteilen? Ich habe verstanden, daß das Universum nicht das Universum eines Einzelnen ist, sondern das Universum des Universums. Aber soll man Duldsamkeit auch dem Schlechten entgegenbringen, den Übeltaten?«
    »Die politische und soziale Entwicklung Akashas bestätigt unsere Vorhersage, daß die Kumulation von Zivilisationen und Kulturkreisen nicht automatisch ein Zusammenleben in Frieden und allgemeiner wechselseitiger Akzeptanz begünstigt«, sagte der Messianer ohne einen Anflug von Genugtuung. »Ein Schmelztiegel ist kein Quell der Harmonie, sondern immer eine Arena, in der

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